Sonntag, 25. Oktober 2009

Generationen

Diese Rezension ist meinem Jugendfreund Stojan gewidmet, der heute 30 geworden ist.

Buchbesprechung Dillard, J.M.: Generationen. Heyne, 1994/1995.

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Story: Wehmut ergreift Captain Kirk, als er die Sachen packt um seine geliebte USS Enterprise NCC-1701-A zu verlassen. Das Altenteil winkt und wer weiß, vielleicht beginnt ein neues Leben an der Seite seiner verflossenen Liebe Dr. Carol Marcus. Er nimmt Abschied von seinen alten Kameraden Spock und McCoy und geht schließlich auf die letzte Party an Bord seines Schiffes.
Wenig später findet sich Kirk auf der Jungfernfahrt der USS Enterprise NCC-1701-B wieder und reicht schweren Herzens der Staffelstab symbolisch an eine neue und jüngere Generation weiter. Doch er ist bei Weitem nicht mit sich im Reinen seit er den Dienst quittierte und einsehen musste, dass eine Heirat mit Carol niemals funktionieren würde. Außerdem fehlen ihm zum einen die alten Freunde, während sich zum anderen seine gesamte Existenz seit seiner Pensionierung sinnentleert anfühlt. Durch einen plötzlichen Notfall ergibt sich für Kirk jedoch die Chance, wieder in vertraute Verhaltensmuster zurückzufallen und dem revitalisierenden Nervenkitzel des Raumschiffskommandos zu frönen.
Doch gerade noch rechtzeitig besinnt sich der alte Haudegen und tritt ins zweite Glied zurück – eine noble, doch verhängnisvolle Entscheidung, denn sie markiert den historischen Tag des Ablebens der Sternenflottenlegende.
So sehen es die Geschichtsbücher der Föderation, doch das Universum hat andere Pläne mit dem Mann, der den Tod ein ums andere Mal ein Schnippchen geschlagen hat. Er findet sich, statt in Himmel oder Hölle zu landen, in einem temporalen Verzerrungsband, dem so genannten Nexus wieder, das auf dem ersten Blick ein Paradies zu sein scheint: Hier, wo Zeit keine Rolle spielt, ist Kirk in der Lage, alle fragwürdigen Entscheidungen seines Lebens zu revidieren und seiner zuletzt so bedeutungslosen Existenz neuen Glanz einzuhauchen.
Doch plötzlich erscheint ein Unbekannter aus dem realen Universum in dieser Traumwelt und macht Kirk klar, dass diese schöne neue Welt nur auf Trug und Schein basiert, und einem Mann wie ihm niemals Erfüllung bieten kann.
Als Kirk einsieht, dass dieser Fremde, der sich ihm als „[…] Jean-Luc Picard, Kommandant der Enterprise“ (S. 215) vorstellt, Recht hat, begleitet er ihn in dessen Realität, um im 24. Jahrhundert einen wahnsinnigen Wissenschaftler davon abzuhalten, Millionen von unschuldigen Leben für den Übergang in den Nexus zu opfern…

Lobenswerte Aspekte: Novellisationen von Star-Trek-Kinofilmen verwöhnen die Fans, denn meist haben sie inhaltlich mehr zu bieten, als die filmische Umsetzung selbst.
Dies beginnt hier bereits bei den vielen Referenzen, die so im Film nicht zu hören oder zu sehen sind. So wird, mehr oder weniger offen, auf TOS-Episoden wie „Die Reise nach Eden“ (vgl. S. 19), „Das Spinnennetz“ (vgl. S. 61) oder „Die Spitze des Eisbergs“ (vgl. S. 210) referiert.
Während im siebenten Star-Trek-Film der Vorgänger vor allem dadurch bedacht wird, dass die Explosion des klingonischen Bird of Preys haargenau die selbe wie im sechsten Kinofilm ist, bügelt das Buch fehlerhafte Darstellungen des Filmes eher aus, in dem zum Beispiel, in krassem Gegensatz zur entsprechenden Filmszene, klingonisches Blut als „violett“ (S. 124) beschrieben wird.
Mit der Erwähnung von McCoys Tochter (vgl. S. 17) ergeben sich gleich zwei Möglichkeiten. Einerseits kann es auf eine kurze Nebenbemerkung aus der TAS-Episode „Der Überlebende“ verweisen, andererseits aber auch auf das gleichnamige Buch aus der Feder Howard Weinsteins.
Daneben gibt es auch Verweise auf vorangegangene Novellisationen, die spezielle Informationen aufgreifen, die der findige Leser nur aus den Romanablegern des ersten (vgl. S. 9) und sechsten (vgl. S. 12) Films kennen kann, doch selbst der Otto-Normalverbraucher, der lediglich die Kinofilme kennt, kann sich auf ein Wiedersehen mit altbekannten Figuren freuen.
In diesem Punkt liegt auch der ausgesprochene Vorteil einer solchen schriftlichen Adaption, denn die Vielzahl an Personen, die dieses Buch so ungemein bereichern, wie etwa Dr. Carol Marcus (vgl. S. 10ff.), Uhura (vgl. S. 10), Sulu (vgl. S. 63ff.), Spock (S. 15) oder McCoy (S. 14ff.), konnten im Film niemals auf die gleiche Art und Weise untergebracht werden, denn abgesehen davon, dass wichtige Akteure wie Leonard Nimoy oder DeForest Kelley nicht an diesem Projekt mitwirken wollten, wäre der Miteinbezug eines jeden von ihnen rahmensprengend gewesen und hätte zu einer mehr als epischen Filmlänge geführt.
Aus genau diesem Grund sind in diesem Buch auch so viele Szenen zu finden, die es nicht in den Dreh geschafft haben. Zu diesen Einstellungen gehören der Abschied von der Enterprise A (vgl. S. 8ff.), Sorans Erlebnisse an Bord der Lakul (vgl. S. 43ff.), die Einblicke in den Kommandoalltag Captain Sulus (vgl. S. 63ff.), Spocks und McCoys Wiedersehen bei der ‚Bestattung’ Kirks (vgl. S. 71ff.), Datas Versuch, saurianischen Brandy zu kosten (vgl. S. 104f.), die Analyse der romulanischen Trikorderdaten im Maschinenraum (vgl. S. 106f.), Geordis Schicksal nach der Abtrennung der Kampfsektion (vgl. S. 181ff.), Kirks erste Nexuserlebnisse (vgl. S. 207ff.) und das zweite Gespräch zwischen Guinan und Picard (vgl. S. 237ff.).
Dazu kommen noch die viele Szenen, die zwar zu sehen waren, aber ausführlicher gestaltet sind. Erst im Zusammenspiel mit diesem Wissen erschließen sich viele Bemerkungen aus dem Film, und Sätze wie „Die Uhr! Diese Uhr habe ich Pille geschenkt!“ ergeben nach der Lektüre dieses Buches plötzlich einen tieferen Sinn.
Daneben werden auch noch brennende Fragen geklärt:
Warum beendete jemand wie Scotty seinen aktiven Dienst? (vgl. S. 9)
Warum explodiert ein robuster klingonischer Bird of Prey bereits nach einem lumpigen Photonentorpedotreffer? (vgl. S. 171)
Wie heißen die vielen kleinen Picards, denen Jean-Luc im Nexus begegnet? (S. 197ff.)
Allein der Namenswelt wurde ein größerer Spielraum zuteil als im Film, in dem zum Beispiel B’Etors Name kein einziges Mal fällt.* Hier ist dieser immerhin 47 (!) mal zu lesen, und auch die Namen der Familienangehörigen Sorans (vgl. S. 43), Teilen der Besatzung der Excelsior (vgl. S. 65ff.) oder der USS Enterprise NCC-1701-D (vgl. S. 88 und S. 123) oder des klingonischen Navigators (vgl. S. 160) kann man hier erfahren.
Geradezu genial war auch die Idee, den Nexus für die außergewöhnlichen Fähigkeiten Guinans in Folgen wie „Die alte Enterprise“ oder „Zeitsprung mit Q“ verantwortlich zu machen, denn dadurch wird der eher blasse Auftritt des dritten El-Aurianers Martus Mazur in der DS9-Episode „Rivalen“ gerechtfertigt – schließlich kann nicht jeder Angehörige dieser Spezies gleich auf Anhieb den allmächtigen Q in die Schranken weisen!
Wenn man jedoch einmal von diesen eher formalen Aspekten absieht, muss man diesem Roman zugestehen, dass er ein ungleich ‚runderes’ Bild abliefert, als der in der allgemeinen Kritik eher als ‚mittelmäßig’ angesehene Film. Die üppigere Handlung wirkt trotz der Aufstockung in sich geschlossen und gut aufeinander abgestimmt, wie man etwa an den Zwillingsszenen sehen kann, in denen jeweils die USS Excelsior (vgl. S. 66ff.) und die USS Enterprise (vgl. S. 174ff.) ihre Untertassensektion abtrennen. Ist es im einen Fall trotz der dramatischen Schilderung eine Übung (vgl. S. 70), so wird im anderen tödlicher Ernst daraus.
Auch der Abschied von Kirk ist viel, viel bewegender geschildert, weil hier dem 'Triumvirat' aus Kirk, Pille und Spock ein wirklicher Abschied ermöglicht wird, den es im Film nicht geben konnte und erst durch die zusätzlichen Szenen, Informationen und Handlungsträger gelingt es der Autorin Dillard, die zentralen Motive 'Zeit', 'Vergänglichkeit' und 'Umgang mit dem Tod' angemessen zu thematisieren, und wie ein Bogen spannen sich entsprechende Bemerkungen, Gedanken und Dialoge über alle zeitlichen Differenzen hinweg über die Geschichte.
Endlich ist es möglich, die einzelnen Motivationen der verschieden Figuren konkret nachzuvollziehen, denn diese sind schlüssig herausgearbeitet:
So wird der Zusammenbruch der Welt Kirks ebenso drastisch geschildert wie die Besessenheit Sorans oder die tiefe Trauer Picards um seine Familienangehörigen. Ihrem Handeln wird damit ein Muster zugrunde gelegt, das nicht nur zum Hinterfragen einlädt, sondern auch einer fantasielosen Einteilung in ‚gut’ oder ‚böse’ umgehend einen Riegel vorschiebt.
Nicht unerwähnt sollte die umfangreiche Ausstattung des Romans bleiben. Neben einem Farbfototeil in der Buchmitte, der sogar ein Bild aus einer Szene zeigt, die aus der Kinofilmfassung entfernt wurde, gibt es noch einen 38-seitigen Anhang zur Konzeptions- und Drehgeschichte des siebenten Kinofilms. Hier wird eine Menge an Informationen zum Generationswechsel bei den Star-Trek-Filmen geboten: interessante Fotos, detaillierte Skizzen und spannende Entwürfe gewähren Einblicke, die einem Making-Of sehr nahe kommen. Außerdem kann sich der möglicherweise schockierte Leser von Rick Berman erklären lassen, warum Kirk einfach sterben 'musste' (vgl. S. 252ff.)…

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Antike Uhren: Geschenke mit Sinn

Kritikwürdige Aspekte: Wenn man das Buch so liest, und den Film noch deutlich vor dem inneren Auge hat, so fallen schnell einige Unterschiede auf: kleinere Abweichungen (vgl. S. 166f.) und seltsam unbekannt wirkende Handlungsorte (vgl. S. 153). Die größten Unvereinbarkeiten lassen sich im Finale finden, und es ist schon erstaunlich, wenn man dort davon liest, dass Soran Kirk erschießt, um anschließend von Picard niedergestreckt zu werden.
Manch einer mag sich darüber wundern und sich daran erinnern, dass Kirk doch in die Tiefe stürzte! Das aber ist nur die halbe Wahrheit.
Denn tatsächlich wurde das Ende genau so gedreht, wie es im Buch geschildert wurde, und erst, nachdem einige Probevorführungen diesem Finale harsche Kritik einbrachten, beschlossen die Produzenten, das Ende zu überarbeiten und noch einmal abzudrehen. Das Ergebnis dieses Zusatzaufwandes ist der Filmabschluss, den wir heute kennen.
Somit ist das hier geschilderte Finale jedoch eine überaus interessante Quelle für dieses alternative Ende und damit lohnt es sich eigentlich gar nicht, es in die kritikwürdigen Aspekte zu mischen.
Sagte ich „eigentlich“? Ach ja, ein schwerwiegendes Problem gibt es natürlich schon. Tatsächlich ist dieses Ende zu abstrus und zu abrupt, so dass die überarbeitete Version tatsächlich diesem grauenhaften Schluss vorzuziehen ist…
Als besonders merkwürdig empfand ich auch die zusätzliche Szene, in der Kirks erste Nexuserlebnisse geschildert werden (vgl. S. 207ff.). Hier wird nämlich behauptet, dass Kirk bereits erkannt hat, dass dieses Nexus nichts weiter als eine Illusion ist (vgl. S. 211).
Obwohl sich diese Vorstellung auf den ersten Blick vielleicht logisch anhören mag, schmälert sie auf den zweiten Picards Verdienst, seinerseits Kirk davon überzeugt zu haben und die gesamte Szene, in der beide Generationen aufeinandertreffen, verliert dadurch ungemein an Reiz.
Doch diese Szene beweist noch etwas anderes: Die zusätzlichen Handlungselemente, in denen TOS-Charaktere näher beleuchtet werden, übertreffen in ihrer Tiefe und Relevanz bei weitem jene, in denen Figuren aus TNG im Mittelpunkt stehen. Dieses wird zwar durch die eigentliche Zentrierung auf TNG im Film wieder relativiert, doch man kann schnell den Eindruck gewinnen, dass Dillard, die hauptsächlich TOS-Romane schrieb, hier die Gewichtung nach Vorliebe verteilte.
Im gleichen Atemzug kann man auch Leonard Nimoy gut verstehen, der ein Engagement im Film ausschlug, und dies unter anderem tat, weil ihm der Identifikationsgehalt bei der Figur Spock fehlte. Bei aller Aufmerksamkeit, die TOS sicherlich zuteil wurde, wirkt Spock außergewöhnlich sentimental und einfühlsam (vgl. S. 71ff.), und selbst wenn dies im Hinblick auf den Tod des besten Freundes irgendwo nachvollziehbar gewesen wäre, kann ich Nimoys Skepsis verstehen.
Skepsis löst dieses Werk auch beim Leser von Büchern wie „Sarek“ oder „Die Asche von Eden“ aus, denn von der Weiterverwendung der Enterprise oder gar ihrer Zerstörung ist hier nicht die Rede. Sogar die Weigerung Spocks, das Ableben des alten Weggefährten zu akzeptieren, wie es für Romane aus der Feder William Shatners, wie etwa „Der Rächer“ oder „Die Rückkehr“ so zentral ist, wird in Abrede gestellt, denn auf Seite 73 ist es Spock, der dem trauernden McCoy eindringlich folgendes versichert: "Er ist tot. Ob wir es glauben oder nicht.".
Bei aller Freude über die Extraausstattung dieses Buches ist der letzte Teil erschreckend einseitig und nichts weiter als propagandagleiche Selbstbeweihräucherung. Nirgendwo wird auch mal ein kritisches Wörtchen fallengelassen und an keiner Stelle werden verschiedene Standpunkte eingenommen. Es handelt sich eher um eine Rechtfertigung, und auch wenn Berman seine Entscheidung, Kirk Am Ende sterben zu lassen, hier noch tapfer verteidigt, wirken gegenteilige Äußerungen aus jüngerer Zeit, wie etwa die des damaligen Co-Autoren Ronald D. Moore, ehrlicher als die entsprechenden Absätze in diesem Werk.



Die schlechte Qualität spricht Bände: Eine der schlecht erhaltenen Kopien des alternativen Endes, wie sie auf Videoplattformen wie Youtube im Umlauf sind

Übersetzung: Als ich dieses Buch das erste Mal las, dauerte es noch knapp einen Monat, bevor der Film bei uns im Provinzkino anlief. Damals hatte ich das Buch innerhalb eines Tages nahezu verschlungen und als ich schließlich zum ersten Mal das Kinoplakat sah, wunderte ich es mich sehr, dass der Titel plötzlich um den Vorsatz „Treffen der“ ergänzt wurde!
Erst im Laufe der Jahre verstand ich, dass das Buch nicht an die Synchronisation und Titelvergabe des Kinofilms gekoppelt war und dass die Übersetzung bei Heyne mit den gängigen Bezeichnungen der Serie nicht konform lief.
So mutet es auch kaum verwunderlich an, dass man hier vom „Intervaller der dritten Kategorie“ (S. 89) statt vom ‚Disruptor vom Typ 3’, der „Galaxis-Klasse“ (S. 145) statt der ‚Galaxy-Klasse’, „Starfleet“ (S. 19) statt der ‚Sternenflotte’, dem „Gesellschaftsraum im zehnten Vorderdeck“ (S.97) statt ‚Zehn Vorne’, „dem Diskussegment“ (S. 174) statt der ‚Untertassensektion’ oder dem „Insignienkommunikator“ (S. 105) statt dem ‚Kommunikator’ spricht.
Verwirrender Höhepunkt ist dabei sicherlich der ‚Emotionschip’, der im Verlaufe des Romans „emotionaler Prozessor (S. 94) und schließlich sogar, ganz im Sinne der Heyne’schen Abkürzungstradition, als „Emo-Chip“ (S. 95) bezeichnet wird. Mal ganz abgesehen davon, dass dieses Add-On für Androiden durch die heutige Bedeutung des Wortes eine unfreiwillig komische Nuance erhielt, trug der verstorbene Sohn Sorans verwirrenderweise ebenfalls den Namen „Emo“ (S. 105).

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Der kleine Soran: Ein gewalttätiger Emo?

Doch „Emo- bleibt nicht der einzige Präfix, den es so nur bei Heyne gibt. Ergänzt wird die Liste nämlich auch noch durch Kombinationen mit „Erg- (vgl. S. 166) und „Medo-“ (vgl. S. 40, S. 49 oder S. 90), die so im Film ebenfalls nicht zu hören sind.
Weitere Unregelmäßigkeiten folgen diesen etablierten Fehlern: Auf der Seite 147 verwechselte der Übersetzer Andreas Brandhorstwie“ mit ‚als’ und auf der Seite 190 das Verb ‚jubilieren’ mit ‚jubeln’ und auch stilistisch liegt im Roman einiges im Argen:
Egal ob merkwürdige Formulierungen wie „Airwagen“ (S. 153) und „Seeschiff (S. 55), oder fragwürdige Übersetzungen wie „Annihilation“ (S. 107) und „die Counselor“ (S. 185, S. 187, S. 192, S 192 und S. 233) – das Werk ist beileibe kein sonderlich gut übersetztes. Spätestens, wenn man anstelle der ‚Defiant’ von der „Reliant“ (S. 71) lesen muss, wird dies unmissverständlich klar.
Tragischer Höhepunkt ist dabei die Verwendung des Verbs "desaktivieren", das hier wahrlich extensiv in allen möglichen Variationen verramscht wird (vgl. S. 40, S. 85, S. 95, S. 123, S. 138, S. 147 und S. 229) und das in keinem Wörterbuch zu finden ist. Im Gegensatz zur korrekten Form "Deaktivierung" (S. 138), die sich allen unkorrekten Nennungen zum Trotz ebenfalls mitten in dieses Buch gestreut wurde! Wenn sich aber schon der fehlerhafte Gebrauch eines solchen Wortes bei einem Verlag eingebürgert hat, so sollte man doch wenigstens erwarten können, dass diese Formulierung konsequent übernommen wird, so dass man eine Absicht dahinter vermuten könnte!
Dass hingegen die Dialoge des Buches von denen des Films abweichen, ist wie gesagt verständlich. Dennoch mangelt es an einem gewissen Wiedererkennungswert, wenn man bekannte Sätze in abweichender Form liest (vgl. S. 33 oder S. 99) oder Kirks Hund nicht mehr 'Butler', sondern wie der Sohn Benjamin Siskos heißt (vgl. S. 216), und die vielen hausgemachten Fehler wirken besonders in diesem Vergleich erschreckend unpassend.

Anachronismen: Natürlich ist dieses Buch, das mitten in der Hochzeit Star Treks entstand, nicht vor Anachronismen gefeit. Doch die meisten von ihnen sind hausgemacht und hätten durch eine gründliche Recherche vermieden werden können.
So widersprechen sich Zeitangaben innerhalb des Buches: Gleich auf Seite 19 verweist der erste Satz darauf, dass dieses Kapitel ein Jahr nach dem vorherigen spielen würde. Da dieses im Jahr 2293 angesiedelt ist (vgl. S. 7), müsste die USS Enterprise NCC-1701-B im Jahr 2294 vom Stapel laufen. In diesem Jahr verschwindet jedoch Scotty laut „Besuch von der alten Enterprise“ bereits mit der Jenolan, und aus diesem Grund entschieden sich die Produzenten dafür, die Handlung im Jahr 2293 zu belassen.
Aber auch einige Angaben zu Personen aus dem 24. Jahrhundert stimmen nicht. So ist Geordi LaForge längst kein Lieutenant mehr (vgl. S. 122) und der gute alte Worf kann nicht zwölf Jahre auf der USS Enterprise NCC 1701-D gedient haben (vgl. S. 79), wenn diese insgesamt nur sieben Jahre existierte.
Daneben gibt es wieder einmal einen Beleg für die längst überholte Geldwirtschaft (vgl. S. 19) und dass die Untertassensektion der USS Excelsior Warpgeschwindigkeit aufnehmen kann, ohne an die Maschinensektion gekoppelt zu sein, ist eigentlich nicht möglich (vgl. S. 66). Doch wer weiß, vielleicht war dies eine Anspielung auf den TNG-Piloten „Der Mächtige/ Mission Farpoint“, in der der Enterprise das gleiche Kunststück gelang.
Ebenfalls mit dieser Folge ist auch ein Anachronismus verbunden, der mich stets im gleichen Maß auch am Film störte: Wie kann Geordi Riker damals einen Witz über die Ferengi erzählt haben (vgl. S. 108f.), wenn der Erstkontakt mit dieser Spezies erst in „Der Wächter“, also einige Folgen später, hergestellt wurde?
Im Endeffekt entstand insgesamt nur einziger unfreiwilliger Anachronismus. Dmitri Valtane, der in der Voyager-Folge „Tuvoks Flashback“ nochmals auftritt, wird hier fälschlicherweise mit dem Namen „Masoud“ (S. 64) bedacht. Doch ein sonderlich großes Einfühlungsvermögen bei Nachnamen kann man der Autorin, die einen Mannschaftskameraden Valtanes Djugaschwili nennt (vgl. S. 65) ohnehin nicht unbedingt zuschreiben…

Fazit: Die Novellisation zum Kinofilm „Treffen der Generationen“ bietet dem Leser viel mehr, als der Film überhaupt zu zeigen in der Lage ist. Extraszenen, Extra-Starauftritte und Extrainformationen werden zusätzlich auch noch mit einer umfassenderen Handlung gekoppelt, die das Potential der Drehbuchvorlage weitaus besser nutzt und den Abschied von Kirk um Längen liebevoller gestaltet.
Die Abstriche hingegen liegen im überstürzten Schluss, der das nicht zu Unrecht neu gedrehte Filmende völlig anders beschreibt und in der Übersetzung, die zu viele Heyne-Fehlübersetzungen beherbergt.
Dennoch, wenn man den letzten Propagandapart außen vorlässt, und auch über anderen Fehler generös hinweg sehen kann, bleibt eine überaus lesenswerte Novellisation übrig, deren Rahmenhandlung über den eigentlichen Film hinauswächst und sich dem Film nur im Finale geschlagen geben muss.

Denkwürdige Zitate:

"Sie sind ein Schatz, Uhura."
"Ich weiß, Sir."
Kirk und Uhura, S. 10

"Angesichts eines solchen Taktgefühls bin ich froh, daß Sie Chefingenieur und kein Psychiater geworden sind."
Kirk, S. 32

"Als Captain lernt man zuerst, wie man den Tod betrügt."
Kirk, S. 50

"Sie tun mir leid, Spock. Weil Sie uns alle überleben werden. Weil die Zeit Sie immer wieder mit dem Verlust eines guten Freundes konfrontiert. Das haben Sie davon, sich mit uns Menschen abzugeben. Keine Katras, die es für die Nachwelt zu bewahren gilt. Keine in der letzten Minute stattfindenden Reisen zum Mount Selaya, um uns zurückzubringen."
McCoy, S. 75

"Ich habe ein Ungeheuer erschaffen."
Geordi LaForge, S. 110

Bewertung: Handlung hui, Ende pfui.

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Weiterführende Leseliste:

Star-Trek-Novellisationen

Star Trek I: Der Film
Star Trek II: Der Zorn des Khan
Star Trek III: Auf der Suche nach Mr. Spock
Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart
Star Trek V: Am Rande des Universums
Star Trek VI: Das unentdeckte Land
Star Trek VII: Generationen
Star Trek VIII: Der erste Kontakt
Star Trek IX: Der Aufstand
Star Trek X:Nemesis
Star Trek XI: Star Trek (2009)
Star Trek XII: Into Darkness

*In dieser Rezension fiel nicht einmal der Name Lursas.

8 Kommentare:

  1. ""Treffen der Generationen" ist eins vom meinen totalen Lieblingsbüchern! Masud Valtrane taucht übrigens im Buch "Der Coup der Prometaner" nochmal auf. Das musst du unbedingt auch nich lesen! Hast du das?

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  2. Juhu!! Ich bin der 1701te Besucher!!

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  3. Hi, nach der Lektüre dieser sehr aufschlussreichen Kritik habe ich mich entschlossen, das Buch über eBay zu bestellen. Eigentlich bin ich nicht so der Fan von Film-Umsetzungen, doch die etwas genauer ausgeleuchtete Geschichte hat mich dann doch gereizt. :)

    Jetzt hab ichs gelesen und bin etwas überrascht, da es nicht annähernd so gut war, wie ich erhofft hatte. dann fiel mir auf, das sich auf dem Cover, oberhalb des Star Trek Schriftzuges in Gelb der Hinweis auf ein "Starfleet-Kadetten" Roman befindet. Ist Ihnen bekannt, ob es vom "Generationen" Roman zwei Version gibt? Ich denke, dass die version die ich gelesen habe, durch den Schreibstil und den geringen Umfang eher auf jüngere Leser ausgerichtet ist.


    Beste Grüße und ein großes Lob an diesen Blog! :)

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  4. Hallo,

    Leider muss ich gestehen, dass es tatsächlich zwei Versionen dieses Buches gibt: Einmal die direkte Novellisation aus der Feder J.M. Dillards (ca. 250 seiten) und dann auch noch den ersten Band der Starfleet-Kadetten-Reihe von John Vornholt (ca. 120 Seiten).
    Letztere Variante ist eine sehr stark zusammengekürzte Version der Geschichte und in der Tat für ein jüngeres Publikum konzipiert. Mir selbst war dies, als ich diese Rezension schrieb, tragischerweise noch nicht bekannt, sonst hätte ich den Umstand sicherlich erwähnt. Allerdings hat meine geschätze Kollegin Ameise zu diesem Buch der Kadettenreihe eine Rezension in ihrem Repertoire:

    http://st-rezi.blogspot.com/search/label/Star%20Trek%20%207

    Ich hoffe, dass der Erwerb der apgespeckten Version kein allzu großer finanzieller Verlust war und bedanke mich fürs Lob!

    Mit freundlichen Grüßen

    Turon47

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  5. "Geschätzte Kollegin" - *rotwerd* danke sehr!

    Ich selbst wusste lange Zeit auch nicht, dass es von "Generationen" zwei verschiedene Versionen gibt, bis ich eines Tages die Kadettenversion als kostenlose Zugabe bei Tauschticket bekam. Wahrscheinlich wollte es die Vorbesitzerin loswerden, was ich ihr nicht verübeln kann. Es stimmt schon: das Lesen der "Leichtversion" lohnt sich nur, wenn man unbedingt ALLE Star Trek-Romane lesen möchte, ansonsten kann ich jedem nur raten, die "Vollversion" von J.M. Dillard zu lesen. Bei eBay sollte man aber problemlos die normale Ausgabe zum selben Preis (ca. 2 Euro) wie die Kadettenversion erhalten können.

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  6. Hallo nochmals :)

    Die Version für "Erwachsene" lag heute schon flux im Postkasten, habe schon ein wenig reingeblättert und das schau alles schon ganz anders aus. ;)

    @Ameise: Ist der Wahnsinn, die meisten Bücher kann man sich inzwischen bei eBay für einen € schiessen... früher konnte ich mir die Dinger kaum vom Taschengeld leisten....^^

    Kennt eigentlich irgendjemand hier das m. M. nach hervorragende Buch "Spocks Welt" von Diane Duane? Eine sehr epische Story auf zwei Ebenen, einmal zur TOS Movie Zeit, wo man sich auf Vulkan mit Austrittsgedanken aus der Föderation trägt und einmal wird parallel dazu die wirklich komplette Historie von Vulkan beschrieben. Ich meine sogar von der Entstehung des Planeten bis zu den ersten Stämmen, Auseinanderbrechen zu Vulkaniern und Romulanern, Surak usw... Natürlich ist der Vulkan History aus heutiger Sicht ein einziger Anachronismus, grad alles was um Surak handelt, aber wenn man sich drauf einlässt bekommt man eine der rundesten Storys präsentiert.


    Vielleicht kann ich turon47 ja zur Lektüre dieses Buches inspirieren? ;) Meinerseits eine klare Leseempfehlung!


    Beste Grüße!

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  7. Moin,

    Es freut mich natürlich, dass das 'echte' Buch angekommen ist und natürlich, dass die Kosten so überschaubar sind.
    Selbstverständlich befindet sich auch "Spocks Welt" in meinem Bücherschrank - sogar in der luxeriösen Hardcoverausgabe von Weltbild.
    Auf meine Liste hab ich das Werk bereits gesetzt und ich werd dann gleich als nächstes damit anfangen.

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  8. "Spocks Welt" steht bei mir auch noch ungelesen im Regal (natürlich nur als schlichte Taschenbuchausgabe! ^^) Bis jetzt habe ich nur Positives über das Buch gelesen, deshalb möchte ich es mir noch ein bisschen aufheben, um nicht alle "Perlen" zuerst zu lesen... ;-)

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