Mittwoch, 4. Mai 2011

Die Neue Grenze/ New Frontier 03: Märtyrer

Buchbesprechung David, Peter: New Frontier 03. Märtyrer. Cross Cult, 2011 und David, Peter. Die Neue Grenze 03. Märtyrer. Heyne, 2001.

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Story: Eine alte Prophezeiung eines kleinen Planeten namens Zondar hat es vorausgesehen:
Eines schönen Tages kommt ein junger, im Gesicht durch eine Narbe entstellter Mann des Weges und wird zum Messias des gesamten hiesigen Volkes. Ferner wird er auch für die gesamten Sünden der planetaren Bevölkerung getötet und fährt nach getaner Arbeit in den Himmel auf, von wo er auch gekommen ist.
Soweit, so bekannt.
Es verwundert wohl kaum, dass dieses unfreiwillige Berufsbild Mackenzie Calhoun zufällt, dessen Erweckungserlebnis mit einem brennenden Dornbusch, ähm Weltraumvogel seinen religiösen Welt(raum)ruf begründet. Nach und nach wird er zum Götzen ganzer Zivilisationen und es verwundert nicht, dass andere babylonische Priester (hier Erlöser genannt) neidisch werden und dem falschen Propheten entgegentreten wollen.
So gibt es also eine ganze Reihe von Kreisen, die Calhoun nach dem Leben trachten und tatsächlich wird alsbald, nach einem wüsten Saufgelage auf dem Planeten Zondar, zur Begrüßung des Heilands die Leiche des verdienten Captains gefunden. Bevor die restliche Crew der USS Excalibur die näheren Umstände untersuchen kann, ist die Leiche aber plötzlich verschwunden.
Was ist geschehen?
Waren das die Hände des Teufels?
Soll sein Kopf auf einem Silbertablett geliefert werden?
Oder ist Sankt Calhoun auferstanden?

Lobenswerte Aspekte: Religion ist ein heikles Thema.
Es spaltet Freunde, Familien und ganze Völker. Nicht zu vergessen, dass der Star-Trek-Begründer Gene Roddenberry ein bekennender Atheist war.
So ist es kaum verwunderlich, dass sich Peter David daher mit seinem Buch „Märtyrer“ nicht weit aus dem Fenster lehnt und das Thema vergleichsweise neutral anzugehen versucht. Seine abschließende Szene, in der der Tod des Messias auf eine rein menschliche Ebene reduziert wird (vgl. S. 297 f.), relativiert jedenfalls die zuvor oft leicht ins Esoterische abdriftenden Religionsbezüge (vgl. S. 7ff, S. 143f. oder S. 278f.). Immer wieder gemixt (vgl. S. 63ff., S. 110 oder S. 163ff.) mit dem bekannten Motiv, „[...] dass jede weit genug fortgeschrittene Wissenschaft einem Volk, das sie nicht verstand, wie Magie erscheinen musste.“ (S. 274) ergibt sich aber ein vergleichsweise eher nüchternes Gesamtbild, dass sein Zentrum auf der Entmystifizierung religiösen Glaubens legt, ohne dabei wie wild mit dem erhobenen Zeigefinger in den persönlichen spirituellen Empfindungen des geneigten Lesers herumzufuchteln.
Immerhin ist dieses Buch primär für den amerikanischen Markt ausgelegt, und da bleibt nicht viel Spielraum für weitreichende Kritik. Aus diesem Grund umgeht Star-Trek-Star-Autor David das Dilemma, indem er ein anderes seiner zahlreichen Talente in die Waagschale wirft, um der erdrückend ernsten Thematik eine unterhaltsame Note zu verleihen: Seinen Humor.
Und nicht nur seinen!
Wenn man nun nämlich an gesellschaftsfähige Religionssatire mit Niveau denkt, kommt man abgesehen vom Fliegenden Spaghettimonster an "Das Leben des Brian", einem der genialsten Filme aller Zeiten, nicht vorbei.
Dass Monty Python zum kulturellen Standard diverser an Star Trek beteiligter Personen gehört, haben auf der FedCon XX David Mack oder Wil Wheaton in ihren Panels eindrucksvoll unter Beweis gestellt; Peter Davids offensichtliche Anleihen treten hingegen offen zutage, sobald vom "Messias" die Rede ist (vgl. z.B. S. 110, S. 115 oder S. 295).



"Er ist der Messias!"

Doch auch seine unglaublich gut gelungen Seitenhiebe auf arg an den Haaren herbei gezogenen Erzählstränge der klassischen Star-Trek Serie (vgl. S. 54f.) und seine Spitzen gegen unsere linksrheinischen Nachbarn (vgl. S. 94ff.) sind mehr als eine Erwähnung wert.
Eine weitere große Stärke ist der Aufbau des Buches. Der Titel "Märtyrer" wird durch die Dialoge und Monologe der Figuren mit einem soliden Fundament versehen, der über eine ausschließlich religiöse Bedeutung hinausgeht (vgl. z.B. S. 138). Spannung ist ab den ersten paar Seiten ein treuer Begleiter des Lesers und die Detailliebe des Autors geht sogar soweit, das er sich sogar Gedanken um die Details der zondarianischen Inneneinrichtung macht (S. 141).
Großer Star des Werkes sind allerdings die neuen Bösewichte.
Die als "Erlöser" bezeichnete Spezies von Glaubensfanatikern verleiht dem "Märtyrer"-Thema eine neue Schattierung und auch wenn entsprechende Völker in anderen Science-Fiction-Serien Gang und Gäbe sind, blieb im Star-Trek-Universum dieses Motiv bis jetzt eher unterrepräsentiert. Klar, es gab Einzelpersonen wie D'Jamat, den Abgesandten der Pah-Geister Dukat oder Kai Winn, doch eine ganze extremistische Spezies als dauerhafte Antagonisten blieb der Serie fremd, die sich lieber mit Religion auseinandersetzte, in dem sie in Folgen wie "Der Tempel des Apoll", "Das Gesetz der Edo" oder "Star Trek V: Am Rande des Universums" falsche Götter als Argument gegen blinden Glauben nutzte.
Doch gerade im Zeitalter von des Irakkrieges, Afghanistan oder dem Tod Osama Bin Ladens gewinnt ein neues Thema mehr und mehr an Brisanz: Das der religiöser Eiferer.
Unterdrücken, Morden und Sterben im Namen eines höheren Wesens ist heute längst trauriger Bestandteil unserer Lebenswelt (Kofferbomben in Köln, versuchte Koranverbrennungen in den USA, Selbstmordanschlag in Stockholm) und eine Stärke Star Treks war es stets, aktuelle Probleme unter dem Deckmantel der Science Fiction zu thematisieren.
In diesem Zusammenhang ist es schade, dass es nicht auch in der letzten Star-Trek-Serie Enterprise, die immerhin die Bezeichnung einer gegnerischen Spezies an die Taliban anlegte und um die Ereignisse von 9/11 abgedreht wurde, zu einer entsprechend mutigen Auseinandersetzung kam, wie sie David hier gelingt.

Kritikwürdige Aspekte: Obwohl David stets ein gutes Händchen für das Figurentheater hat, muss man ihm vorwerfen, in diesem Fall etwas zu dick aufgetragen zu haben.
Die vulkanische Ärztin zwangsverplichtet den durch die soziale Gepflogenheiten seiner Spezies kopulationsbereiten Captain zum Beischlaf (vgl. S. 59ff.), Shelby erzählt Fickelgeschichten aus ihrer Ferienlagerzeit (vgl. S. 100ff.) und McHenry erläutert in der intimen Atmosphäre der Brücke, warum Sex mit Zwittern das Non-Plus-Always-Ultra ist (vgl. S. 152ff.) - das ganze Buch hat in etwa den Flair eines schwedisch-niederländischen Softpornos.
Die ganze Schmierenkomödie um die Folgen für die Crew umspannt unerträglich viele Seiten und erinnert eher an einen Tag in der achten Klasse der Sonderschule für schwer pubertierbare, als an ernsthafte Figurenkonflikte. Also kichert man am besten infantil, sobald das Wort 'Sex' fällt und blättert weiter, bis etwas sinnvolles passiert.
Das ist vor allem gegen Ende der Fall, als die sexuelle Komponente der beinharten Action auf Planetenoberfläche und im Weltall weichen muss. Halb dafür verantwortlich sind die Erlöser, die mit ihrem mächtigen Raumschiff kommen, um den langsam zur Gefahr für ihren religiösen Alleinvertretungsanspruch gewordenen Calhoun zum Märtyrer zu machen.
Ujnd wie kommen sie ins zondarianische System?
Logisch, mit einem Raumschiff.
Und wie sieht das aus?
Wie eine Pyramide...
Der ein oder andere Science-Fiction-Freund mag sich daran erinnern, dass es da mal einen bekannten Film mit dem genialen James Spader und dem weniger genialen Kurt Russell gab, in dem so etwas bereits zu sehen war. Warum musste es ausgerechnet diese Form sein?
Waren, nachdem Kugeln bereits für Star Wars und Würfel für die Borg reserviert waren, nicht mehr genügend geometrische Formen übrig, so dass wir nun dankbar dafür sein müssen, dass nicht ein Torus, Ellipsoid oder Polyeder verbraten wurden? Oder hat Stargate vergessen, dass Weltraumpatent für pyramidale Flug-Objekte anzumelden?
Wäre "New Frontier" eine Fernsehserie, so wäre "Märtyrer" die erste Folge nach einem für den Fernsehgebrauch in zwei Teile getrennten Pilotfilm. So eine Art "Gedankengift", "Die Khon-Ma" oder "Die Parallaxe".
In diese Reihe eher zweifelhafter Gesinnungsbrüder lässt sich auch dieses Buch einbinden. Die Charaktere müssen erst zueinander finden, es gibt reiheweise Bemerkungen, die zweifelhaft erscheinen und am Ende denkt man, "Daraus hätte man aber mehr machen können." Dieses Muster kann problemlos auf dieses Buch angewendet werden, denn obwohl die Handlung stabil ist, gibt es eine Reihe von Baustellen, an denen noch gearbeitet werden muss.

Übersetzung: Im Vergleich mit der Cross Cult Übersetzung stinkt der ursprüngliche Heyne-Roman ziemlich ab. Dabei liegt das noch nicht einmal an den verstaubten, und der Synchronisation völlig konträren Namensgebung wie "Starfleet" (S. 32), "Insignienkommunikator" (S. 50) oder "Medo-Bett" (S. 239).
Viel eher entsteht dieser Eindruck, wenn man sich die vielen kleinen Unterschiede vor Augen hält, die zwischen beiden Ausgaben bestehen. Nach eifriger Sammlung sollen hier aus Platzgründen lediglich die Top-Drei der in meinen Augen besten Abweichungen aufgeführt werden:

Platz 3:

Englisches Original: "There's an old Earth saying about 'three strikes, you're out.'"
Heyne: "Auf der Erde kennt man einen alten Kinderreim, in dem es heißt: 'Ene mene mu, und raus bist du'."" (S. 80)
Cross Cult: "Auf der Erde sagte man früher gerne, mehr als drei Versuche hätte man nicht." (S. 76)

Platz 2:

Englisches Original: "The men and women assembled in that room were the cream of Zondarian society, the best and brightest that their people had to offer."
Heyne: "Die im Zimmer versammelten Männer und Frauen waren die Creme der zondarianischen Gesellschaft, die besten und intelligentesten Individuen, die ihr Volk hervorgebracht hatte." (S. 194)
Cross Cult: "Die im Zimmer versammelten Männer und Frauen waren die obersten Mitglieder der zondarianischen Gesellschaft, die besten und intelligentesten Individuen, die ihr Volk hervorgebracht hatte."(S. 182)

Platz 1:

Englisches Original: "The ship, shields down in the front, was beginning to feel the heat."
Heyne: "Da die Bugschiffe auf ein Minimum heruntergefahren waren, machte sich im Schiff allmählich die Hitze bemerkbar." (S. 299)
Cross Cult: "Da die Bugschilde ausgefallen waren, machte sich im Schiff allmählich die Hitze bemerkbar." (S. 186)

An diesen drei sehr in ihren Fehlerquellen sehr unterschliedlichen Beispielen und anhand weiterer kleinerer Differenzen wie "Oberster Erster" (Cross Cult, S. 67) statt "Sachwalter" (Heyne, S. 71), "Lügengeschichten " (Cross Cult, S. 55) statt "Münchhausiaden" (Heyne, S. 58) oder "Freak" (Cross Cult) statt "Monstrum" (Heyne, S. 265) wird deutlich, das hier keine Neuübersetzung vorliegt, sondern lediglich eine Überarbeitung der vorhandenen deutschen Übersetzung von Bernhard Kempen, die nicht nur sperrige Übersetzungsbegriffe ausmerzen sollte, sondern auch einem zeitgemäßen Sprachgebrauch diente. Dass "Märtyrer" trotz der gewissenhaften Kontrolle nicht frei von Fehlern sein kann, liegt auf der Hand.
So erschließt sich nicht von selbst, warum die Anrede von hermaphroditen Hermats in der Cross-Cult-Variante "Si'am" (vgl. S. 93) lautet, obwohl sogar Heyne im Zweifel für den Originalbegriff "Shir" eingestellt blieb (S. 98).
Manchmal helfen aber selbst Änderungen nicht.
So ist es kaum verwunderlich, dass nach Selars Satz "Elementar, Watson." (Cross Cult, S. 195) niemand außer Shelby ernsthaft lachen kann, denn die Pointe ist gnadenlos verpufft. Auch wenn die Heyne-Variante mit "Ganz einfach, Watson." (Heyne, S. 206) nicht viel besser abschneidet, geht in beiden Fällen Peter Davids sorgsam inszeniertes Wortspiel auf den berühmtesten fiktionalen Privatdetektiv der Literaturgeschichte verloren und mit ihm die Anspielungen auf "Elementary, Dear Data", den englischsprachigen Titel der TNG-Episode "Sherlock Data Holmes".
Da steht noch immer die Frage, warum es nun ausgerechnet "New Frontier" heißen muss oder warum dem Original und Heyne zum Trotz von der "Teestube" die Rede ist - doch das wurde bereits in den vorangegangenen Rezensionen besprochen.
Worüber man scheinbar nicht genug reden kann ist hingegen die Verwendung von "Fähnrich" (Heyne, S. 98) und "Ensign" (Cross Cult, S. 93).
Inzwischen scheint die Verwendung des Begriffes Fähnrich Gegenstand einer Diskussion zu sein, wie mir mein Leser ygrek mitteilte. Im Comicforum etwa verteidigt sich Cross Cult so:

"Die Fähnrich/Ensign-Debatte gibt es ja schon sehr lange. Wir mussten uns eben für eine Variante entscheiden. Bei der Übersetzung der TV-Serien haben es die deutschen Sender ja uneinheitlich gehandhabt: Erst gab es Fähnrich Crusher und später Ensign Ro. "

Tatsächlich hieß es nie "Ensign Ro". Wie ich bereits in einer vorangegangenen Rezension schrieb, hieß sogar die entsprechende Folge "Fähnrich Ro" (was der User "Der Klingone" ebenfalls zu recht anmerkt). Verfolgt man die Diskussion weiter, so trifft man auf altbekannte Standpunkte:

- bei Enterprise wird Ensign benutzt
- die englische Namensgebung ist in der Rangvergabe der Sternenflotte auch in der deutschen Synchronisation vorherrschend
- Im ersten Star Trek Kinofilm wird ebenfalls 'Ensign' genutzt

Das alles macht den Eindruck, als gäbe es kein Muster.
Doch das ist nicht wahr.
Hält man sich an die deutsche Synchronisation, die trotz ihrer vielen Unzulänglichkeiten und Widersprüche der Maßstab für deutschsprachige Bücher sein sollte, wird in der Erdensternenflotte des 22. Jahrhunderts (also ENT) von 'Ensign' gesprochen.
Ab dem 23. Jahrhundert jedoch heißt es in der modernen Sternenflotte sämtlicher Serien (TOS, TAS, TNG, DS9 und VOY) hingegen 'Fähnrich', ob man das nun mag oder nicht.
Natürlich gibt es da noch 'Ensign' Perez aus dem ersten Kinofilm. Doch da mit 'Fähnrich' Demora Sulu aus dem siebenten Kinofilm fällt die Rangvergabe wieder in den gewohnten Rahmen zurück.
Eine weitere Ausnahme soll ebenfalls nicht unerwähnt bleiben.
Auch in der alternativen Zeitlinie, die mit dem elften Kinofilm eingeläutet wird, spricht man vom 'Ensign' Pavel Andreievich Chekov.

Anachronismen: Peter David hat eine unterhaltsame Art, mit Anachronismen umzugehen.
Vor allem mit solchen, für die er eigentlich nichts kann.
So hatte John Ordover, der Herausgeber hinter den Star Trek Romanen eigentlich eine Absprache mit den Star-Trek-Serien-Produzenten getroffen, dass sie auf eine Verwendung Shelbys verzichten würden. Da man dort allerdings entsprechende Vereinbarungen vergessen hatte, fand ebenjene Shelby in "Klingonische Tradition" plötzlich als Captain eines eigenen Raumschiffes Erwähnung.
Doch gekonnt überspielt David diesen Blackout der DS9-Schreiber, der seine eigene Romanserie mit dieser Kleinstreferenz ins Reich der Bedeutungslosigkeit katapultiert. Die Neuerwähnung wird einfach einem anderen Namensträger zugeschoben, dessen Existenz und Rang selbst der originalen Shelby nicht entgeht (vgl. S. 138).
Dass vergessen aber menschlich ist, beweist auch David mit seinen kleinen Ausreißern vom Kanon, denn keiner von ihnen resultiert aus Widersprüchen durch spätere Serien, die damit seine Geschichten null und nichtig gemacht hätten.
Im Gegenteil, den ersten Widerspruch lieferte David mit seinem New-Frontier-Einleitungsband "Kartenhaus" selbst. Dort nämlich bezeichnet er die Siedlung Calhoun noch als Stadt (Mack, David: Kartenhaus. Cross Cult, 2011, S. 17); in diesem Buch degradiert er sie jedoch zum Dorf (Cross Cult S. 32).
Warum sich Si Cwan so gut mit irdischen Gorillas im Allgemeinen und derem Revierverhalten im Speziellen auskennt, wird wohl für immer das Geheimnis des Autors bleiben (vgl. S. 107f.).
Ja selbst die gutgemeinte und eigentlich nachvollziehbare Idee, dass Dinge wie außerhalb des Transporterfokus situierte Extremitäten nicht mitgebeamt werden können, widerspricht Folgen wie "Der Ehrenkodex", "Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart" oder "Star Trek".
Am schlimmsten allerdings ist die ungewohnte Stiefmütterlichkeit, mit der David TOS behandelt. Obwohl nämlich in anderen seiner Werke wie "Die Tochter des Captain", "Vendetta" oder "Heldentod" schnell der Eindruck entsteht, dass sich der Autor mit dieser Serie so ziemlich am besten auskennen würde.
Hier aber kennt die Sternenflotte die Erlöser nicht (vgl. S. 255ff.).
"Logisch, schließlich hat sich Peter David die Spezies gerade erst ausgedacht.", mag weise der ein oder andere Leser einwerfen.
Doch weit gefehlt, denn mit Alpha Carinae haben sie längst einen Planeten erobert (vgl. S. 121), der nicht nur im unmittelbaren Einflussgebiet der Föderation liegen muss, sondern bereits zu TOS-Zeiten von Sternenflottenoffizieren besucht wurde und in der Nähe voll automatisierter Handelsrouten liegt. Das kann man jedenfalls in "Computer M5" erfahren.
"Kann ja mal passieren", mag wieder der weise Leser einwerfen.
Gut, vielleicht muss man ihm dann auch nicht ankreiden, dass er statt von "Neural"zu berichten,den Eigennamen "Tyrees Welt" bevorzugt (vgl. S. 235) und dass er die Existenz von Mugatoweibchen schlichtweg verneint (vgl. S. 221), obwohl diese in der Episode "Der erste Krieg" eindeutig erwähnt werden.
"Nur in der deutschen Synchronisation," höre ich den weisen Leser wiederum einwerfen, "Im englischen Original ist davon nichts zu hören. Außerdem wurde der Name Neural ja nur um Drehbuch erwähnt und schaffte es nie auf die Leinwand.".
Na schön, zugegeben!
Aber intelligente Mugatos, die gleichberechtigt in der Sternenflotte dienen (vgl. S. 231)?
Wer ist bitteschön auf die Idee gekommen? Was ist aus den wilden, aggressiven und vor allem primitiven affenartigen Wesen geworden, die fast Captain Kirks Tod verursachten?
Ein plötzlicher Evolutionssprung?
Genetische Manipulation?
Oder etwa ein Virus?
Und was kommt als nächstes?
Eine Sprechrolle für Porthos?
Horta-Offiziere an Bord der Enterprise?
Oder gar von den Borg assimilierte Dobermänner?
Traurig ist auch, dass der vulkanische Nervengriff seine Exklusivität verliert, denn scheinbar jeder kann dieses ganz spezielle Stück Vulkaniertradition durch bloßes Zuschauen erlernt (225f.) und imitiert werden (vgl. S. 272). Diese Inflation ist aber so unnötig wie unwürdig und dass es ausgerechnet Peter David ist, der diesem Klassiker der Star-Trek-Geschichte seinen Reiz nimmt, stimmt betrüblich.

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Nachbohren bei Mugatos: Intelligente Wesen oder wilde Hohlbirnen?

Ausgabenvergleich: Abgesehen von der Übersetzung, die bereits gesondert besprochen wurde, gelingt es Cross Cult auch beim Cover zu punkten.
Während Heyne ein langweiliges Klassenfoto eines mäßig motivierten Fotografen ins Rennen wirft, strahlt das Cross-Cult-Cover bereits in seinem Aufbau Action und Spannung aus. Zweikämpfe, Raumkämpfe und ein göttliches Licht sind eine Art Wahlversprechen für den Einkauf des Kunden, das gehalten wird.
Zudem sind die Qualität von Papier und Cover der älteren Ausgabe um Längen voraus. Während ich beide Bücher wochenlang bei Wind und Wetter in meinem Rucksack umhertrug und häufig darin umherblätterte, sah das Heyne-Buch bereits nach wenigen Tagen elendig aus, während das Cross-Cult-Werk bestenfalls leichte Rundungen an den oberen Ecken erleiden muss (zum Glück steht noch ein zweites, unberührtes Heyne-Werk in meinem Bücherschrank).

Fazit: Wer Religion bei Star Trek mal etwas zeitgemäßer aufgearbeitet finden will, muss auf die Bücherwelt umsteigen. Genau dafür lohnt sich nämlich "Märtyrer", zumal Peter Davids Talent, Spannung und Humor als Stützpfeiler seiner Geschichten zu nutzen, hier deutlich wird.
Übertrieben und aufgesetzt wirkt hingegen die Fixierung auf Sex, die der Figurenkonstellation genauso wenig zum Vorteil gereicht, wie die vielen unnötigen Anachronismen. Ja selbst die Übersetzung ist bei Cross Cult und Heyne nicht immer überzeugend (bei Heyne allerdings deutlich weniger als bei Cross Cult).
Alles in allem ist das Werk bestenfalls solide, aber sicher nicht herausragend oder gar "Davids bester Star Trek-Roman.", wie Peter Schipfmann auf dem Buchrücken behauptet.

Denkwürdige Zitate:

"Es gibt nur sehr wenig in diesem Universum, das einfach ist."
Shelby, S. 169

"Im Gegensatz zur Einsamkeit wird das Glück zu sehr überschätzt."
Selar, S. 134

"Sex ist etwas anderes als eine Schlacht, M'k'n'zy."
Sh'nab, S. 34



Hatte Rammstein etwa Unrecht?

Bewertung: Der typische Teil nach dem Piloten.

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Weiterführende Leseliste:

New Frontier 01: Kartenhaus
New Frontier 02: Zweifrontenkrieg
New Frontier 03: Märtyrer

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