Dienstag, 4. Juni 2013

Star Trek: Into Darkness

Buchbesprechung: Foster, Alan Dean: Star Trek Into Darkness. Cross Cult, 2013.

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Sie denken, Ihre Welt wäre sicher?
Das ist eine Illusion.
Eine tröstliche Lüge, erzählt zu Ihrem Schutz.
Genießen Sie diese letzten Momente des Friedens.
Denn ich bin zurückgekehrt,
Um mich zu rächen.

Mit diesem düsteren Voice-Over jener Person, bei der es sich gerüchtehalber um Khan handeln sollte, begann für die hiesigen Star-Trek-Fans die Wartezeit auf den zwölften Kinofilm "Into Darkness". Genauso gut könnte man sie als Einleitungstext für meine Rückkehr ins Rezensionsbusiness werten, denn nach der außerplanmäßigen Besprechung eines trivialen Lebensratgebers folgt nun die erste 'echte' Romanbesprechung – passenderweise zur Novellisation des neuen Films. Dabei werde ich nicht mehr auf den Film eingehen. Wer dennoch eine gewohnt ausführliche Kritik von mir zum zwölften Teil lesen möchte, kann das hier auf der Seite der Star-Trek-Tafelrunde "Hermann Darnell" Potsdam Babelsberg nachholen, für die ich ebenfalls schreibe.

Story: Nachdem James T. Kirk im Zuge einer Mission zu einer Prä-Warp-Zivilisation die Oberste Direktive bricht, um seinem Ersten Offizier Spock das Leben zu retten, muss er auf der Erde Rechenschaft für seinen schludrigen Kommandostil ablegen. Die Strafe dafür ist drakonisch: Sein Kommando über die USS Enterprise wird ihm entzogen und Kirk selbst auf den Rang eines Ersten Offiziers zurückgestuft. Sein früherer Stellvertreter Spock wird strafversetzt und niemand geringeres als Admiral Christopher Pike übernimmt wieder den Kommandosessel auf der Enterprise.
Als derweil London von einem Terroranschlag gegen eine geheime Spionageeinrichtung der Sternenflotte erschüttert wird, gerät schnell ein Mann names John Harrison ins Visier des unnachgiebigen Oberbefehlshabers Admiral Alexander Marcus, der die höchstrangigsten Offiziere zusammentrommelt, um zu einem Gegenschlag auszuholen. Doch Harrison ist Marcus einen Schritt voraus: Er platzt mitten in dieses Treffen und schaltet mehrere Commander, Captains und Admirale aus, noch bevor sie gegen ihn aktiv werden können. Dann verschwindet er spurlos.
Unter den Opfern dieses zweiten Anschlags befindet sich auch Pike, der unter den Augen seiner Protegés Spock und Kirk das Zeitliche segnet. Ob des Verlustes in Rage versetzt, übernimmt Kirk die Enterprise und bläst mit Erlaubnis Admiral Marcus' zur Jagd auf den Erzbösewicht, die ihn bis nach Qo'noS führt. Dort angekommen, muss er allerdings erkennen, dass sich hinter Harrison mehr verbirgt, als ein wahnsinniger Bombenleger. Während andere die Zügel an sich reißen, wird schnell deutlich, dass Kirk nur ein Bauer in einem viel größeren Spiel ist...

Lobenswerte Aspekte: Nahezu mit Warpgeschwindigkeit ist dieses Buch rechtzeitig zum Kinostart von "Into Darkness" noch schnell auf Deutsch erschienen. Während der Streifen also in den Lichtspielhäusern so vor sich hindümpelt, sieht man in den Auslagen so mancher Buchhandlung den Roman zu Film liegen und nicht von Ungefähr fragt sich so mancher Anhänger:
Sollte ich mir das Buch vor dem Kinobesuch durchlesen?
Immerhin gab es auch ein Vorabcomic, in dem der Leser sanft an der Hand genommen und in Richtung Film geführt wurde. Bedenkt man ferner, dass Star-Trek-Novellisationen wie die zum ersten Streifen (ebenfalls aus der Feder Alan Dean Fosters), der zum "Treffen der Generationen" oder gar jener zu "Nemesis" den Filmen sogar einiges voraus hatten, liegt es auf der Hand, eventuell gleich mit dem Buch anzufangen.
Doch Autor Alan Dean Foster selbst erhob jüngst mahnend seinen Zeigefinger und riet in einem Interview dazu, zuerst den Film zu sehen, bevor man sein Buch liest. Schließlich ist "Into Darkness" das maßgebliche Original und dessen Novellisation nur eine Auftragsarbeit, in der die Ideen anderer zu Papier gebracht werden.
Was aber nicht gleich bedeutet, dass es sich bei seinem gleichsam spannend geschriebenen Werk nur um das seelenlose Wiederkäuen der 'genialen Ideen' von Roberto Orci, Alex Kurtzman und Damon Lindelof handelt.
Im Gegenteil!
Foster gibt sich redlich Mühe, Handlungslöcher zu stopfen. Erklärungen zu liefern und Figurenmotivation überhaupt angemessen zu etablieren.
So versuchte er laut eigener Aussage, Khans Beweggründe im Buch deutlicher herauszustellen. Doch nicht nur der genetisch aufpolierte Khan Noonien Singh (vgl. z.B. S. 53f., S. 191ff. oder S. 260ff.), sondern auch der aufgewühlte Vulkanier Spock (vgl. z.B. S. 26f., S. 247ff. oder S. 300ff.), der skrupellose Admiral Alexander Marcus (vgl. z.B. S. 85ff. oder S. 252ff.) oder seine blasse Tochter Carol (vgl. S. 166f.) erhalten deutlich mehr Spielraum, als es im zweistündigen Kinofilm überhaupt möglich gewesen wäre.
Ebenso machte sich Foster die Mühe, einige schwerwiegenden Plotholes mit einem Hintergrund auszufüllen um somit ihre Wucht abzufedern. Als Leser nimmt man dieses Geschenk dankend an und erfährt auf dieem Weg etwas mehr über die Außenmission und die Kultur auf Nibiru (vgl. S. 32), warum Pille ausgerechnet Khans Blut und nicht das eines x-beliebigen Augments aus der Tiefkühltruhe zur Rettung Kirks benötigt (vgl. S. 299) und aus welchem Grund die Ketha-Provinz (aus der immerhin einmal ein Kanzler namens Martok stammen wird) in dieser Zeitlinie unbewohnt sein soll (vgl. S. 88).
Darüber hinaus sind einige Szenen ungleich ausführlicher, als man dies aus dem Film gewohnt ist. Auch dies dient der Motivationsfindung, macht die Figuren nachvollziehrbarer und erfreut das Herz eines jeden Trekkies. Besonders die Diskussionen im Daystrom-Konferenzraum (vgl. S. 74ff.) entbehren der gehetzten Stimmung des Films und verraten ein wenig mehr über die Organisation der Sternenflotte, den Oberbefehlshaber Marcus und den ominösen John Harrison. Aber auch die ein oder andere Szene, die den Sprung auf die Leinwand ob der vielen Kürzungen nicht geschafft hat, fügt sich in dieses Buch ein. Obwohl ich im Trailer Kirks Kommentar, dass es 'bei der Sternenflotte vielleicht auch um Rache gehen sollte' nicht unbedingt mochte, musste ich beim Lesen im Stillen anerkennen, dass sie nicht nur ihre Daseinsberechtigung hat, sondern ob ihrer Funktion als Triebfeder dem fertig gekürzten Film auch wirklich fehlte (vgl. S. 93).



Und schließlich erfährt der geneigte Leser auch endlich, welcher Spezies der drollig-nervige Wesley-Crusher-Ersatz Keenser angehört: Der laufende Blumenkohl ist ein 'Roylaner' (vgl. S. 170).
Und auch ein weiteres altbekanntes Gesicht erhält endlich einenen Namen, das bis dato unter "Schnubbelchen" ("Cupcake" im englischen Original) geführt wurde. Nach einem Besatzungsmitglied, das in "Die Stunde der Erkenntnis" durch Ableben glänzte, wurde der Schrank mit dem Spiegeluniversumsbart auf den Namen 'Hendorff' getauft. Das Schicksal scheint dem Charakter jedoch auch in der alternativen Zeitlinien treu zu bleiben, denn Hendorff verstirbt auf der Oberfläche des klingonischen Heimatplaneten (vgl. S. 151).
Als altem TOS-Hasen ließ der Autor es sich auch nicht nehmen, einige Seitenhiebe gegen das neue Abramsverse auszuteilen. So offenbarte er in streckenweise erschreckenden Momenten der Ehrlichkeit, dass Spocks Rechtfertigung Uhura gegenüber tatsächlich null Sinn ergibt (vgl. S. 137) oder beschreibt die klingonischen Schiffe als "hässlich funktional" (vgl. S. 140).
Zudem gelingt es ihm besser als den Leinwandzauberern, die Dynamik zwischen dem von Logik getriebenen Wissenschaftsoffizier Spock und dem raubeinigen Medicus Leonard McCoy einzufangen (vgl. z.B. S. 99). In dieser Hinsicht hat es sich jedenfalls gelohnt, nochmals jemanden zu verpflichten, der seine schriftstellerischen Sporen bereitsin den Siebzigern mit 'Star Trek' verdiente.

Kritikwürdige Aspekte: Der allgemeine Konsens bezeichnet Star Trek "Into Darkness" als Popcorn-Kino. Also eher seichte Kleinhirn-Berieselung mit mehr Actionszenen und weniger clever gestrickter Handlung. Wer das bezweifelt und diesen als Blockbuster konzipierten Streifen ernsthaft als nachdenkliches Science-Fiction-Machwerk sieht, das seinen Platz neben "Alarm im Weltall", "2001- Odyssee im Weltraum" oder "Blade Runner" verdient, der hält wohl auch "GI Joe", "Battleship" oder gar "Twilight" für ansprechende, niveauvolle Unterhaltung. Falls so eine Person diese Zeilen im Moment gerade liest, möchte ich an dieser Stelle doch noch einmal eindringlich darum bitten, das Lesen einzustellen, dieses Browserfenster zu schließen und nie, nie wieder wiederzukommen.

Source: i.chzbgr.com via Turon on Pinterest


Der Rest wird sich wahrscheinlich ebenso wie ich die alles entscheidende Frage stellen:
Wozu braucht Gott ein Raumschiff?
Wozu braucht man allen Ernstes ein Buch für einen solchen Film?
Denn mal ehrlich: Dieser Film hat eine Novellisation in etwa genauso nötig wie "The Fast and The Furious", "Resident Evil" oder gar "Transformers" (tatsächlich stammt das Buch zu diesem Film ebenfalls vom Fließband-Autor Alan Dean Foster). Es verwundert aus dieser Warte also nicht unbedingt, dass Cross Cult laut eigener Aussage Schwierigkeiten hatte, Buchhandlungen davon zu überzeugen, ihren Film-Roman im Sortiment aufzunehmen. Gerade gegen Ende des Buches merkt man deutlich, wie wenig Foster eigentlich zu berichten hatte. Was sich auf der Leinwand in einigen Längen hinzieht, wird im dazugehörigen Roman auf vergleichsweise wenigen Seiten abgehandelt.
Hatte der Novellist da die Laune verloren?
Drängte der immense Zeitdruck zur Fertigstellung auch ihn?
Ist das ein Beispiel für Mut zur Lücke?
Durfte er die dreihundert Seiten nur minimal überschreiten?
Hat sich Foster einfach nur vom erhöhten Tempo des Films anstecken lassen?
Oder gab die dünne Handlung einfach nicht mehr her?
All diese Fragen wird man als Endverbraucher kaum beantworten können, weswegen wir uns also lieber einer Frage widmen wollen, für die wir die nötige Expertise aufbringen:
Warum liest man als Star-Trek-Fan überhaupt so ein Buch zum Film?
Nun, gerade als Trekkie geht es in erster Linie wohl um das, was man im Kino eben nicht sieht.
Bücher wie "Nemesis" konnten trotz eines schlechten Films immerhin beweisen, wieviel Potential in der Handlung eigentlich steckte und wie sehr die Schere des Director's Cut einen Film verhunzen kann. Wer aber mit ähnlichen Erwartungen "Into Darkness" nähert, muss unweigerlich enttäuscht werden.
So sucht man auf den lediglich 310 Seiten (297 wenn man die unbedruckten Füllseiten herausrechnet) vergeblich nach der Duschszene Khans, die Abrams nach dem Film präsentierte.

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Auch einige Einstellungen, die im Trailer angeschnitten wurden, jedoch nicht in die Endfassung mitaufgenommen wurden, fehlen. So bleibt es ein Rätsel, wer jene Frau ist, der Kirk im Konferenzraum zu Hilfe eilt. Auch das eingangs erwähnte Voice-Over Khans fand im Buch noch nicht einmal auf dem Buchrücken Berücksichtigung.

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Noch trauriger stimmt, dass trotz des ohnehin überschaubaren Umfangs allen Ernstes ganze Szenen fehlen, die man im Kino miterleben kann. So malen die Nibirianer keine Enterprise in die rote Muttererde ihres Heimatplaneten (vgl. S. 32). Ebenfalls verschwunden sind die beiden Caitianerinnen, mit denen Kirk vor seiner Degradierung eine Ménage à trois zelebriert (vgl. S. 41). Kleinere Details gehen ebenso verloren: Scotty wird nach dem K.O.-Schlag Kirks nicht von seinem Captain angeschnallt (vgl. S. 283), Khan klaut nach der Bruchlandung auf der Erde keinen Mantel (vgl. S. 294) und Uhura glänzt bei Kirks Löffelabgabe durch Abwesenheit (vgl. S. 287ff. - dadurch wirkt ihr hetzerischer Kommentar auf Seite 293 plötzlich reichlich unangebracht).

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Wieder andere Szenen weichen vom Gesehenen deutlich ab, obwohl Foster im Interview noch großspurig tönte, dass so etwas in einem Filmroman ja auf keinen Fall passieren dürfe.
Dennoch sollen Kirk und Khan vor ihrem Sprung zur USS Vengeance bäuchlings liegen (vgl. S. 234), Carol Marcus ohne das Protokoll zu beachten auf die Brücke der Enterprise stürmen (S. 214) und Khan mit offenen Augen eingefroren worden sein (vgl. S. 305).
Immerhin versuchte sich Foster darin, mit weiterreichenden Erklärungen die Gunst des Lesers zu erkaufen. Doch die Erläuterungen zum Unterwasserparkplatz der Enterprise (vgl. S. 20) zum Transwarpbeamen (vgl. S. 86f.) oder zur investigativen Trägheit der Klingonen (vgl. S. 175) blieben immer noch zu weit hinter den Grundanforderungen an die Logik zurück, um als Verkaufsargument ins Feld geführt werden zu können.
Dabei wäre es gar nicht so schwer gewesen, den Beschränkungen der Vorlage und eines Filmromans zu entsprechen und dennoch ein Werk zu erschaffen, dass den vielen Fans Freude bereitet. So hätte man einfügen können, warum Praxis bereits explodiert ist. Man hätte etablieren können, dass die haarfreie Chekov-Vertretung tatsächlich Deltanerin ist. Oder man hätte den Abschiedsbrief Harewoods im Wortlaut abdrucken und mit einigen interessanten Informationen würzen können.
Das würde allerdings den Gedanken nahelegen, dass dieses Buch ein Werk für Fans sei; sozusagen ein Bonus für die treuen Anhänger, die die Marke 'Star Trek' mit ihrer Begeisterung und ihrem Wissensdurst überhaupt so interessant machen.
Stattdessen richtet sich der Filmroman an das gleiche Publikum wie auch der Film:
An unverbrauchte Neueinsteiger, denen das 'alte Star Trek' stets zu verstaubt und nerdig war. Für mehr als ein paar vernachlässigungswürdige Erwähnungen von Hendorff, Vasquez (S. 70) oder K'normianern (vgl. S. 128) ist in dieser Rechnung kein Platz.
Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man zusätzlich darauf achtet, wie sehr dieses Buch mit den anderen beiden größeren Werken verbunden ist, die zeitnah auf den Kinofilm zuarbeiteten. Eine mickrige Nennung des Namens 'Mudd' (die im Buch noch nicht einmal übernommen wurde) sowie eine fragwürdige Referenz auf die Gorn (vgl. S. 178f.) stellen die einzigen Querbezüge zum Prequel-Comic "Countdown to Darkness" und dem Videospiel "Star Trek" her. Die fehlende Vernetzung untereinander zeigt, wie gering das Interesse der Verantwortlichen tatsächlich aussfällt, die Sehnsucht der Hardcore-Fans nach Informationen, Hintergründen und Verknüpfungen zu entsprechen. Schließlich stört das Bild des besserwisserischen Nitpickers dabei, dem breiten Publikum einen Blockbuster zu verkaufen.
Egal, ob als Film oder Buch.

Übersetzung: Um die schlimmsten Befürchtungen zu gleich Beginn zu entkräften: "Into Darkness" lässt trotz der thematischen Nähe keinen Vergleich mit der qualitativ unterirdischen Novellisation zum zweiten Kinofilm zu.
Natürlich ist sie nicht frei von Fehlern, wie die vielen fehlende Fragezeichen (vgl. S. 46, S. 90 oder S. 101), die orthografisch falschen/ uneinheitlichen Schreibweisen von "K'normianisch" (vgl. S. 128 "k'Normianische" oder S. 148 "K'Normianer") oder gar die Formulierung „Mit todernster Mine [...]“ (S. 124) deutlich zeigen.
Wer aber Cross Cults 'Star Trek Romanen' auf Facebook folgt, weiß um den Zeitdruck, dem Übersetzerin Susanne Döpke ausgesetzt war. Meldungen wie "Hier haben wir übrigens die Übersetzerin zu 'Star Trek Into Darkness' angekettet..." (10. April 2013), "Unsere Filmromanübersetzerin Susanne Döpke sitzt an den letzten Seiten und der Körper wehrt sich. Die Erschöpfung naht... [...]“ (13. April 2013) oder „Unsere Übersetzerin ist fertig mit dem Filmroman zu 'Star Trek Into Darkness'. Was für eine Tour de Force... Nun haben wir wieder ihre Handschellen abgenommen.“ (16. April 2013) halfen dabei, Nachsicht walten zu lassen.
Und dennoch bleibt ein alter, beinahe klassischer Kritikpunkt bei Filmromanen bestehen. Wer wie ich den Film mittlerweile bereits vier mal gesehen hat (jeweils zweimal auf deutsch und englisch) wird schnell merken, dass die Dialoge im Buch nicht mit denen im Film übereinstimmen. Das schmälert natürlich den Wiedererkennungswert vieler Szenen.
Beispiel gefällig?
Im englischen Original wirft Pike Kirk vor:
"Do you have any idea what a pain in the ass you are?"
In der deutschen Synchronisation klingt die Szene bereits ganz anders. Dort fragt der Admiral:
"Wissen Sie eigentlich, was für 'ne Nervensäge Sie sind?"
Schlägt man im Filmroman nach, so liest sich der gleiche Satz wiefolgt:
"Haben Sie auch nur eine Ahnung davon, was für ein Quälgeist Sie sind?" (S. 48).
Endergebnis:
Ohne über die Qualität der Übersetzung streiten zu wollen, verfügt der geneigte Fan damit über drei verschiedene Versionen des selben Satzes. Wer den Film in Erinnerung hat, erkennt die sorgsam eingeprägten Zitate nicht mehr wieder und man fragt sich schon, warum Cross Cult nicht einfach mit dem verantwortlichen Synchronstudio zusammenarbeitet.
Auffälligerweise zeigen  sich Überschneidungen immer in jenen Dialogen, die man bereits aus den deutschsprachigen Trailern kennt. Dort wurden jedoch munter jene Fehler übernommen, die bereits im Vorfeld zur Zielscheibe der Kritik wurden. Jeder, der im Deutschunterricht wenigstens ab und zu ein wenig aufgepasst hat, weiß nämlich, dass die Frage auf eine Behauptung wie "Weil ich … besser bin." (S. 193) natürlich "Besser worin?", und nicht "Besser in was?" (S. 194) lauten muss.
Wenn man schon keine Einigung mit dem Synchronstudio hinbekommt, so hätte man wenigstens in der Sterbeszene Kirks die Original-Dialoge aus der Quelle spiegeln können, aus der jene im Film frech geklaut haben. Doch auch Zitate aus der deutschsprachigen Synchronisation von "Der Zorn des Khan" sucht man in diesem Buch vergebens.
Abgesehen davon hat der Zeitdruck bisweilen zu recht schwerfälligen und holzigen Begriffen wie „"Industriestärkevisier" (S. 9), "Rankine-Annullierer" (S. 12), "annihiliert" (S. 116) oder "Himmelskarten" (S. 120) geführt. Mein persönlicher Höhepunkt war dahingehend "Interschiffskommunikationsfrequenzen" (S. 202) - die "Donaudampfschifffahrtsgesellschaft" oder das "Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz" lassen leise grüßen!
Als völlig gegen die Wand gefahren muss man den Versuch werten, Scottys schottischen Dialekt zu retten (vgl. S. 172). Nach dem weisen Motto 'weniger ist oft mehr' hätte man darauf besser verzichten sollen, zumal er in der deutschen Translationsgeschichte ohnehin nie berücksichtigt wurde. Jetzt auf einmal damit anzufangen und dabei selbst dem Film zu widersprechen, lässt die Sprechweise automatisch wie einen Fremdkörper erscheinen.
In die gleiche Kerbe schlagen auch die Umgangsformen des Chefingenieurs. Vor allem im Gespräch mit seinem zwergwüchsigen Busenkumpel Keenser, offenbart er nie gekannte Kratzbürstigkeit, die meilenweit von freundschaftlichem Necken entfernt ist. So bezeichnet Scotty ihn als "[...] du kleines feiges Vieh“ (S. 171) oder "[...] du runzliger kleiner Hundesohn!" (S. 174). Aber auch andere Personen und andere Wortwechsel sind von derbem Sprachgebrauch geprägt (vgl. S. 188. S. 204, S. 291 uvm.).
Bei Scotty hätte ich mir ferner auch eine korrekte Schreibweise des schottisch-gälischen "pòg mo thòin" (vgl. S. 239) gewünscht, aber die Wurzel dieses Übels liegt wahrscheinlich schon im amerikanischen Original begründet, wo die eigentlich irische Redewendung massive Verbreitung gefunden hat.
Hinzu kommt, dass natürlich wieder vom "Ensign" (vgl. S. 98, S. 101, S. 102 uvm.) statt von einem „Fähnrich“ die Rede ist. Das gute alte "PADD" wird plötzlich zu einem "Arbeits-Tablet" (S. 112) und  warum die Sternenflotte als Reaktion auf die Zerstörung Vulkans gleich auf „[...] weit entfernte Quadranten [...]“ (S. 192) losgeht, bleibt wohl für immer ein ungelöstes Rätsel. Immerhin bleibt den Menschen, die ja direkt auf der Grenze von Alpha- zu Beta-Quadranten wohnen, dann nur noch der Gamma- und der Delta-Quadrant übrig. Und sollte Khan wirklich bis zum Dominion oder zu den Borg abgetrieben worden sein, wäre der Film sicherlich anders verlaufen...

Anachronismen: Um es an dieser Stelle mal gleich lobend zu erwähnen: Im Buch ist einer der gravierenden Fehler des Films ausgemerzt worden. Hier heißt die Heimatwelt der kriegerischen Klingonen nämlich nicht 'Kronos', sondern stilecht "Qo'noS" (vgl. S. 86, S. 118, S. 125 uvm.).
Doch über den Film und seine Anachronismen habe ich bereits in meiner Tafelrunden-Rezension ausführlich gesprochen, weshalb ich nun auf einige Punkte im Speziellen eingehen möchte, die vor Allem im Buch in den Vordergrund rücken. Es gelingt Foster zwar, einige von Ihnen zu entkräften, doch noch immer zieren viele Fragenzeichen den Film genauso wie das Buch:
Warum muss Uhura trotz Universalübersetzer Klingonisch sprechen?
Warum gibt Kirk beim Anblick dreier klingonischer Bird of Preys umgehend kampflos auf, obwohl er im vorangegangenen Film beim Kobayashi-Maru-Test in einer verdammt ähnlichen Lage nicht an ausweglose Situationen glaubt?
Wie kann ein reptiloider Gorn Achtlinge lebend gebären?
Oft wird außerdem ein Kritikpunkt angeführt, dem dieses Buch noch zusätzlich Zündstoff bietet. So wird beschrieben, die Enterprise hätte nach ihrem Gefecht mit der USS Vengeance "[...] nicht genug Schub, um es bis zum Mond zu bringen, geschweige denn bis zur Erde." (S. 229). Trotzdem beginnt sie ohne nähere (vor allem aber glaubwürdige) Erklärung nur 43 Seiten später (vgl. S. 272ff.) auf die Heimat der Menschen herabzustürzen.
Neben diesen Unzulänglichkeiten unterminiert "Into Darkness" seine Glaubwürdigkeit weiter, in dem es ausgerechnet jene Zeitlinie mit schwarzen, spitzen Lederstiefeln tritt, auf der es eigentlich fußen müsste.
Erinnern wir uns: Diese Branche der Zeit wurde feierlich eröffnet, nachdem ein Romulaner 2233 die USS Kelvin angriff. Das bedeutet, dass die vorherigen Ereignisse, wie sie zum Beispiel in der Fernsehserie "Star Trek: Enterprise" beschrieben wurden (Mitte des 22. Jahrhunderts), noch immer ihre Gültigkeit besitzen. J.J. Abrams untermauerte dies, in dem er im elften Film auf Admiral Archer und dessen Beagle referenzierte.
Doch plötzlich scheint all das nicht mehr zu gelten.
Davon, dass die Klingonen plötzlich wieder Stirnwülste besitzen, ist im Buch nichts zu lesen, doch warum nutzt Admiral Marcus ausgerechnet den Jupiter als Standort für eine geheime Basis?
Immerhin liegt laut Episoden wie "Lautloser Feind", "Familienbande" oder "Die Anomalie" eine der geschäftigsten Erdenbasen an diesem Verkehrsknotenpunkt.
Aber auch die Vorgängerserie "Voyager" beschrieb ein Ereignis, das eklatante Auswirkungen auf das Abramsverse gehabt haben müsste: Laut den Auskünften Tom Paris' in "Das ungewisse Dunkel, Teil I" verlor Geld im ausgehenden 22. Jahrhundert seine Bedeutung. Trotz der Auswirkungen, die in Star Trek IV: "Zurück in die Gegenwart", Star Trek VIII "Der erste Kontakt" oder der DS9-Folge "Die Karte" angesprochen wurden, liest man hier von privaten Kurierdiensten (vgl. S. 54), kommerziellem Schiffsverkehr (vgl. S. 81), oder finanziell belastenden Scheidungen (vgl. S. 177).

Fazit: Der Filmroman "Into Darkness" ist ein hektisch auf den Markt geworfenes Buch, dem die Seele vieler Novellisationen fehlt, die sich zuvor mit Star-Trek-Filmen beschäftigten. Zwar bemüht sich Alan Dean Foster, durch ausführliche Erklärungen Handlungslöcher zu minimieren, Figurenmotivationen zu untermauern oder Hintergrundinformationen zu liefern, doch er bleibt dabei zu oft zu halbherzig.
Das Fehlen ganzer Szenen, die unbefriedigenden Erklärungen und das Aufreißen weiterer unnötiger Handlungsschlaglöcher rechtfertigt nicht unbedingt, sich mit diesem Werk näher zu beschäftigen. Auch die Übersetzung vermag es nicht zu überzeugen, was allerdings primär weniger an ihrer Qualität, sondern viel eher an der fehlenden Deckungsgleichheit mit der deutschen Synchronisation liegt.
Wer sich jedenfalls wie ich im Vorfeld fragte, wozu solch ein Film einen begleitenden Roman benötigt, dem sei gesagt:
Das tut es gar nicht!

Denkwürdige Zitate:

"Eine nähere Untersuchung hat ergeben, dass ich gesehen habe, was ich glaubte, gesehen zu haben ... glaube ich."
Scotty, S. 82

"Die galaktische Uhr tickt, meine Herren."
Admiral Marcus, S. 91

"Wenn man den Klingonen beide Hände reicht, ist es wahrscheinlich, dass anschließend ein oder zwei Finger fehlen."
Admiral Marcus, S. 92

"Captain! Ich denke, es ist meine Pflicht, Sie darauf hinzuweisen, dass es gegen alle empfohlenen Verfahrensweisen seit Anbeginn der Kriegsführung verstößt, das Schiff seiner beiden höchsten Offiziere zu berauben, während es sich in feindlichem Territorium befindet."
"Und das wird wohl nicht das letzte Mal bleiben, Mr. Sulu. Während meiner und Mr. Spocks Abwesenheit haben Sie das Kommando. Es sei denn natürlich, Ihre Bemerkung soll bedeuten, dass Sie sich nicht für kompetent genug halten?"
"Nein, Sir."
Sulu und Kirk, S. 125

"KHAAAAANNNNNNNNN!"
Spock, S. 290


Bewertung: Schlechter als die Vorlage.

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Weiterführende Leseliste:

Star Trek I: Der Film
Star Trek II: Der Zorn des Khan
Star Trek III: Auf der Suche nach Mr. Spock
Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart
Star Trek V: Am Rande des Universums
Star Trek VI: Das unentdeckte Land
Star Trek VII: Generationen
Star Trek VIII: Der erste Kontakt
Star Trek IX: Der Aufstand
Star Trek X: Nemesis
Star Trek XI: Star Trek (2009)
Star Trek XII: Into Darkness

2 Kommentare:

  1. Ich denke, Film-Novellierungen gerade von Blockbustern leiden immer an der für ein Roman oft zu dünnen Filmhandlung. Fällt eine dünne Handlung im Film wegen schneller Schnitte, viel Action und beeindruckender Special Effects häufig nicht auf, ist das beim Roman eben anders.
    Im Falle von "Star Trek Into Darkness" kommt noch hinzu, dass der Autor den komplett fertig geschnittenen Film vermutlich nicht vor dem Schreiben des Romanes gesehen hat - bestenfalls ein paar Szenen - und sich weitgehend an dem Drehbuch orientieren musste. Und das Drehbuch hat sich sicher während des Drehs und der späteren Nachbearbeitung auch nochmal an manchen Stellen geändert. Da hat der Autor es auch nicht leicht.

    Zu der Bemerkung, dass Cross Cult Schwierigkeiten mit Buchhändler gehabt hätte, bei der Aufnahme des Buches in den Bestand: Das dürfte kaum an dem Buch gelegen haben. "Star Trek" ist einfach zu klein und zu sehr Nische, als dass sich ein kleiner Buchhändler daran wagt und das Riskio eingeht, ein Buch auf den Büchertisch zu legen, dass sich schlechter verkauft als andere. Letztendlich scheint für den Buchhändler bei der Auswahl der Bücher auch mehr die Größe und das Marktgewicht eines Verlages eine Rolle zu spielen als der eigentliche Inhalt. Um mal ein Vergleich heranzuziehen: Kürzlich erschien "Inferno" von Dan Brown bei Bastei in der deutschen Version. Wie auch "Star Trek Into Darkness" musste "Inferno" praktisch über Nacht übersetzt und gedruckt werden, damit das Buch nahezu zeitgleich mit dem Original erscheinen konnte. Bei "Inferno" gab es ähnlich wie bei "Star Trek Into Darkness" ein gewisses Medieninteresse. Aber Bastei kann man mit seinem Budget ordentlich Werbung machen und das Medieninteresse für sich nutzen. Cross Cult bekam gerade Mal ein paar Kooperationen mit anderen Medienpartner, die auch auf das große Star-Trek-Geld hoffen, hin. Kooperationen sind zwar nicht schlecht, aber mehrere Dutzend U-Bahn-Haltestellen in Großstädten mit Plakaten zu zu plakatieren, dazu noch Interviews mit dem Autor in Print und TV etc. hat eine ganz andere Dimension. Und das wissen die Buchhändler natürlich auch. Aber besser Cross Cult bleibt klein und fein als das man groß Werbung macht und dann der Finanzdruck so groß ist, dass kleine, weniger gewinnversprechende Romanreihen zu Gunsten populärer, massenkompatibler Romanreihen eingestellt werden (siehe Heyne und "Star Trek").

    Rezi ist insgesamt etwas lang geworden, aber Du hast den Film ja auch 4x gesehen.

    Mein Fazit nach Deiner Rezi: Ich habe noch nie Film-Novellisierungen gekauft. Dieser Roman ist kein Grund damit jetzt anzufangen.

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  2. Moin Bernhard,

    Naturgemäß kann ich vieles von dem unterschreiben, was Du in Deinem Kommentar anmerkst:
    Auch ich sehe Cross Cults Engagement mit großem Wohlwollen.
    Auch ich glaube, dass der Verlag kleinere Brötchen backen muss und finde das sogar sympathisch.
    Und auch ich finde es großartig, dass Cross Cult Nischenromane genauso veröffentlicht wie die vermeintlichen Bestseller.

    Dennoch glaube ich schon, dass der Widerwille der Buchhändler auch mit dem Negativ-Image Star Treks hierzulande zu tun hat. Noch immer liegen die entsprechenden Romane in vielen Geschäften stiefmütterlich im Schmonzetten-Regal statt in der SciFi-Ecke; noch immer werden einem die alten Heyne-Bücher auf Ebay hinterhergeworfen und noch immer wird man belächelt, wenn man sich als Star-Trek-Anhänger in der Öffentlichkeit zu erkennen gibt.

    Genau aus diesem Grund bin ich Cross Cult durchaus dankbar, dass sie die deutsche Literaturlandschaft auch weiterhin um 'Star Trek' bereichern.

    Was aber nicht heißt, dass ich alles toll finde, was Cross Cult veröffentlichen darf. Bei allen Entschuldigungen ist Fosters Arbeit schlampig, wenig ergibig für die echten Fans und ganz sicherlich kein Höhepunkt des Cross-Cult-Sortiments.

    Und manchmal führe ich solche Gedanken auch ellenlang aus, um zu zeigen, dass ich da nicht bloß üble Nachrede betreibe. Aber das ist ja einer der Vorteile eines solchen Blogs: Ich muss mich nicht, wie etwa bei einem Zeitungsartikel, an Platz-Beschränkungen halten, sondern kann auch mal etwas ausführlicher berichten. In diesem Fall (nach mittlerweile sogar fünf Filmsichtungen) war mir das auch einfach wichtig, Punkt für Punkt die Schwächen herauszuarbeiten, ohne allzuviel unter den Tisch fallen zu lassen (glaube mir, ich hab schon recht radikal die vielen Kleinigkeiten herausgekürzt).

    De facto bleibt festzuhalten, dass Du Recht hast: Cross Cult sei das Beste gewünscht, meine Rezension hat ihre Längen und einen Kauf rechtfertigt dieses Buch ganz sicher nicht...

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