Dienstag, 20. August 2013

Schwarzes Feuer

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Buchbesprechung Cooper, Sonni: Schwarzes Feuer. Heyne, 1982/1986.

Story: Die USS Enterprise NCC-1701 wird zur Zielscheibe eines terroristischen Anschlags. Bei der verheerenden Explosion auf der Hauptbrücke des Schiffes sterben mehrere Crewmitglieder, während andere – unter ihnen der Captain James Tiberius Kirk – lebensgefährlich verletzt werden. Obwohl auch der erste Offizier Spock schwere Verletzungen davontrug, begibt er sich trotz aller Schmerzen umgehend auf die Suche nach dem Täter.
Da ihm die Hilfe der Sternenflotte in dieser Angelegenheit versagt bleibt, greift der Halbvulkanier zu drastischen Mitteln, die sogar soweit reichen, dass er zusammen mit dem Chefingenieur Montgomery Scott ein Föderationsschiff entwendet, um die Herkunft des mysteriösen Bombenlegers zu ergründen. Doch an den Zielkoordinaten angelangt, treffen die beiden Offiziere zu ihrer großen Überraschung auf Delegationen der Romulaner und Klingonen, deren Streitkräfte ebenfalls Ziel von heimtückischen Sprengstoffattacken wurden. Als man sich nach einigen anfänglichen Verständigungsschwierigkeiten endlich auf eine Zusammenarbeit einigt, geraten die drei Fraktionen auch schon in Gefangenschaft. Das kriegerische Volk der Tomarii hatte diesen Hinterhalt ausgelegt, um mehr über ihre Feinde in spe zu erfahren und versklavt die ungleichen Bündnispartner, um deren Fähigkeiten im Kampf aus der Nähe betrachten zu können. Was niemand ahnt: Spock leidet noch immer an den Nachwirkungen der Explosion und steht kurz vor dem physischen Kollaps. Dennoch ist die langanhaltende Versklavung nur ein Zwischenstopp in einer Odyssee, die den Wissenschaftsoffizier letztendlich bis in die romulanische Heimatwelt Romulus treibt...

Lobenswerte Aspekte: "Schwarzes Feuer" ist nicht irgendeines dieser älteren Werke, das sich widerstandslos in die Reihe beliebiger Star-Trek-Romane schieben ließe, wo es im Regal versteckt als ein Buch unter vielen den Staub des Vergessens ansetzt.
Nein, "Schwarzes Feuer" war einer der ersten kommerziell erfolgreichen Star-Trek-Literatur-Vertreter, der es sogar in einige Bestsellerlisten schaffte. Es ebnete den Weg für spätere Publikationen, ging über eine Million Mal allein in den Vereinigten Staaten über den Ladentisch und wurde darüber hinaus auch in deutscher und italienischer Sprache veröffentlicht. Wie konnte dem Werk ein so großer Sprung gelingen?
Vieles hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass dieses Werk nicht von einem allzu professionellen Schreiberling verfasst wurde, sondern die Fleißarbeit eines Fans ist. Wie man in der Einleitung aus der Feder ihres "Mentors und geliebten Freundes" (vgl. S. 5) Ted Sturgeon lesen kann, ist Sonni Cooper eine Frau mit vielen Talenten: Sie schrieb ein Werk über die Lebensumstände der Pueblo-Indianer, war tief in der amerikanischen Star-Trek-Fanszene verwurzelt und stieg sogar bis zur persönlichen Assistenten eben jenes William Shatners auf, der in ihrer Lieblingsserie mit der Darstellung James Kirks unsterblich wurde. Noch heute weist ihre Website sie als Künstlerin aus, die in der Ziegelmetropole Santa Fé eine Bleibe gefunden hat.
Ob dieses Hintergrundes verwundert es wohl nur wenig, dass Cooper munter Querbezüge zur von ihr geliebten Originalserie herstellt (vgl. z.B. S. 13, S. 161, oder S. 219f.). Bemerkenswerter hingegen ist, dass sie sich die Mühe macht, Lücken auszufüllen, die gerade den Anhängern der Serie ob ihrer Kontinuität als besonders wichtig erscheinen müssen. So markiert dieses Werk den Punkt, an dem Chekov endlich zum Lieutenant aufsteigt (vgl. S. 102) oder die Crew der Enterprise in jene engen Uniformen gezwängt wird, die man aus dem ersten Kinofilm kennt (vgl. S. 101).
Darüber hinaus beweist Cooper eine erstaunliche Voraussicht, denn sowohl die Möglichkeit, die Untertassensektion abkoppeln zu können (vgl. S. 19), als auch Spocks romulanophile Anwandlungen (vgl. z.B. S. 185, S. 193 oder S. 218) etablierten sich erst ab 1987 einen offiziellen Charakter, als mit den beiden (drei, bzw. vier) Folgen "Der Mächtige" und "Wiedervereinigung?" als offizieller Kanon.
Ihre Anhängerschaft wird aber auch in einem Punkt deutlich, der vielen professionellen Autoren oft verschlossen bleibt. Viel besser als manch anderem Urheber gelingt es Cooper, der man durchaus eine Vorstellung des abgeschlossenen Kosmos, den die Menschheit im Star-Trek-Universum bildet, attestieren kann, kleinere Details einzuflechten, die anderen Fans das Bauchfell pinseln.
Denn wer sonst macht sich schon die Mühe, darauf zu achten, dass Spock aufgrund seines Äußeren nicht mit seinen Föderationskameraden interniert wird, sondern mit seinen romulanischen Widersachern (vgl. S. 52)?
Wer sonst ließe zu, dass ein Romulaner widerstandslos der Logik eines Vulkaniers folgen kann (vgl. S. 91)?
Und wem gelingt es besser als einem Fan nachzuvollziehen, dass Captain Kirk mit dem völlig neuen Design seines Schiffes so seine Probleme haben könnte (vgl. 98ff.)?
Vielleicht sollten mehr Bücher von echten Fans geschrieben werden...

Kritikwürdige Aspekte: Falls man einen Grund suchen sollte, warum man einem Fan das Verfassen offizieller Star-Trek-Literatur verwehren sollte, so findet er in diesem Werk ein stichhaltiges Argument.
Deutlich wird die fehlende Professionalität der Autorin in erster Linie in der Handlung. Knackpunkt darin ist die überambitionierte Fülle, denn auf den lediglich 283 Seiten ist ein Inhalt konzentriert, der eine gesamte Staffel, wenn nicht gar eigenständige Serie ausfüllen könnte. Dem Leser ist es bei der Lektüre allerdings nicht gestattet, an besonderen Szenen auch nur kurz innezuhalten, denn der Story-Bogen galoppiert in atemberaubendem Tempo voran, ohne auf lästige Unannehmlichkeiten wie Charaktermomente, ausgiebige Dialoge oder gar eindringliche Beschreibungen sonderlich viel Rücksicht zu nehmen. Die kurzen Kapitel folgen im Laufe der Seiten immer mehr einem gewissen Telegramm-Stil, der heutiger Twitter-Nutzung alle Ehre gereichen würde. Es verwundert jedenfalls am Ende nicht sonderlich, dass die ursprüngliche Fassung dieses Werkes vom Verlag als ungeeignet für eine Publikation befunden wurde (vgl. S. 7), denn auch in dieser überarbeiteten Version haben sich noch genug Anhaltspunkte für eine solche Bewertung erhalten. Die hohen Verkaufszahlen beweisen daher vor allem zwei Dinge: Star-Trek-Fans kaufen wirklich jeden Mist und die Lese- und Schreibkultur der Achtziger unterschied sich anno dazumal noch sehr stark von den heutigen.
Einen weiteren zentraler Angelpunkt bildet einer der unglaubwürdigsten Gegner der bislang zu einer Supermacht aufgebauscht wurde: Die Tomarii.
In ihrer Beschreibung erinnern die Wesen an eine wild gewordene Mischung aus "Captain Caveman", Tribbles und den Ewoks. Ihren Technologiestand findet man entgegen jeglicher Vernunft irgendwo zwischen Feuersteinspeerspitze und Materie-Antimaterie-Antrieb gleichzeitig angesiedelt, wobei ihr Vermehrungstrieb Kaninchen alle Ehre machen würde. Sich Spock und Scott unter dieser Spezies-Parodie versklavt oder einen großen Teil des Universums von ihnen unterworfen vorzustellen (immerhin angeblich ein stolzes Achtel der gesamten Milchstraßen-Galaxie, vgl. S. 79), fällt bei aller wohlwollenden Fantasie wirklich nicht leicht.
Zu viel Vorstellungskraft floss wohl auch bei der Konzeption der einzelnen Figuren, denn mit den allseits bekannten Helden der Mattscheibe haben die Beschreibungen oft nur wenig gemein.
Das lässt sich besonders gut am Wissenschaftsoffizier, Verräter und Renegaten Spock festmachen.
Plötzlich offenbaren sich an ihm nämlich Seiten, die der altgediente Fersehzuschauer so noch gar nicht kennt. Erschreckend unlogisch (vgl. die völlig auf Indizien beruhende 'Beweisführung' des Halbvulkaniers S. 36ff.), unangenehm bockig (vgl. 154ff.) und sogar auf den Spuren Casanovas wandelnd kommt der Wissenschaftsoffizier daher: Nicht weniger als drei verschiedene Frauen verfallen dem emotionsarmen Spitzohr im Zuge der nicht einmal dreihundert Seiten (vgl. S. 78, S. 93 und S. 204ff.). Oder dienten diese Weibsbilder nur als Projektionsfläche eines fantasiebegabten Fans?


Spocks Sonderstellung bedeutet jedoch nicht, dass auch andere Figuren von fragwürdigen Charakterzügen ausgenommen wären.
Der Chefingenieur Scotty zeigt überaus deutliche wie alarmierende Anzeichen von Alkoholsucht (vgl. z.. S. 26, S. 71, S. 74 u.v.m.), der eigentlich souveräne Captain Kirk spielt sich zuweilen widerlich autoritär auf (vgl. z.B. S. 98f., S. 111f., S. 149 u.v.m.) und die Spock-Vertretung Leonidas präsentiert sich als bestenfalls Abziehbild eines Klischee-Griechen (vgl. S. 116f.).
Doch nichts erreicht in puncto Schrecken die Handlung, denn abgesehen von der ausufernden Informationsdichte, dem fehlenden Feinschliff und einem wenig eleganten Schreibstil bietet sie auch nur wenig Schlüssiges. Abgesehen von der unglaubwürdigen Odyssee Spocks sind es kleinere Details wie der erste Fluchtversuch, der so unfassbar einfach ist und leicht von der Hand geht, dass es schon der geballten Inkompetenz aller Beteiligten bedarf, um ihn tatsächlich noch zu versauen (S. 83ff.). Auch nach mehrmaligen Lesen lässt sich das Ereignis nicht erschließen und was die Autorin mit dieser Szene bezweckte, wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Dass sich schließlich sämtliche Aktionen des vermeintlichen Renegaten auf den letzten Seiten als Geheimdienstaktion entpuppen (vgl. S. 279), versprüht schließlich in etwa den Charme und die Originalität des neunten Dallas-Staffel-Finales.
Aber auch der Planet, von dem die versklavten Protagonisten zu entfliehen versuchen, vermag es trotz einer interessanten Grundidee nicht, den Leser zu überzeugen. In der Art der Beschreibung merkt man nämlich sehr deutlich, dass Cooper das Weltall sehr zweidimensional betrachtet (vgl. S. 126ff), doch die Tatsache, dass sie auf der einen Seite betont, dass diese Konstellation etwas ganz besonders Außergewöhnliches sei (vgl. S. 133), nur um im späteren Textverlauf einen weiteren, beinahe identisch gelegenen Planeten aus dem Hut zu zaubern (vgl. S. 192), schmälert die Glaubwürdigkeit der ohnehin reichlich abstrusen Geschichte noch weiter. Von technischen Fragen, die zum Beispiel die Verwendung von Warpgondeln (vgl. S. 268), die Nutzung von mysteriösen Fesselstrahlen (vgl. S. 50) oder gar von "Bandaufzeichnungen" (S. 27),  "Ausdrucken" (vgl. S. 104), "Kassetten" (vgl. S. 106 oder S. 112), ""Tonbändern" (vgl. S. 112) beziehungsweise "Computerkassetten" (S. 113 oder S. 189) betreffen, sollte man an dieser Stelle besser gar nicht erst anfangen zu reden...

Übersetzung: Da ein schlechtes Buch ohne eine schlechte Übersetzung ein zu krasser Stilbruch wäre, hat sich die Heyne-Übersetzer-Maschinerie mit Hans Maeter am Kontrollpult so richtig ins Zeug geworfen, um dieser ungewöhnlichen Herausforderung gerecht zu werden.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die üblichen Heyne-Begrifflichkeiten wie "Sterndatum" (S. 100), "Klaxon" (S. 232) oder "Terraner" (S. 40) lassen sich genauso finden wie englisch belassene Vokabel der Sorte "Starfleet" (ab S. 18), "Starship" (ab S. 18) oder "Captain's Log" (S. 100). Hinzu kommen zwitterhafte Mischformen á la "Star Fleet" (S. 23), "Sun Falkon" (S. 220) oder "Starship-Kommandanten" (S. 100), die in den Text hineingeschludert wurden. Es lassen sich ferner auch Bezeichnungen finden, die mit der deutschen Synchronisation keinerlei Schnittmenge haben, so dass man statt "Außenhülle", "Ultraschalldusche" oder "Krankenstation" eben etwas ungelenk als "äußere Schale" (S. 13), "sonische Dusche" (S. 26) oder "Bordlazarett" (S. 13) ins Deutsche übertrug. Abweichende Schreibweisen von "die Base" (S. 39) und "Raketenbasis" (S. 59), "maximum Warp" (S. 115) und "Maximum-Warp" (S. 119) oder "nicht-terranen" (S. 20) und "terranischen" (S. 37) ersticken ohnehin jeden Anflug von Einheitlichkeit, zumal die Verwendung von "medizinisches Team" (statt 'Medo-Team', S. 13), "Medi-Scanner" (S. 19) oder gar "deaktivierte" (S. 270!) darauf schließen lässt, dass die damaligen Heyne-Sprech-Vokabeln noch nicht jedem Mitarbeiter bekannt waren.
Neben Zeichenfehlern (vgl. S. 100 oder S. 101) lassen sich vergleichsweise viele Flüchtigkeitsfehler finden, in denen etwa "Invertur " statt "Inventur" (vgl. S. 198) "Kamp" statt "Kampf" (vgl. S. 147) oder "Geistestrainig" statt "Geistestraining" (vgl. S. 79) auftauchen (u.v.m.). Fragloser Höhepunkt ist sicherlich jener "massierter Angriff" (S. 251), dem Kirk mit unverständlichem Grausen entgegensieht.
Ansonsten lassen sich Fehler bei Star-Trek-spezifischen Termini wie "Tri-Tox" statt "Tri-Ox" (vgl. S. 144) hingegen seltener finden (wenn man von Begriffen der Synchronisation einmal absieht).
Vielleicht sollte auch deswegen an dieser Stelle einmal ein kleines bisschen Nachsicht geübt werden, denn wie man an der Verwendung von "T-negatives Blut" (S. 13) erkennen kann, ist es nicht immer ratsam, sklavisch auf die Synchronisation zu pochen, die ihrerseits ja auch so manchen Schundluder betrieb. Vielleicht sollte man manchmal (abseits aller sicherlich gerechtfertigten Kritik) auch mal Dankbarkeit dafür formulieren, dass es hier immerhin "Warp drei" und nicht "SOL drei" heißt (vgl. S. 115).

Anachronismen: Für wahre Fans ist es eine Ehrensache, seine eigenen Ausführungen nicht durch Anachronismen zu ruinieren. Von daher kann man Cooper für die überschaubare Anzahl an Kanonbrüchen kaum verantwortlich machen, denn diese Ungereimtheiten entstanden allesamt erst nach dem Erscheinen dieses Buches.
Zum Beispiel den Gebrauch von Geldmitteln unter den Menschen (vgl. S. 205).
Gene Roddenberrys sozialistische Anwandlungen manifestierten sich erst ab dem vierten Kinofilm, der jedoch erst vier Jahre nach Erscheinen von "Schwarzes Feuer" in den US-amerikanischen Kinos anlief. Frühe Bezüge auf Finanzen gab es allerdings in Episoden wie "Stunde der Erkenntnis", "Kennen Sie Tribbles?" oder in der TAS-Folge "Der Überlebende" noch zuhauf.
Zum Beispiel den angeblich nicht vorhandenen Bruder Spocks (vgl. S. 201). Cooper konnte natürlich nicht ahnen, dass ihr früherer Arbeitgeber William Shatner einen Star-Trek-Film zusammenwerkeln würde, der sogar vom Star-Trek-Erfinder Roddenberry als streckenweise akanonisch angesehen wurde und in dem dem halbvulkanischen Ersten Offizier der Enterprise ein vollbärtiger Halbbruder angedichtet wurde.
Zum Beispiel den Umstand, dass Romulaner zu Geistesverschmelzungen in der Lage wären (vgl. 64). Obgleich es bislang auch zu noch keiner endgültigen Verneinung dieses vulkanischen Erbes bei den emontionalen Vettern kam, wäre der Tal Shiar sicherlich schon längst auf die Idee gekommen, sich die Dienste ihrer telepathisch begabten Landsleute zu sichern. Außerdem hätten sie für die Enterprise-Episoden "Babel", "Vereinigt" oder "Die Aenar" auch kaum einen blinden Albino-Andorianer-Piloten benötigt.
Zum Beispiel die Mindesthöhe für Sternenflottenoffiziere, die bei 1,60m liegen soll (vgl. S. 116). Das wäre nicht nur rassistisch, sondern auch ein guter Grund, Personen wie Keenser die Akademietür vor der Nase zuzuschlagen. Von den vielen Besatzungsmitgliedern der USS Titan ganz zu schweigen.
Der einzige Punkt, in dem Cooper wirklich über das Ziel hinausschießt, entsteht mit der Schilderung der Besserungsanstalt, in die Spock nach seiner Verurteilung geschickt wird (vgl. S. 168ff.). Denn obwohl in Folgen wie "Der Zentralnervensystemmanipulator" oder "Wen die Götter zerstören" entsprechende Einrichtungen als außergewöhnlich human dargestellt werden, erinnert dieser Kerker eher an San Quentin, Alcatraz oder gar Rura Penthe.

Fazit: "Schwarzes Feuer" zeigt deutlich auf, wo die Vor- und Nachteile eines Werkes liegen, das nicht von einem professionellen Schreiber der Zunft, sondern einem echten Fan der Originalserie geschrieben wurde (mal abgesehen von Fanfiction, versteht sich). Cooper gelingt es auf der einen Seite, ein waches Auge auf Kontinuitätslinien und den Einhalt der Zeitlinie bis dato richten. Doch die Autorin hat sich andererseits auch etwas zu viel vorgenommen. Die ausufernde Handlung des Romans läuft unkontrolliert aus dem Rahmen wie der sprichwörtliche süße Brei aus seinem Topf. In seinem Lauf bleiben auch Figurenzeichnung, Storykonzeption sowie Technikverständnis auf der Strecke und die schwache deutsche Übersetzung tut ihr Übriges, um diesem Werk einen Platz in den Niederungen der Romanlandschaft zu verschaffen. Es verwundert jedenfalls nicht, dass "Schwarzes Feuer" Sonni Coopers erster und letzter Beitrag zur Star-Trek-Bücherlandschaft blieb.

Denkwürdige Zitate:

"Sie war sehr blond, klein und untersetzt. Sie wirkte fast quadratisch. Wissen Sie, was ich meine? Nicht fett, aber sehr kräftig für ihre Größe."
Hikaru Sulu, S. 25

"Captain, ich erkenne ein klingonisches Schiff, wenn ich es vor mir sehe."
Pavel Chekov, S. 122

"Wenn Sie herausfinden wollen, ob etwas unmöglich ist – versuchen Sie es!"
James T. Kirk, S. 129

"Ich bin Arzt, kein Versicherungsstatistiker."
Dr. Leonard H. McCoy, S. 130

"Scotty, Sie sehen zum Fürchten aus!"
Kirk, S. 147

"Alles, was ich jetzt brauche, ist wieder so eine Trantüte von Ingenieur! Warum gerade ich? Was habe ich verbrochen, um das zu verdienen?"
Kirk, S. 224

"Die Rolle des Frauenlieblings war normalerweise immer die Ihre, Captain."
Spock, S. 252


Bewertung: Überambitionierte Fleißarbeit.

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Dienstag, 13. August 2013

Typhon Pact II: Feuer

Buchbesprechung Martin, Michael A.: Typhon Pact. Bd. II. Feuer. Cross Cult, 2010/2013.

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Story: Was man so alles findet, wenn man im Weltall herumstromert! Die Crew der USS Titan jedenfalls stößt auf eine Reihe von künstlichen Klasse-M-Planeten, die allerdings kein Leben aufweisen. Schnell wird klar, dass es sich kaum um einen Zufall handeln kann. Doch die Sternenflotte ist nicht die einzige Macht, die auf dieses außergewöhnliche Phänomen aufmerksam wird. Bei ihrer Suche nach den Ursprüngen trifft das Schiff unter dem Kommando William T. Rikers auf eine Expeditionsflotte der Gorn, die bereits einen Schritt weiter sind: Sie haben ein antikes Artefakt ausfindig gemacht, das in der Lage ist, planetare Objekte nach Belieben zu verändern.
Doch solch große Macht lässt sich auch immer problemlos als Waffe einsetzen. Dieser Umstand wird der Besatzung des Forschungsschiffes nur allzu deutlich, als sie erkennen muss, dass die verzweifelten Gorn gerade dabei sind, die Wirkung ihrer neuesten Errungenschaft in der Praxis zu testen – an einer bewohnten Welt...

Lobenswerte Aspekte: Nu gugge ma, die Gorn! Wenig bis gar nichts hat der in unseren Breiten beheimatete Star-Trek-Anhänger bislang über die kaltblütigen Reptiloiden erfahren können, die unter der Hand des offiziellen Kanons immerhin als Mittelmacht innerhalb der Einflusssphäre der Föderation gehandelt werden.
In seinem ersten auf deutsch erschienenen Solowerk schafft es Michael A. Martin auch mal ohne die tatkräftige Unterstützung seines Schreiber-Sidekicks Andy Mangels, aus den wenigen zur Verfügung stehenden Informationen eine schlüssige Gesellschaft aus dinosauriergleichen Echsen zusammenzubasteln, deren Komplexität und Glaubwürdigkeit den Leser in den Bann schlägt. Quasi im Vorbeiflug erklärt er, warum die beiden einzigen Real-Serien-Auftritte der Gorn so unterschiedliche Erscheinungsformen der Spezies boten (vgl. S. 11), festigt eine Abneigung der schuppenbewehrten Kreaturen gegen Säugetiere, die bereits in der dritten Staffel "Enterprise" anklang (vgl. S. 79) und kramt eine Reihe von ebenfalls auf Kriechtieren basierenden Föderationsmitgliedern aus, deren Auftritte ansonsten nur auf den Hintergrund einiger Kinofilme beschränkt waren (vgl. S. 163ff.).
Höhepunkt sind allerdings die beinahe lehrbuchartig zusammengetragenen und dazuerfundenen Gorn-Informationen. Angefangen dabei, dass die Spezies über mehr als einen Magen verfügt (vgl. S. 143), über die Gliederung der Gesellschaft in zusammengezüchtete Kasten (vgl. S. 24), bis hin zu Gruselgeschichten für reptiloide Kleinkinder (vgl. S. 145) leuchtet Martin großzügig eine große Menge an dunklen Ecken aus, die dem Fan bis dato verschlossen oder seiner eigenen Fantasie überlassen blieben. Besonders aber die Interpretation einer charakteristischen Gorn-Ausprache allseits bekannter Ausdrücke wie "Borg" (vgl. S. 18), "Kirk" (vgl. S. 20) oder "Metronen" (vgl. S. 116) zeugt deutlich von einer Detailversessenheit, die entscheidend zu einem positiven Gesamtbild beträgt.
Angenehm fällt dabei ferner auf, dass die Gorn trotz aller Abneigungen, Antipathien und Vorurteile erschreckend menschlich bleiben (auch wenn das in diesem Zusammenhang beleidigend klingen mag). Im Endeffekt spiegeln sich bei allen kulturellen Abweichungen in den herpetologischen Betrachtungen Martins auch immer wieder Wesenszüge wider, die wir aus dem eigenen Erfahrungsbereich kennen. So gibt es ebenso Platz für innige Männerfreundschaften (vgl. S. 55ff.) wie für herzerweichende Liebesschnulzen (vgl. S. 438ff.) und Hauptprotagonist S'syrixx entpuppt sich im Endeffekt sogar als so eine Art reptiloider Edward Snowden (vgl. S. 85ff., S. 327 oder S. 456ff.)
Und obgleich sich in letzter Zeit häufige Referenzen auf die einzelnen Star-Trek-Fernsehserien und -Filme (vgl. z.B. S. 44ff., S. 303, S. 335 u.v.m.) längst zum allgemeinen Standard für Star-Trek-Romanautoren gemausert haben, packt Martin noch eine Schippe drauf: Wie man in seiner Danksagung (vgl. S. 477ff.) ausgiebig erfahren kann, bediente er sich Dutzender Quellen und war sich auch nicht zu schade, auch Querbezüge zu den Entwicklungen in anderen Romanreihen zu positionieren (vgl. z.B. S. 34 zum Titan-Vorgänger "Synthese", S. 19 zum TOS-Buch "Das Schlachtschiff" oder S. 159 zum Comic "Die Gorn-Krise"). Direkt schade, dass einige davon, wie etwa "The Dying of the Light" (vgl. S. 19), "A Time to Heal" (vgl. S. 182) oder "Inferno" (vgl. S. 379) bislang noch nicht in deutscher Sprache erschienen sind, während dieses Buch bereits weit in die Föderationszukunft greift.
Immerhin gibt es nach langer Zeit mal wieder ein (Nicht-) Lebenszeichen von Data (vgl. S. 353), vom dem der geneigte Leser von Comics wie "Countdown" ja immerhin schon weiß, dass er wie Phönix aus der Asche wiederauferstehen wird.
Wäre sonst noch etwas zu erwähnen?
Nun, die wundersame Rettung S'syrixx aus dem mörderischen Vakuum des Alls (vgl. S. 123) erinnert ein wenig an "Per Anhalter durch die Galaxis" und die refrainartige Wiederholung von Formulierungen wie "Wir gehen rein und wieder raus, niemand wird verletzt." (S. 97, vgl. außerdem S. 45) lässt an Jonathan Coultons Song "Redshirt" denken.



Kritikwürdige Aspekte: Wann ist ein Mann ein Mann? So fragte Herbert Grönemeyer die Bundesrepublik herausfordernd im Jahre 1984. In diesem Falle könnte man gleichsam plakativ die daran angelehnte Frage stellen:
Wann ist ein Typhon-Pact-Roman ein Typhon-Pact-Roman?
Denn mal ehrlich:
Von eben jenem Bündnis, dass als Gegenentwurf zur Föderation in die Welt gesetzt wurde, erfährt man in diesem Werk herzlich wenig. Der vermeintliche Höhepunkt ist eine ständig wie ein Damoklesschwert über der Handlung schwebende Flotte aus den Schiffen verschiedener Mitglieder (vgl. S. 220ff.), deren Ankunft man als Leser allerdings nicht einmal miterlebt. Da bleibt kein Platz für Konflikte mit Wesen, deren Cleverness die der vergleichsweise schwerfälligen Gorn übersteigt. Trotz der Bedeutung des Artefakts machen sich nicht einmal die Romulaner wie noch in "Der Telepath" die Mühe, den Antrieb eines ihrer Schiffe überzustrapazieren, um der Sternenflotte gegenüber einen taktischen Vorteil zu erlangen – und das obwohl das Terraforming-Artefakt auch eine Lösung für die Zerstörung Romulus' bieten könnte.
Im Vergleich zu "Feuer" verdient also selbst der dritte Destiny-Band "Verlorene Seelen" eher das Prädikat "Typhon Pakt", denn dort kann man immerhin etwas Substanzielles über diese dubiose Allianz erfahren. Den einzigen zusätzlichen Eindruck, den man vom Zusammenschluss der unterschiedlichen Partner in diesem Werk erfahren kann, ist, dass man sich kaum vor diesem neuen Gegner zu fürchten braucht, denn nachdem bereits klar wurde, dass die romulanischen Bündnispartner so eine Art Nordkorea mit Tarnkappenbombern darstellen und die Breen laut "Nullsummenspiel" in ihrer Integrität von FKK-Sektierern bedroht werden, kann man nun erfahren, dass den angeblich so mächtigen Gorn allmählich das Kanonenfutter ausgeht. Und wie bedrohlich eine Militärmacht ohne Armee sein dürfte, kann man sich an einem Finger abzählen.
Nein, dieses Werk ist viel eher ein Titan-Roman mit Gorn-Schwerpunkt. Entsprechend sollte er auch verpackt werden. Wobei das Problem an den Gorn bleibt, dass sie, wie es Christian Humberg im abschließenden Essay unter dem Titel "Too Far Gorn" selbst beschreibt (vgl. S. 481ff.), nur in einer einzigen Folge der klassischen Serie überhaupt einmal näher betrachtet wurden. Entsprechend häufig wird "Ganz neue Dimensionen" auch als Referenzpunkt herangezogen (vgl. S. 116, S. 210, S. 314 u.v.m.), wobei es relativ auffällig zufällig erscheint, dass ein Schiff, das nach dem Captain des Erstkontakts der Gorn mit den Menschen benannt ist (vgl. S. 19), ebenso munter im Geschehen mitmischt, wie ein Nachfahre eben jenes Crewmitgliedes, das anno dazumal die Menschen mit seiner Stimmenimitation hereinlegen konnte (vgl. S. 58).  
Überhaupt fällt es sehr schwer, den verschiedenen Gorn-Charakteren zu folgen. Das liegt allerdings weniger an ihrer Fremdartigkeit oder ihren Wehwehchen, sondern eher darin begründet, dass sie in puncto Figurenmotivation viel zu wenig zu bieten haben. S'syrixx' völlig aus der Luft gegriffener plötzlicher Gottglauben (vgl. S. 346) wird in seiner Unnachvollziehbarkeit nur noch durch den erschreckend häufigen Wechsel seiner Kooperationen und ständigen Insubordinationen übertroffen (vgl. S. 85, S. 201ff., S. 422 u.v.m.). Das wechselhafte Verhalten des Erzbösewichts Gog'resssh (vgl. S. 120f., S. 277, S. 308ff. u.v.m.) kann man nicht einmal mehr mit seiner Verstrahlung rechtfertigen; Captain Krassrr handelt krass inkompetent für jemanden in seiner Position (vgl. S. 148, S. 131ff., S. 299ff.) und Z'shezhira präsentiert sich in der entscheidenden Situation einfach nur unfassbar dämlich (vgl. S. 272). Spätestens ab der Mitte des Buches verliert es dadurch stark an Glaubwürdigkeit, zumal die merkwürdigen Entscheidungen der einzelnen Charaktere zu ebenso merkwürdigen Entwicklungen führen, denen es deutlich an Plausibilität mangelt.
Was aber nicht bedeuten soll, dass lediglich die Gorn die Leidensfähigkeit des Lesers auf die Probe stellen. Aber anstelle der übervorbildlichen Multi-Kulti-Besatzung der USS Titan, die einer meiner Leser nicht ganz zu Unrecht einmal als "Freakshow" bezeichnete, war es in meinen Augen vor allem die Menschen-Frau Christine Vale, die mich besonders störte. Innerhalb dieses Buches nimmt sie nämlich die Position ein, das Geschehen durch vermeintlich witzige (vgl. z.B. S. 445), coole (vgl. z..B. S. 396) oder gar rührselige Sprüche (vgl. z.B. S. 200) zu unterstreichen. Durch diese Dialoganteile verkommt der Posten des ersten Offiziers der Titan immer mehr zu einer Rolle, die dem Helden in Action-Filmen zukommt. Ich für meinen Teil warte nur noch auf ein "Yippieh-Ya-Yeah, Schweinebacke!", wenn die Titan es demnächst mit tellaritischen Separatisten zu tun bekommt.
Der Tiefpunkt war allerdings die völlig absurde Argumentation zur Obersten Direktive (vgl. S. 254ff.). Nur weil ein Volk zur Nutzung von Materie-Antimaterie-Energieerzeugung in der Lage ist, bedeutet das noch lange nicht, dass der Planet sich auch kulturell darauf vorbereitet hat, im Weltall auf fremdes Leben zu stoßen. Nicht umsonst gibt es zu genau dieser Thematik eine TNG-Folge mit dem programmatischen Titel "Der erste Kontakt", die sich der Autor in diesem Zusammenhang besser noch einmal angesehen hätte.
Aber vielleicht ist dieses Versäumnis gar nicht so schlimm, denn es hätte Martin wohl nur dazu animiert, weitere, noch mehr an den Haaren herbeigezogene Rechtfertigungen in sein Werk mitaufzunehmen. Damit hätte er ein ohnehin schon unnötig umfangreiches Buch nur noch weiter gestreckt. Die vielen Längen lassen sich am besten an der Einbindung der Zipf-Verteilungen festmachen (vgl. S. 243ff.), die dem Autoren laut Danksagung besonders am Herzen lag (vgl. S. 478). Die entsprechende Passage hat bei Lichte besehen überhaupt nichts mit dem geschilderten Problem zu tun und liest sich eher wie eine Selbstbeweihräucherung des Autors, der hier dem Leser seinen eigenen Wissensstand unverfroren unter die Nase reibt.
Cross Cult tut schließlich sein Übriges, um den Längen des Werkes Nachdruck zu verleihen. Doch obwohl man sich die überflüssige Crewauflistung (vgl. S. 473ff.) auch getrost hätte sparen können, muss ich zugeben, dass mir Christian Humbergs Erläuterungen zur Konzeptionsgeschichte der Gorn (vgl. S. 481ff) dieses Mal wirklich gut gefielen. Der kurze Abriss war gleichermaßen flott wie unterhaltsam, und auch wenn seine Wortspiele um die Reptilienkrieger vielleicht für einige Geschmäcker zu doof wirken mögen, waren sie in meinen Augen gerade deswegen so sympathisch...

Übersetzung: Viele Köche verderben ja bekanntlich den Brei. Dass es aber auch Ausnahmen von der Regel geben kann, beweisen mit diesem Buch Sabine Elbers und Andrea Bottlinger. Vor allem in Hinblick auf den Umfang des Buches war die Aufteilung sicherlich eine probate Lösung. Besonders die Formulierung "Schiwe sitzen" (vgl. S. 200), die ich mir erst einmal ergooglen musste, fand ich in diesem Zusammenhang eine gelungene Übertragung von "to sit shiva", auch wenn diese jiddische Redewendung heutzutage nicht mehr allzu gebräuchlich sein mag.
Natürlich bedeutet die Zweiteilung längst noch nicht, dass das Buch frei von Fehlern ist. Kleinere Fehler mit Absätzen (vgl. S. 351) oder Kommata (vgl. S. 397) bleiben ebenso wenig aus, wie die Verwendung von "abfeuert" (S. 392), obwohl ein "feuert" völlig ausreichend gewesen wäre. Oder die fragwürdige Verwendung von "damit" (vgl. S. 383). Oder aber auch die Bezeichnung "Materiedisintegrator" (S. 382), die dem deutschsprachigen Verb "desintegrieren" unsinnigerweise die Stirn bietet. Und auch wenn ich ansonsten eigentlich ein Freund umgangssprachlicher Formulierungen bin, fand ich den Rückgriff auf "angepissten" (S. 199) etwas unangemessen.
Seit der zweiten TNG-Folge "Gedankengift" weiß man dank Datas Ausführungen ferner, dass Personen aus einem Schiff oder einer Luftschleuse nicht "hinausgesaugt" (vgl. S. 123), sondern viel eher "hinausgeblasen" werden (zumal im englischen Original ebenfalls von "blast" die Rede ist).
Zudem habe ich immer mehr dass Gefühl, dass sich Cross Cult an Heyne ein schlechtes Beispiel nimmt und sich einen Grundstock an eigenen Begrifflichkeiten aufbaut, die der deutschen Fernsehübersetzung widersprechen. Obwohl die für das Buch maßgeblichen Episode "Ganz neue Dimensionen" Teil einer Serie ist, in der konsequent vom "Fähnrich" statt vom "Ensign" (vgl. z.B. S. 44) gesprochen wird und auch die Trennsegmente auf Raumschiffe statt "Schotten" (vgl. S. 68 und S. 214) meist als "Schotts" bezeichnet werden, stellt sich der Verlag der Synchronisationsrealität tapfer entgegen (die Verwendung von "Datentafel" auf S. 327 statt des "PADD"s kann man hingegen geflissentlich unter den Tisch fallen lassen, sofern sie nicht zur Gewohnheit wird). Aber auch einen anderen Trend finde ich zunehmend bedenklich: Die verstärkte Anglisierung.
Obgleich im Buch durchgängig vom "Typhon-Pakt" gesprochen wird (vgl. z.B. S. 83, S. 118, S. 464 u.v.m.), prangt auf dem Buchcover die Bezeichnung "Typhon Pact", obwohl lautlich kaum Unterschiede bestehen. Wahrscheinlich denkt man sich noch immer, dass englisch belassene Begrifflichkeiten wie "Ensign", "Pact" oder "Moiety" (S. 383) mehr Pepp haben als ihre lahmen deutschen Äquivalente. Warum dann der poetisch-schöne englische Titel "Seize the Fire" zu einem schmucklosen "Feuer" verstümmelt wurde, verschließt sich allerdings meinem Verständnis.
Und wo wir schon dabei sind: Ein Adjektiv namens "gornisch" (S. 97) hat es bei Star Trek bis dato noch nicht gegeben. Nicht, dass ich die Verwendung eines passenden Adjektives per se unangemessen finden würde, doch wenn man zu so einem Schritt bereit ist, sollte man auch ein Adjektiv wie "gnalish" (S. 331 oder S. 422) mit einem zusätzlichen 'c' ausstatten. Oder anders ausgedrückt:
Wer 'gornisch' sagt, muss auch 'gnalisch' sagen!

Anachronismen: Wie zitiert Christian Humberg den Autor Michael A. Martin auf Seite 485 so schön?

"Die Lizenz gehört ihnen, also ist ihre Entscheidung die entscheidende, nicht die des Autors."

Unfreiwillig exemplarisch kann man diesen O-Ton auch auf den offiziellen Kanon anwenden, der Martins Werk erst vor kurzem mit brachialer Gewalt rücksichtslos überrollt hat. Des Steins des Anstoßes ist sich Humberg auf Seite 483 selbst sogar bewusst:

"Ein zweiter Fall interdimensionalen Namedroppings liegt bei STAR TREK INTO DARKNESS vor, J.J. Abrams' zweitem Beitrag zum STAR-TREK-Franchise. In diesem 2013 gestarteten Film, der die Abenteuer der Classic-Besatzung eines weiteren Paralleluniversums schildert, erwähnt Dr. Leonard H. 'Pille' McCoy, er habe bei einer Kaiserschnittgeburt von acht Gorn helfen müssen - 'und diese kleinen Bastarde beißen!'"

Damit wird der entscheidende Anachronismus, der den gesamten Buchinhalt mit sich in den Abgrund reißt, gleich im Buch mitgeliefert.
Denn die achtlos in den Raum geworfene Randbemerkung der fahrlässigen Drehbuchschreiberlinge klassifiziert die Gorn zu einer lebend gebärenden Spezies und für ein Buch, dessen Geschichte vollständig auf der Zerstörung von lebenswichtigen Ei-Ablage-Gründen der Gorn fußt, bedeutet es unweigerlich den Todesstoß. Wozu ein Werk lesen, dessen Inhalt dem offiziellen Kanon widerspricht?
Oft ernte ich Unverständnis dafür, ältere Bücher nach neueren Standards zu bewerten. Aber genau das war einer der Beweggründe zur Eröffnung dieses Blogs. Schließlich ist der offizielle Kanon mehr als nur ein Bewertungsmaßstab (der sich außerdem nicht ohne weiteres von der Hand weisen lässt). Er ist ein Fahrplan für zukünftige Entwicklungen innerhalb der Franchise. Gerade für die vielen detailversessenen Fans (wie mich) bildet er den roten Faden, der die Rahmenbedingungen ganzer Universen festlegt.
Damit befinde ich mich aber auch oft im gleichen Dilemma:
Martins Beschreibungen der Gorn-Brutstätten sind in meinen Augen nämlich viel glaubwürdiger als die gedankenlose Dialogzeile aus dem zwölften Kinofilm. Allein schon die Tatsache, externe Faktoren bei der Nachkommenschaft verschiedener Kasten miteinzuplanen (schon allein Temperaturen können bei manchen Reptilien unseres Planeten über das Geschlecht entscheiden), fand ich vergleichsweise schlüssiger und das Konstrukt, dass Martin darum errichtete, war der beste Grund, das Buch überhaupt zu lesen.
Aber auch wenn das eher meine Wut gegen die absolut unnötige Behauptung in "Into Darkness" verstärkt, behalten Martins eigene Worte ihre Gültigkeit:
Die Lizenz gehört denen, die solchen Unsinn verzapfen, und nicht den ungleich kreativeren Autoren.

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'gornische Überraschungseier'
Fazit: Der erste deutschsprachige Soloroman aus der Feder Michael Martins ist keineswegs ein Typhon-Pact-Roman. Viel eher handelt es sich bei "Feuer" um einen weiteren Titan-Band, in dem einem Mitglied der Anti-Föderation etwas mehr Raum geboten wurde. Doch als ob Martin mit der Figurenmotivation, dem Umfang oder der Nachvollziehbarkeit nicht schon genug Krisenherde zu bewältigen hätte, versetzt ihm der zwölfte Kinofilm den ultimativen Todesstoß. Mit einer einzigen flapsigen Bemerkung über Entbindungspraktiken der Gorn verurteilt die Schreiberriege J.J. Abrams' das Werk zur Bedeutungslosigkeit und stellt damit den einzigen größeren Pluspunkt des Werkes in Abrede. Schade eigentlich!

Denkwürdige Zitate:

"Quäle dich nicht, mein Freund. So ist es nun einmal im Universum, der Prozess ist so alt wie das Leben selbst. Es gibt immer Gewinner und Verlierer. Jäger und Beute. Fressen oder gefressen werden."
"Dann ist Überleben also ein Nullsummenspiel?"
"Meiner Erfahrung nach ist das für gewöhnlich so."
R'rerrgran und S'syrixx, S. 70

"Ich glaube, das Universum hat uns gerade einen dieser sprichwörtlichen 'Hasen in letzter Sekunde' gewährt."
Deanna Troi, S. 99

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"Ich glaube, ich sollte Sie warnen, Captain. Sie zeigen gerade einen Reflex, den ich bei Angehörigen der Sternenflotte schon sehr oft beobachten konnte."
"Was für ein Reflex soll das sein?"
"Der tief verwurzelte reflexartig auftretende Glaube, jeden im Universum retten zu können. Und gleichsam der Irrglaube, es tun zu müssen."
Dr. Shenti Yisec Eres Ree und William T. Riker, S. 198f.

"Ist das Befolgen der Obersten Direktive in diesem Fall nicht ähnlich absurd wie sich über den Natriumgehalt in einer Henkersmahlzeit Gedanken zu machen?"
Evesh, S. 240

"Ich bin empathisch, Chris. Nicht allwissend."
Troi, S. 325

"Bringen Sie mich zu Ihrem Anführer."
Christine Vale, S. 330

Bewertung: Jüngstes Opfer des offiziellen Kanons.

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Weiterführende Leseliste:

Typhon Pact 01: Nullsummenspiel
Typhon Pact 02: Feuer

Montag, 5. August 2013

Mission Gamma III: Kathedrale

Buchbesprechung Mangels, Andy; Martin, Michael A.: Mission Gamma III. Kathedrale. Cross Cult,  2002/2011.

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Story: Bajor und seine Außenstelle Deep Space 9 putzen sich für den anstehenden Föderationsbeitritt heraus. Doch während die Bajoraner froh und glücklich ob des anstehenden politischen Großereignisses wirken, brodelt es unter der nationalen Oberfläche. Das bajoranische Glaubenssystem sieht nämlich nicht nur einer lähmenden Kai-Wahl entgegen, sondern muss sich auch mit religiösen Spaltern herumschlagen, die nach der Veröffentlichung des Buches 'Ohalu' massenhaft die Gesellschaft durchdringen. Doch während der Großteil der Reformierten längst Schlüsselpositionen innerhalb von Militär, Politik und Religion besetzt hat, findet sich Kira Nerys als Urheberin dieser Entwicklungen noch immer isoliert in ihrem eigenen Volk wieder. Verschärft wird die Situation zusätzlich durch die ständigen Sticheleien ihres ehemaligen Geliebten und amtierenden Premierministers Shakaar Edon und den ständigen Anwerbeversuchen seitens der Ohalu-Jünger. Ihre ohnehin wacklige Stellung als Stationskommandantin erfährt innerhalb dieser Wirren ernsthafte Belastungsproben.
Derweil entdecken Besatzungsmitglieder der USS Defiant auf ihrer Erkundungsmission im Gamma-Quadranten ein interdimensionales Gebilde mit ungeheuerlichen Ausmaßen. Es wird von zwei verschiedenen Spezies beansprucht, die zwar mit primitiven Waffen, aber mit fanatischem Eifer um das Objekt kämpfen. Das Schiff unter dem Kommando Elias Vaughns gerät zwischen diese Frontlinien, als klar wird, dass das fremde Objekt die Verantwortung dafür trägt, dass Ezri ihren Symbionten abstößt, Julian Bashir zu einem Dummkopf mutiert und Nog plötzlich das verloren geglaubte Bein nachwächst. Als die drei auch noch beginnen, unkontrolliert zwischen verschiedenen parallelen Universen zu springen ist es an Vaughn, das Leben seiner Offiziere durch einen beherzten Vorstoß zurück zum schwer bewachten Objekt zu wagen....

Lobenswerte Aspekte: "All religion has to have its way" bemerkten dereinst drei Barden namens David Crosby, Stephen Stills und Graham Nash in ihrem überraschenderweise gleichnamigen Song "Cathedral" recht treffend (das Buch erschien im englischen Original ebenfalls unter dem Titel "Cathedral").



Aus genau diesem Grunde tritt die Handlung wohl einmal rasch beiseite, als der aufmerksame Leser Zeuge der größten Kirchenspaltung der bajoranischen Geschichte wird. Kira Nerys mutiert zu einem Martin Luther wider Willen, als ihre den fünfundneunzig Thesen entsprechende Veröffentlichung der Schriften Ohalus endlich die Massen ihrer Heimatwelt erreicht um zur materiellen Gewalt zu werden. Die Erwähnung der bereits aus "Ein Stich zur rechten Zeit" bekannten cardassianischen Sektierer-Religion der Orelianer (vgl. S. 184ff.) kann als netter Zug interreligiöser Verständigung auf unserem eigenen Planeten interpretiert werden, zumal sich auch auf der vertrauten Erde größere Religionen wie Christentum, Islam oder Judentum trotz inniger Feindschaft auf gemeinsame Wurzeln zurückführen lassen.
Das bleibt aber nicht der einzige Querbezug in die Wissenswelt des Rezipienten. Mangels und Martin zitieren aus den verschiedenen Star-Trek-Serien und -Filmen wie zwei Sonntagsprediger aus der Bibel: Hier wird ein Gleichnis aus der Fernsehserie Deep Space Nine bemüht (vgl. z.B. S. 45, S. 50 oder S. 119), dort die Stammmutterschaft der Heiligen Hoshi Sankt Sato für die Translationswissenschaften herangezogen (vgl. S. 148) und schließlich sogar einer jener klassischen Vergleiche Star Treks bemüht, der den hohen Standards der allgemeinen Verständlichkeit problemlos genügt (vgl. S. 76f.). Aber auch Referenzen an die Nerd-Ikonen der verschrobenen Leserschaft fehlen keineswegs. So finden selbst MC Escher (vgl. S. 36) oder Carl Sagan (vgl. S. 63) wohlverdiente Erwähnung, die wohl nur Weird Al Yankovics Geek-Hymne "White and Nerdy" toppen kann. 
Aber selbst der Bezug auf das aus Voyager hinlänglich bekannte Erden-Genie Leonardo da Vinci (vgl. S. 117ff.) ist mit Bedacht gewählt und clever positioniert – sie passt gleichermaßen zur Vita und dem Selbstverständnis des genetisch aufgewerteten Stationsmediziners Julian Bashir.
Überhaupt ist das der größte Pluspunkt dieses Werkes: Die Tilgung weißer Flecken auf den biografischen Landkarten der einzelnen Charaktere dient dabei allerdings nicht nur dem Blick zurück, sondern auch dem nach vorn. Sämtliche Figuren reifen im Verlaufe der in äußerst flüssigem Stil gehaltenen Seiten und verleihen der Buch gewordenen Staffel Acht der Fernsehserie 'Deep Space Nine' eine Daseinsberechtigung, die über das sture Nacherzählen bekannter (und damit langweiliger) Routinen hinausreicht.
Eine der spannendsten Ideen bildet schließlich die Rückentwicklung, der sich Bashir, Dax, Ezri und Nog stellen müssen. Eine vielversprechende Wendung, die mal wieder tatkräftig unter Beweis stellt, was bereits im Vorgänger angerissen wurde: Die letzte Grenze ist eben nicht das weite All, sondern der Mensch und seine Fähigkeit, auf Veränderungen angemessen zu reagieren.

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Kritikwürdige Aspekte: "Open up the gates of the church and let me out of here!" beschwören erwähnte Barden Crosby, Stills und Nash ihre Zuhörer eindringlich in ihrem Song "Cathedral" und auch das kann man problemlos auf dieses Buch anwenden.
Besonders die religiöse Komponente, die vielleicht noch die amerikanische Lebenswirklichkeit treffen mag, bleibt dem europäischen Leser vergleichsweise verschlossen. Mehr als einmal wünscht man sich den Star-Trek-Urvater Gene Roddenberry herbei, auf dass er mahnend seinen atheistischen Zeigefinger gegen diesen Unsinn erhebe. Die Selbstfindungsversuche münden nämlich in einem unsagbar peinlichen Brückendialog mit Fremdschämfaktor, den ich mir beim Besten Willen zuvor nicht im Star-Trek-Universum vorstellen konnte (vgl. S. 365ff.).
Aber damit nicht genug, denn die gesamte bajoranische Glaubensgemeinschaft ist so offensichtlich an die katholische Kirche angelehnt, dass die Autoren im sechzehnten Jahrhundert sicherlich noch öffentlich als Ketzer verbrannt worden wären, weil sie auf infame Art und Weise die göttliche Ordnung verballhornten. Ihre Querverbindungen zum großen (bajoranischen) Schisma, zu Predigten (vgl. S. 277) oder gar Konklaven (vgl. S. 239ff.) sind für selbst für Science-Fiction-Verhältnisse viel zu durchschaubar-plump, zumal die Ökumene mit den cardassianischen Lutheranern (vgl. S. 331ff.) dem Ganzen sicherlich noch die Krone aufsetzt.
Zugegebenerweise war ich nie ein Freund der pseudo-religiösen Komponente der Fernsehserie 'Deep Space Nine', doch hätte ich damals schon gewusst, in welche Bresche spätere Bücher wie dieses schlagen würden, hätte ich anno dazumal versöhnlichere Töne angeschlagen. Also nochmal zum Mitschreiben: Religion hat in Star Trek nichts zu suchen! Außer natürlich, sie wird wie in "Der Tempel des Apoll", "Die Stunde der Erkenntnis" oder "Der Gott der Mintakaner" als Irrweg ausgeschildert.



Auch der unsagbar "kreative" Moment, in dem Bajor sämtliche Drehkörper auf einmal zurückgegeben wurden, war ein Armutszeugnis der Erzählkunst. Es gräbt nicht nur kommenden Romanen das Wasser ab, sondern ist bei Lichte besehen eigentlich ein alter Hut. Spontane Rückgaben verloren geglaubter Drehkörper gab es nämlich schon in der Episode "Das Motiv der Propheten" und dem Auftakt-Roman dieser Serie "Offenbarung, Buch I".
Aber hey!
Was soll's?!
Immerhin ist der Seifenopercharakter der Serie ja treffend eingearbeitet worden!
Tatsächlich sogar soweit, dass dieses Buch das erste in dieser Reihe war, in dem mich die Geschehnisse des Alpha-Quadranten mehr interessierten, als die im Gamma-Quadranten, nach dem selbige Erzählriege ("Mission Gamma") ja eigentlich benannt wurde. Das lag allerdings weniger daran, dass das Geschehen auf Deep Space 9 spannender gewesen wäre, sondern war eher darin begründet, dass der Handlungsbogen in "Kathedrale" so ziemlich das langweiligste Stück Story war, dass mir jemals untergekommen ist.
Da ist ein Objekt, das Probleme verursacht. Die Probleme werden erkannt und behoben. Dazwischen ein wenig "Pew! Pew!" und fertig ist eine gesamte Geschichte.
Von wegen!
Bedenkt man nämlich die erschreckend hohe Seitenzahl, auf der sich diese breit geschilderte Belanglosigkeit zutrug, kann man das Martyrium nachvollziehen, dem sich der Leser trotz des flüssigen Stils des dynamischen Schreiber-Duos zu stellen hat. Und auch das Thema Paralleluniversen hat seit Episoden wie "Parallelen", "Ein Parallel-Universum" oder "Temporale Sprünge" längst nicht mehr den Nimbus einer sonderlich kreativen Erzählebene inne.
Das gesamte Konzept krankt also schon seit Beginn. Das kann man auch wunderbar im Titel erkennen, denn die Frage, ob das fremde Objekt nun eine "Kathedrale" oder ein "Anathema" ist (vgl. S. 153), bleibt nämlich nicht der Interpretation des Lesers überlassen, sondern lässt sich bereits im Titel glasklar ablesen.
Alles in allem plätschert das gesamte Buch ereignisarm vor sich hin, ohne dass irgendetwas von Belang passiert. Wirklich spannende Entwicklungen bleiben auf Anspielungen beschränkt (vgl. S. 331) oder werden auf den letzten Seiten angeschnitten (vgl. S. 375f.) und zukünftigen Romanen überlassen. Dazwischen erstreckt sich erzählerische Leere und das Buch erzeugt bestenfalls Vorfreude auf die kommenden Werke. Es empfiehlt sich daher, diesen bloßen Lückenfüller zu übergehen und mit dem letzten Band dieser Reihe fortzufahren.

Übersetzung: Die Mittelmäßigkeit dieses Werkes setzt sich auch in seiner Übersetzung fort. Übersetzer Christian Humberg leistet natürlich in gewohnt gekonnter Manier seinen Beitrag dazu, den guten Stil des Werkes redlich ins Deutsche zu übertragen, doch zuweilen erwächst der Eindruck, er habe über den zu vielen Zeilen mit der Zeit das Interesse an einer gewissenhaften Übertragung verloren. Anders lassen sich einige Trantütigkeiten wie die falsche Schreibweise von "hypyrianischer" (S. 74) oder Sätze wie "Wer wollte den nun schon wieder ihre Zeit für sich beanspruchen?" (S. 83) oder "Also müssen Sie raus aus Stadt, klar?" (S. 216) nicht erklären. Von Fehlern wie vergessenen Fragezeichen (vgl. S. 156), der unnötigen Großschreibung des Adjektives "befleckt" (vgl. z.B. S. 25, S. 126 oder S. 244) oder der Pluralform von "Schott", die wohl nur eine Landratte so bilden kann (vgl. S. 198), ganz zu schweigen.
Als Historiker ist mir besonders die beständig verwendete Formulierung "Stein von Rosette" (vgl. S. 79. S. 150 oder S. 206) übel aufgestoßen. Nicht, dass die Bezeichnung falsch wäre, doch nicht umsonst hat jeder einzelne meiner Altertums-Dozenten das Relikt (wie übrigens im englischen Original auch) als "Stein von Rosetta" bezeichnet – nicht zuletzt, um kindische Wortwitze darüber im Keim zu ersticken.

Anachronismen: Wo soll ich nur anfangen?
Traditionell würden sich die Andorianer anbieten, die mal wieder abweichend von der Darstellung in "Enterprise" präsentiert werden (vgl. S. 87). Aber das ist halb so wild, denn nicht der ohnehin verständliche Fehler ("Enterprise" steckte noch in den Kinderschuhen, als dieses Buch geschrieben wurde) ist das Problem, sondern die vielen Logiklöcher, die die Autoren selbst in ihr Werk rissen.
So passt Bashirs durchgängig geschwollene Ausdrucksweise innerhalb seiner persönlichen Logbucheinträge kaum zu seinem rapide abnehmenden Geisteszustand (vgl. S. 261ff.). Selbst wenn die darauf folgende Aufnahme schon eher den richtigen Ton trifft (vgl. S. 265), muss man festhalten, dass der radikale Sprung zwischen beiden Momentaufnahmen völlig übergangsfrei daherkommt.
Zudem verwundert es, dass Doktor Bashir sich nicht in eben der selben Kathedrale befunden hat, als er in der DS9-Folge "Ferne Stimmen" in seinem eigenen Freud'schen Es gefangen war – immerhin sucht sein Unterbewusstsein in beiden Fällen eine angemessene Erscheinungsform.
Gut, an der Darstellung in der Serie  kann niemand mehr etwas ändern, aber wäre es zumindest nicht logischer gewesen, wenn Bashir da Vincis Vorbild zwar genutzt hätte, doch der Folge entsprechend DS9 zu seiner Kathedrale umfunktioniert hätte? Die gotisch anmutenden Pylonen hätten jedenfalls ins Bild einer klassischen 'Kathedrale' gepasst.
Das alles ist jedoch nichts im Vergleich zum Shuttle Sagan. An ihm messen die Ingenieure der Defiant immerhin die selben Symptome wie bei den Insassen (vgl. S. 79), doch während die Passagiere Groundhopping zwischen den Realitäten veranstalten und zwecks Heilung zur 'Kathedrale' reisen, verbleibt das Schiff nicht nur brav im Shuttlebay, sondern wird am Ende sogar noch aktiv für die Rettung ihrer vorherigen Fahrgäste missbraucht (vgl. S. 354). Das alles passt perfekt ins Bild der dürftig hingeschmierten Gamma-Quadranten-Handlung, entspricht jedoch nicht unbedingt dem, was ein halbwegs auf innere Logik vertrauender Leser von Star-Trek-Romanen verdient.

Fazit: Was nützt die schönste Figurenentwicklung, wenn die Handlung nicht über den Status sanfter Berieselung hinausreicht? Wozu die Mühe, den Roman in den breiten Kanon einzuarbeiten,wenn er nicht einmal einfachsten Ansprüchen an die innere Logik genügt? Warum bemüht man eine wissenschaftliche Erklärung zur Rückentwicklung von Personen, wenn man im Endeffekt alle Seriosität mit religiöser Rhetorik wieder verwäscht?
Solcherlei Fragen müssen sich die Autoren Mangels und Martin gefallen lassen, denn ihr Buch Kathedrale krankt an solcherlei internen Widersprüchen. Besonders aber die Abstinenz erzählwürdiger Ereignisse macht diesen Band zu einem bloßen Lückenfüller, denn man auch getrost auslassen kann.

Denkwürdige Zitate:

"Diese Jugend heutzutage... Hört nur noch Krach und hält das für Musik."
Ezri Dax, S. 34

"Danke, Isaac Newton."
Julian Bashir, S. 44

"Holla, holla! Ich schenke hier nur aus. Das Philosophieren überlasse ich den Leuten, die ihr Latinum bei mir lassen."
Quark, S. 136

"Weiß überhaupt jemand im Gamma-Quadranten, wie man teilt?"
Ezri Dax, S. 233

"Dort, im Herzen der Föderation, ist mangelndes Talent nicht gerade ein großes Problem."
Julian Bashir, S. 260

"Wir können Raumschiffe ans Ende der Galaxis schicken, aber wenn's ums Unkraut geht, sind wir machtlos."
Joseph Sisko, S. 362

Bewertung: Viel Lärm um Nichts.

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Weiterführende Leseliste:

DS9, Staffel 8, Bd. 01: Offenbarung, Buch I
DS9, Staffel 8, Bd. 02: Offenbarung, Buch II
DS9, Staffel 8, Bd. 03: Sektion 31: Der Abgrund
DS9, Staffel 8, Bd. 04: Portale: Dämonen der Luft und Finsternis
DS9, Staffel 8, Bd. 05: Mission Gamma I: Zwielicht
DS9, Staffel 8, Bd. 06: Mission Gamma II: Dieser graue Geist
DS9, Staffel 8, Bd. 07: Mission Gamma III: Kathedrale

Montag, 22. Juli 2013

Die Kinder von Hamlin

Buchbesprechung Carter, Carmen: Die Kinder von Hamlin. Heyne, 1988/ 1990.

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Story: Die USS Enterprise NCC-1701-D ist mit einer mäßig spannenden Aufgabe betraut: Das majestätische Flaggschiff der Sternenflotte soll das Taxi für einen sturen Haufen hinterwäldlerischer Weltraum-Amish zu einem weit entfernten Kolonieplaneten spielen. Doch während dieser Routinemission entdecken die Sensoren des Raumschiffes einen Kampf in den vermeintlich leeren Weiten des benachbarten Sektors. Als sich die Besatzung unter dem Kommando Jean-Luc Picards der Szenerie nähert, muss sie entdecken, dass sich das Sternenflottenschiff USS Ferrel unmittelbar vor seiner Zerstörung befindet. Das gegnerische unbekannte Flugobjekt, ein seltsam anmutendes Gebilde aus schillernden Blasen, kann erst im letzten Moment davon abgebracht werden, das veraltete Schiff der Constellation-Klasse in einen Stück zusammengepressten Weltraumschrott zu verwandeln.
Nachdem es den Rückzug antritt, beginnt die Crew der USS Enterprise damit, die Überlebenden vom arg gebeutelten Sternenflottenkreuzer zu retten.Doch unter den erstaunlich überschaubaren neuen Passagieren befinden sich auch zwei Personen, die von den nur wenig redseligen übrigen Offizieren mit besonderer Abscheu bedacht werden. Schnell wird  Captain Picard bewusst, dass es sich bei Deelor und seiner Assistentin Ruth um Agenten des Sternenflottengeheimdienstes handeln  muss.
Ehe der Kommandant der Enterprise angemessen reagieren kann, übernimmt Deelor die Befehlsgewalt über das Schiff der Galaxy-Klasse. Er zwingt die Besatzung, an der Jagd auf den unbekannten Gegner teilzunehmen, weil er auf eine Beute der ganz besonderen Sorte hofft:
Die vor mhr als fünfzig Jahren auf mysteriöse Art und Weise verschwundenen Kinder einer Bergbaukolonie namens Hamlin...




Lobenswerte Aspekte: "Kann denn nicht einmal jemand  an die Kinder denken?!" Wer ein Buch erwartet hat, das Helen Lovejoys melodramatischer Aufmerksamkeitszuwendung für Heranwachsende teilt, wird eines Besseren belehrt, denn abgesehen von Wesley Crusher, einem mit diesem befreundeten, gleichaltrigen Nachfahren technophober Kartoffelbauern sowie einem zweijährigen Kaspar-Hauser-Waisen spielen Kinder in dem Buch keine wesentliche Rolle. Natürlich nervt der junge Superfähnrich ehrenhalber auch hier, doch im Vergleich zu so mancher TNG-Episode wirkt selbst der Jar Jar Binks des Star-Trek-Universums vergleichsweise sympathisch.
Autorin Carmen Carter, der es bereits mit ihrem Werk "McCoys Träume" gelang, lebhaft unter Beweis zu stellen, dass sie gute Star-Trek-Romane verfassen kann, beschrieb in der Danksagung, dass ihr im Vergleich zwischen beiden Werken in diesem Fall nur drei Monate zur Fertigstellung vergönnt waren (vgl. S. 287). Doch dieser immense Zeitdruck hat dem Buch unglaublich gut getan - es braucht den Vergleich mit ihrem Debüt keineswegs zu scheuen.
"Die Kinder von Hamlin" verfügt über eine vernünftige Kapiteleinteilung (keinesfalls eine Selbstverständlichkeit bei einem so frühen Star-Trek-Buch), spannende und wenig vorhersehbare Entwicklungen (gleichermaßen keine Selbstverständlichkeit bei einem so frühen Star-Trek-Buch) und trifft auch den Großteil der Charaktere zielsicher (ganz bestimmt keine Selbstverständlichkeit bei einem so frühen Star-Trek-Buch). Selbst der Umstand, dass Wesley Crusher hier den Androiden Data trotz dessen höheren Dienstgrades in seinen ausschweifenden Ausführungen abwürgt (vgl. S. 191), wirkt nicht deplatziert, sondern fügt sich nahtlos in die Geschichte eines Running Gags ein, der in ähnlicher Form des Öfteren in der Fernsehserie fiel. 
Die Handlung passt in die erste Staffel; nicht zuletzt, weil sich Carter Mühe gab, die 1988 noch spärlich gesäten Information zu einem großen Ganzen zu verbinden. So fallen mehrere Querbezüge auf Ereignisse innerhalb der ersten Staffel (vgl. z.B. S. 225, S. 40 oder S. 111), auf die Originalserie (vgl. S. 100) oder gar die stiefmütterlich gern unter den Tisch gekehrte Zeichentrickserie (vgl. S. 138). Darüber hinaus offenbart sie kassandrisch anmutende Weitsicht, denn ihre Konzeption des undurchsichtigen Geheimdienstlers Deelor riecht verdächtig nach Sektion 31.
Höhepunkt auch dieses Romans bleibt die fremde Spezies, um die sich die Ereignisse drehen. Die
Choraii sind eben kein Volk, die einem heutzutage gängigen Verständnis von Staatlichkeit entsprechen, sondern verkörpern etwas wirklich Fremdartiges, dass sich nicht so ohne Weiteres mit menschlichem Bewertungsmaßstäben erfassen lässt. Diese erfrischend reizvolle Unvertrautheit setzt sich in Schiffsbau, Wohnsituation und Handelsstruktur fort und auch wenn der ein oder anderen Aspekt an Klassiker wie "Abyss - Abgrund des Todes" oder "Unheimliche Begegnung der dritten Art" denken lässt, bleiben die Choraii selbst nach der letzten Seite ein fortwährendes Mysterium.

Kritikwürdige Aspekte: Nicht nur hierzulande, sondern vor allem auch in den USA erfreut sich die Legende des "Rattenfängers von Hameln" einer großen Beliebtheit. Deutschstämmige Einwanderer brachten die Erzählung an das gegenüberliegende Ufer des den große Teichs, wo sie bis heute bei Schulaufführungen, in Kinderbüchern oder Trickfilmserien regen Zuspruch findet. Nur der für englischsprachige Zungen vergleichsweise sperrige Ortsname 'Hameln' wurde in ein flotteres 'Ham(e)lin' umgewandelt.
Ob der Popularität dieses Themas verwundert es also nicht sonderlich, dass irgendwann einmal jemand darauf gekommen ist, diesen Stoff auch als Grundlage für eine Star-Trek-Geschichte zu adaptieren.
Daher richtet sich mein Vorwurf auch nicht an die Verwendung des Topos', sondern viel eher an der all zu deutlichen Offensichtlichkeit. Immerhin stellt es schon einen immens großen Zufall dar, dass ausgerechnet in einer Kolonie mit dem Namen 'Hamlin' Kinder entführt werden (vgl. S. 56). Um die Wahrscheinlichkeit noch mehr zu strapazieren, nutzt das edelmetallsüchtige Kidnappervolk auch noch ausgerechnet virtuoses Flötenspiel zur Kommunikation (vgl. S. 132). Obgleich sich eine solche literarische Verarbeitung normalerweise problemlos an einen Leser verkaufen lässt, wirkt sie bei einer Science-Fiction-Geschichte im Star-Trek-Universum völlig unangebracht. Immerhin lebt ganz besonders diese Franchise davon, ein idealisiertes, aber dabei doch glaubhaftes Bild der Zukunft zu vermitteln. Dieser allzu offensichtliche Kunstgriff jedoch rüttelt an dieser Glaubwürdigkeit und stellt das Werk damit in einen krassen Gegensatz zu dem, was 'StarTrek' eigentlich ausmacht.
Schließlich möchte man in diesem Universum auch nicht unbedingt von einem Enterprise-Noteinsatz beim Lummer-Planeten lesen, auf dem die Absturzüberlebenden James Button und sein Kompagnon Luke aus den Wrackteilen Schienenfahrzeuge bauen und auf der einzigen, mit zwei markanten Erhebungen ausgestatteten Landmasse ein umfassendes Nahverkehrsnetz aufbauen und damit die Oberste Direktive verletzen (obwohl ich zugeben muss, dass das jetzt irgendwie reizvoller als beabsichtigt klingt).



Ein wenig mehr Subtilität im Umgang mit einem solchen kulturellen Allgemeinplatz hätte dem Star-Trek-Roman schlichtweg besser zu Gesicht gestanden.
Ferner bleibt eine Person von den ansonsten sehr treffend geschilderten Charakteren ausgenommen:
Doktor Beverly Crusher ähnelt in ihrer Anlage zu sehr an ihre Nachfolgerin Doktor Katherine Pulaski.
Der von Diana Muldaur porträtierte Schiffsarzt wurde ihrerseits an einem anderen prominenten Vorbild orientiert:
Doktor Leonard McCoy.
So muss man hier miterleben, wie die Medizinerin erschreckend raubeinig gegenüber Patienten (vgl. z.B. S. 127, S. 165 oder S. 195) und erschreckend schroff gegenüber ihren Kollegen agiert (vgl. z.B. S. 157, S. 163 oder S. 175). Zudem entwickelt sie einen stark von ihrem Wesen abweichenden Hang zu brachialen Flüchen (vgl. S. 135 oder S. 157) und Bibelreferenzen (vgl. z.B. S. 174 oder S. 185), der eher der allseits bekannten Südstaatlermentalität eines bestimmten 'einfachen Landarztes' entsprechen würde und sobald ihr der Satz "Er ist tot." (S. 52) über die Lippen kommt, liest man im Geiste ohnehin schon längst ein "Jim" bzw. "Jean-Luc" mit.

Übersetzung: "Die Kinder von Hameln" – zugegeben, dass klingt trotz der geringen Buchstabenabweichungen gleich einige Nuancen weniger 'cool' als "Die Kinder von Hamlin".
Aber entgleitet damit der deutschen Sprache nicht bereits zum zweiten mal ein verlorenes Kind?
Immerhin handelt es sich um eine mehr als fünfhundert Jahre alte Sage, die ein wesentliches Produkt der hiesigen Kulturlandschaft darstellt. Schon allein aus diesem Grund müsste sich die deutsche Namensherkunft aufzwängen, zumal die Namen der Choraii-Schiffe ohne Rücksicht mit den damit verbundenen Wortspielen auch in unsere Sprache übertragen wurden (vgl. S. 107 und S. 265).
Andererseits umgibt den deutschsprachige Leser damit immerhin auch ein wohlwollender Hauch der Entfremdung, der die Rattenfänger-Thematik weniger offensichtlich ausfallen lässt. Während das Original also mit dem Holzhammer die Handlungsanleihen vorwegnimmt, nötigt das Werk in seiner Übersetzung seinem Rezipienten immerhin etwas Puzzlearbeit ab.
Ich kann daher nicht genau sagen, ob der Titel nun gut oder schlecht gewählt ist. Bei einem vollständig deutschen Titel hätte ich diesen Unterpunkt aber wohl gar nicht erst mitaufgenommen.

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Dafür gibt es an anderen Stellen genug zu kritisieren.
In allerbester Heyne-Tradition wird da eine eigene, von der deutschen Synchronisation unbeeindruckte Neusprech-Version eingeführt, die fremde Wörter (vgl. z.B. "Insignienkommunikator" S. 9, "Diskussegment" S. 22 oder "Galaxis-Klasse" S. 81), unbekannte Anglizismen (vgl. z.B. "Starbase" S. 15, "Starfleet Command"S. 53, oder "Horizon-Injektion" S. 105) und neue Rechtschreibfehler (vgl. z.B. "Förderations-Ingenieure" S. 25, "Sie haben fast einen Monat in Starbase 10 gewartet, […]" S. 63 oder "darn" S. 210) beinhaltet.
Der Verlag dringt dabei in grammatische Untiefen vor, die kaum ein Mensch zuvor für möglich gehalten hat:
Wie oft kann man den fürchterlichen Begriff "desaktivieren" wohl verwenden (Antwort: sechs Mal; z.B. S. 32, S. 130 oder S. 274)?
Wie viele Wörter lassen sich möglichst unsinnig mit dem Präfix "Medo-" kombinieren (Antwort: zehn Kombinationen; z.B. "-Jacke" S. 8, "-Akte" S. 91 oder "-Block" S. 202?
Und kann man Picards "Engaged!" noch langweiliger als mit "Energie!" übersetzen (Ja! mit "Transit." S. 167)?
In einem ist die Arbeit Andreas Brandhorsts allerdings ihrer Zeit voraus:
Obwohl dieses Buch erst 1990 erschien, wendet es bereits Schreibweisen an, die erst mit der Rechtschreibreform aus dem Jahr 1996. So erscheinen Begriffe wie "Cousine" oder "Holographie" in vorauseilendem Gehorsam bereits in diesem Werk als "Kusine" (S. 34) oder "Holografie" (S. 218).

Anachronismen: Eine Geschichte wie des Rattenfängers von Hameln in die ferne Zukunft zu transportieren, ist keine leichte Aufgabe. Doch dieses Buch legt sich selbst Steine in den Weg, in dem es auf Begrifflichkeiten zurückgreift, die schon heute nach finsterem Mittelalter klingen. Eine Zukunft für die man "Blätter des Ausdrucks" (vgl. S. 73), ein "Kassette" (vgl. S. 127) oder gar ein "Druckerterminal" (vgl. S. 188) benötigt, entzieht sich meiner Vorstellung des 'unentdeckten Landes' bereits. Schon erstaunlich, wie sich dieses Bild von den ausgehenden Achtzigern bis heute gewandelt hat.
Während für diesen Wandel der Zukunftsrezeption allerdings niemand ernsthaft verantwortlich gemacht werden kann, gibt es einige Widersprüche zum offiziellen Kanon, die bereits mit einem genaueren Blick auf die damals laufende erste Staffel hätten verhindert werden können.
So sollte eine Besatzungsstärke von sechsundvierzig bei einem Schiff der Constellation-Klasse eigentlich keine größere Verwunderung bei Picard auslösen (vgl. S. 40 und S. 47), dessen Bereitschaftsraum-Maskottchen Livingston übrigens auch kein "Löwenfisch" (S. 65), sondern ein Rotfeuerfisch ist.
Außerdem konnte der aufmerksame Zuschauer gleich in der dritten Episode "Der Wächter" den Erstkontakt der Föderation mit den Ferengi miterleben, weswegen es merkwürdig anmutet, dass diese Spezies bereits fünfzehn Jahre vor dieser Folge menschliche Sklaven an die Sternenflotte veräußert haben soll (vgl. S. 76). Vom Gebrauch längst überholter Geldmittel (vgl. S. 64) will ich an dieser Stelle gar nicht erst anfangen.
Allein dass Beverly Crusher auf einer landwirtschaftlichen Kolonie geboren sein soll (vgl. S. 283) wurde erst in "Mission ohne Gedächtnis" widerlegt. Laut den Angaben aus der fünften Staffel stammt die Chefärztin nämlich vom Mond.
Die Anachronismen halten sich eigentlich in Grenzen, weswegen es schade ist, dass "Die Kinder von Hamlin" sich die größten Stolpersteine selbst in den Weg legt.
So wirkt es schlichtweg unglaubwürdig, dass ein simpler Code aus sieben Ziffern genügt, um das gesamte Logbuch eines Captains einzusehen (vgl. S. 132). Zudem wird überhaupt nicht darauf eingegangen, dass in der flüssigen Atmosphäre eines Choraii-Schiffes Musik völlig anders als etwa auf der Brücke eines Sternenflottenschiffes klingen müsste (vgl. z.B. S. 132ff., S. 151 oder S. 160). Ferner fehlt es an einer Erklärung, warum die USS Enterprise - an einer Sternenbasis angedockt – die mürrischen Landeier aus Neu Oregonia mit Shuttles an Bord bringen musste (vgl. S. 192). Hat es ihr ebenfalls (für ein Roddenberry-Universum) reichlich anachronistisch anmutende Glaube (vgl. S. 233) ihnen verboten, heidnische Luftschleusen zu benutzen?

Fazit: Für ein so frühes Buch bietet "Die Kinder von Hamlin" erstaunlich hochwertige Unterhaltung. Die Charaktere treffen den Ton, die Handlung ist abwechslungsreich und mit den wirklich fremdartigen Volk der Choraii gelang der Autorin trotz Zeitdruck ein wirklich großer Wurf.
Der allzu offensichtliche Umgang mit der Thematik "Rattenfänger von Hameln", die schwache Übersetzung und vor allem die Logiklöcher, die Carter selbst in ihr Werk riss, mindern die Harmonie dieses Buches etwas. Dennoch bleibt es gerade im Hinblick auf seine Entstehungszeit ein überraschend angenehmer Höhepunkt unter den Frühwerken der TNG-Literatur.

Denkwürdige Zitate:

"Merde."
Jean-Luc Picard, S. 31

"Verschwenden Sie Ihr Glück nicht an uns. Behalten Sie es, Captain Picard. Sie brauchen es sicher dringender als wir."
Commander D'Amelio, S. 70

"Wenn man die Zeit hat, ein Projekt zu einem guten Abschluss zu bringen, so kann man sich ebenso gut die Mühe geben, Großartiges zu leisten."
William T. Riker, S. 102

"Manchmal ist die Verpackung wichtiger als der Inhalt."
Riker, S. 108

"Ich bin nicht gekommen, um zu arbeiten."
Wesley Crusher, S. 177

Bewertung: Eine Vier-Sterne-Melodie.

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Dienstag, 16. Juli 2013

Starfleet Academy 01: Die Delta-Anomalie

Bucbesprechung Barba, Rick; Starfleet Academy. Bd. I. Die Delta-Anomalie. Cross Cult, 2010/2013.

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Story: Ein Serienmörder treibt in San Francisco sein Unwesen. Nur mit Müh' und Not gelingt es dem Kadetten James Tiberius Kirk seine orionische Akademie-Mitschülerin Gaila aus den Klauen des fremdartigen Triebtäters zu befreien.
Doch viele Mysterien umgeben den Fall. So sprach das maskierte Wesen mit einem der Kadetten in einer unbekannten Sprache. Merkwürdige Rußrückstände verblieben auf den Opfern des unbarmherzigen Verbrechers. Und der Killer kennt den Namen eines besonders ehrgeizigen und unangepassten Offiziers-Azubis.
Erst als Jim Kirk, Leonard McCoy und Nyota Uhura miteinander arbeiten und ihre Fähigkeiten kombinieren, gelingt es ihnen, dem wahren Schuldigen auf die Schliche zu kommen. Doch dieser hat nicht nur eine verdammt lange Reise hinter sich, sondern verfügt auch über das Potential, die gesamte Bevölkerung der Erde auszulöschen...

Lobenswerte Aspekte: Die Spatzen pfiffen es bereits von den Dächern: Die Bücher der "Starfleet Kadetten"-Reihe richten sich an eine komplett neue Lesergeneration. Eine junge, dynamische und kaufkräftige Verbraucherschicht, deren Zugang zur Franchise die 'frischen, unverbrauchten' Filme J.J. Abrams sein sollten und deren Identifikationsfläche eher auf die jugendlichen Gesichter der von Chris Pine, Zachary Quinto oder Zoe Saldana dargestellten Charaktere abzielte, als auf die außer Mode geratenen Knittervisagen William Shatners, Leonard Nimoys oder Nichelle Nichols'. Dabei steht allerdings die Frage im Raum, ob die Reihe "Starfleet Academy" dabei das zweifelhafte Erbe der am Anspruch gescheiterten "Starfleet Kadetten"-Serie antritt, oder die Chance nutzt, um auf den Ruinen des 'Star Treks der Väter' wie ein Phönix aus der Asche zu steigen.



Natürlich bleibt der elfte Film dabei Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, zumal die Handlung dieses Werkes mitten in der im Film beschriebenen Ereignisse angesetzt wurde. Immer wieder werfen die dortigen Ereignisse ihren Schatten auf den Inhalt des Buches und versuchen, eine Brücke zwischen den unbeschwerten Akademie-Zeiten und der Übernahme des Kommandos über die USS Enterprise zu schlagen (vgl. z.B. S. 14, S. 17 oder S. 67ff.).
Doch dabei werden nicht nur die offiziellen Kanäle bemüht. Selbst aus dem ursprünglichen Material herausgeschnittene Szenen fanden Berücksichtigung (vgl. S. 139). Zusätzlich war sich der begabte Autor Rick Barba auch nicht zu schade, reichlich Querbezüge auf das etablierte 'alte' Universum einzuflechten: So gehört zu Kirks Akademie-Kameraden ein Tellarit (vgl. S. 13), man stürzt gemeinsam andorianisches Ale die trockenen Kehlen hinunter (vgl. S. 14) und selbst die gute, alte 'siebenundvierzig' findet in diesem Werk eine angemessene Erwähnung (vgl. S. 208). Der gekonnte Exkurs zur Gründungsgeschichte der Föderation unterstreicht sogar eher die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Zeitlinien, als die Unterschiede herauszukehren (vgl. S. 81).
Darin zumindest ähnelt das Werk einigen der hinlänglich bekannten Kadetten-Romanen. Als Jugendlicher kann man sich außerdem auch hier ein Beispiel an der atemberaubenden Flirt-Technik eines jugendlichen Leinwandhelden nehmen (vgl. S. 71ff.), den Prüfungsalltag der Sternenflottenakademie mit dem eigenen Bildungsweg vergleichen (vgl. z.B. S. 33ff., S. 50ff. oder S. 211ff.) und die Wohnheimatmosphäre der Nachwuchsoffiziere den eigenen Internatserlebnissen anpassen (vgl. S. 112ff.).
Davon abgesehen bietet sich allerdings nur wenig Schnittmenge mit den "Kadetten"-Büchern. Das Tempo ist ungleich rasanter, hier (vgl. S.  56ff.) und dort (vgl. S. 223) sind tatsächlich Todesopfer zu beklagen und der fesselnde Kriminalcharakter der Erzählung bietet mehr Spannung, als die Prequel-Groschenheftchen der Neunziger es jemals erreicht haben. Das Zielpublikum dieser Reihe ließe sich eher im höheren Teenager-Alter ansetzen und selbst als älterer Leser muss man neidlos anerkennen, dass der frische Wind durchaus junge und alte Leser anspricht.
Schließlich muss man dem Autor auch noch eine erschreckend gute Ortskenntnis in San Francisco bescheinigen. Immer wieder demonstriert der aus dem Mittleren Westen stammende Barba ein Detailswissen über die Westküstenmetropole, das über das bloße Studium von Stadtplänen hinausgeht (vgl. z.B. S.12ff, S. 70f. oder S. 87ff.). Nicht zuletzt deshalb verleiht er der gesamten Geschichte eine erstaunliche Glaubwürdigkeit, so dass man ihm noch nicht einmal verdenken kann, dass gegen Ende unerfahrenen Kadetten bei der Festsetzung eines Mörders der Vorzug gegenüber trainierten Polizeibeamten gegeben wird (vgl. S. 222ff.).

Kritikwürdige Aspekte: Auch wenn sich alle Seiten eifrig Mühe gaben, die "Starfleet Academy" trendgerecht aufzupolieren, gelang es nicht, den wahren Charakter dieses Werkes zu verschleiern.
"Die Delta-Anomalie" ist und bleibt ein Roman für Jugendliche, der sich nicht durch den Inhalt, sondern in erster Linie über die Verpackung zu verkaufen gedenkt.
Das nimmt seinen Anfang bereits im fürchterlich hässlichen, aber modern anmutenden Photoshop-Cover. Sobald man das Buch aufschlägt, wird es noch schlimmer, denn die Schrift ist so groß, dass es sogar Rentnern das Lesen ohne Sehhilfe ermöglicht und im selben Atemzug verschleiert, wie wenig Text da auf insgesamt 246 Seiten gestreckt wurde. Wahrscheinlich versucht man auf die Weise, die vermeintlich lesefaule Zielgruppe der schwer pubertierenden Popcorn-Kinogänger nicht durch einen allzu zu großen Aufwand abzuschrecken, während man gleichzeitig die Illusion aufrecht erhält, am Ende über zweihundert Seiten geschafft zu haben. Im Vergleich zu den "Starfleet Kadetten", war Heyne immerhin ehrlich genug, die Schriftgröße seiner Kinderbuchserie auf einem Normallevel zu halten und den Papierverbrauch auf ein Minimum zu beschränken.
Seine Fortsetzung findet dieses Motiv in den Charakteren. Die lassen sich ohne allzu große Schwierigkeiten erfassen, da sie weder sonderlich komplex, tief schürfend oder gar philosophisch anmuten. Kirk und Co. ähneln oberflächlichen Schuljungen, die sich nicht allzu lang an langweiligen Nachdenk-Themen wie der Obersten Direktive aufhalten (vgl. S. 76). Statt dessen dreht sich alles um erste Beziehungen, schlechte Aprilscherze und unsinnige Prüfungen, deren Nachvollziehbarkeit man wohl besser den altersweisen Erwachsenen überlässt.
Schwerer wiegt allerdings, dass Rick Barba eigenmächtig in fremden Jagdgründen wildert. So bedient er sich schamlos des Delta-Quadranten (vgl. z.B. S. 12ff., S. 153ff. oder S. 182ff.). In Ermangelung vorzeigbarer Androiden muss sogar der Computer als offensichtlicher Data-Ersatz herhalten (vgl. S. 109). Vor allem aber wird ein Gegner aus der Mottenkiste herausgekramt, der in dieser Epoche so wirklich gar nichts zu suchen hat: Die Borg (S.153ff.).
Als ob der Bezug auf den übermächtigen Feind nicht schon unglaubwürdig genug wäre, unterstellt Barba ihnen auch noch die Dummheit, einen eindeutigen Absender auf den Naniten zu platzieren (vgl. S. 152). Und würden sich Borg-Naniten allen Ernstes erfolgreich mit einem Staubsauger bekämpfen lassen (vgl. S. 216), so muss man sich schon fragen, warum man sich die Destiny-Trilogie überhaupt durchlesen sollte!
All das wirkt schlichtweg heillos an den Haaren herbeigezogen - besonders am Ende, in dem die Borg trotz deutlicher Überlegenheit von ihrem todgeweihten Opfer ablassen, um in Richtung Heimat zu entschwinden, weil die Menschen noch weiter untersucht werden müssen (vgl. S. 234f.).
Im Endeffekt erinnert die Handlung deutlich an die Enterprise-Episode "Regeneration". Allerdings bleibt sie im Gegensatz zu diesem Vorbild völlig belanglos und verpasst es, sich glaubhaft in einen größeren Rahmen einzufügen. Die Borg-Präsenz dieses Buches mutet so unnötig, unglaubwürdig und unangebracht an, dass sich der Eindruck verstärkt, dieses Universum würde sich lediglich die aufmerksamkeitswirksamsten Rosinen herauspicken, ohne auf Werte wie innere Logik, Nachvollziehbarkeit oder gar einen offiziellen Kanon Rücksicht zu nehmen.

Übersetzung: Wo viel gehobelt wird, da fallen auch besonders viele Späne. Zum Glück für die Übersetzerin Stephanie Pannen ist dieses Buch in puncto Umfang mehr Schein als Sein.
So fallen vergessene Fragezeichen wenig auf (vgl. S. 100) und auch die Verwendung von "Ohrhörer" (vgl. S. 83) statt 'Kopfhörer' wirkt vergleichsweise unspektakulär.
Der Wechsel vom Siezen zum Duzen kann in einem Nebensatz abgehandelt werden (vgl. S. 140) und auch die der deutschen Synchronisation unbekannte Verwendung des Synonyms "General Order Nummer Eins" für die "Oberste Direktive" (S. 77) fällt trotz der uneinfühlsamen Übertragung nur den Hardcore-Fans überhaupt auf.
Dabei wäre zumindest letzterer Fehler vermeindbar gewesen, wenn man zuvor die kostenfreie Memory-Alpha-Datenbank konsultiert hätte. Dort hätte man auch erfahren können, dass der hier in seiner deutschen Form unter "Beteigeuze" (S. 125) geführte Stern im Star-Trek-Universum bei seinem englischen Pendant "Betelgeuse" benannt wird und dass etwas, dass aus dem Delta-Quadranten stammt, schon allein aus dem Grund nicht als "deltanisch" (vgl. S. 184) bezeichnet wird, weil es gleich ein, zwei unterschiedliche Spezies gibt, die sich um dieses Adjektiv streiten.
Vor allem Eines rückt auch diese Reihe in eine von Heyne begründete Traditionslinie:
Obwohl es mit "Sternenflottenakademie" einen etablierten Terminus gibt, mit dem man die zentrale Ausbildungsstätte für Nachwuchsoffiziere hierzulande bezeichnet, läuft diese Bücherserie unter der Bezeichnung "Starfleet Academy". Vielleicht mag das cooler klingen und sich besser verkaufen, doch letztendlich ist es keinen Deut besser als eine Reihe mit dem Titel "Starfleet Kadetten".
Eher im Gegenteil!

Anachronismen: Für einen Roman, der bei einem jugendlichen Publikum ankommen soll, finden sich im Buch viel zu viele Begriffe, die im 23. Jahrhundert das Prädikat 'Antiquität' verdienen würden. So erinnern klingelnde Telefone (vgl. S. 52), Youtube-Videos (vgl. S. 51) oder Teppichmesser (S. 158) so stark an unsere Zeit, dass der Geist einer vermeintlich höher entwickelten Zukunft zumindest fragwürdig erscheint.
In diesem Zusammenhang steht auch die Transamerica-Pyramide. So mag es ja toll sein, wie gut sich der Autor in der Nebelhauptstadt auskennt, doch falls wirklich jemand eine Rasterkarte von ganz San Francisco erstellen möchte (vgl.S. 199), sollte er dafür besser eines der vielen Gebäude nutzen, die eine größere Höhe als das veraltete 'Hochhäuschen' erreichen (vgl. S. 148).
Daneben gibt es eine ganze Reihe an Ungereimtheiten, die ihrer Zeit unsinnigerweise voraus sind. So mutet der Gebrauch von so perfekt funktionierenden Holodecks mehr als hundert Jahre vor der 'Next Generation' zumindest merkwürdig an (vgl. S. 132 oder S. 138). Genauso unerklärlich bleibt, woher Kirk das Volk Ferengi kennen mag (vgl. S. 71), obwohl erst Jean-Luc Picard den Erstkontakt zu dieser Spezies herstellte.
Ähnlich verwirrend verhält es sich mit der Beförderungspolitik der Sternenflotte auf dieser Seite der Realität. Obgleich sie bereits im elften Kinofilm lächerlich rasch einen Kadetten zum Captain eines eigenen Raumschiffes machte, fand genau dieses Muster hier – aller Häme zum Trotz - seine unmittelbare Fortsetzung. So kann man schwarz auf weiß nachlesen, dass der Halbvulkanier Spock zwar erst vor einem Jahr die Akademie verließ (vgl. S. 129), jedoch schon längst den Rang eines Commanders bekleidet (vgl. S. 108).
Am betrüblichsten stimmt allerdings der offene Bruch mit den Idealen des Star-Trek-Urvaters Gene Roddenberry. Hatte Star Trek bis dato noch eine gesellschaftliche Utopie verkörpert, in dem die Erde traditionellen Lastern wie der Geldwirtschaft oder der Kriminalität abgeschworen hatte, liest man in dieser alternativen Zeitlinie vom fortwährenden Gebrauch von Geld (vgl. S. 20, S. 83, S. 98, S. 136), aber auch vom Fortbestand US-amerikanischer Gangs (vgl. S. 157). Diesem unverdienten Wandel zur Dystopie folgte Barba, obwohl laut der Voyager-Folge "Das ungewisse Dunkel, Teil I" der gesellschaftliche Wendepunkt der Menschheit auch das Abrams-Universum betreffen sollte...

Fazit: Ein wirklicher Neustart gelingt mit diesem ersten eigenständigen, auf der alternativen Zeitlinie basierenden Buch nicht. Obgleich Autor Rick Barba mit seinem Stil, seinem Tempo und seinen Querbezügen zum elften Kinofilm punkten kann,verliert sich der Auftakt darin, die Resteküche vorangegangener Star-Trek-Serien aufzuwärmen, anstatt zum ersten Mal mit einer eigenen Geschichte Akzente zu setzen. Zwar bleibt Barba mit dieser Copy/Paste-Masche dem Abramsverse treu, doch während er sich munter bei den verschiedenen Franchise-Vorfahren bedient, unterlaufen ihm so viele offensichtliche Fehler, dass es schon einer unvoreingenommen und vor allem unwissenden Leserschaft bedarf, um darüber hinwegzusehen.
Immerhin liest sich das Buch schnell weg, womit sich die Leidenszeit in Grenzen hält.

Denkwürdige Zitate:

"Meine Güte, Jim, ich bin Arzt, kein Babysitter."
Leonard McCoy, S. 22

"Lehrerliebling."
James Kirk zu Uhura, S. 61

"Ich meine, das Weltall ist kein Ponyhof, es geht um Leben und Tod."
Hannah, S. 141

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Bewertung: Schwacher Neustart mit Spannungsspitzen.

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