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Dienstag, 13. August 2013

Typhon Pact II: Feuer

Buchbesprechung Martin, Michael A.: Typhon Pact. Bd. II. Feuer. Cross Cult, 2010/2013.

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Story: Was man so alles findet, wenn man im Weltall herumstromert! Die Crew der USS Titan jedenfalls stößt auf eine Reihe von künstlichen Klasse-M-Planeten, die allerdings kein Leben aufweisen. Schnell wird klar, dass es sich kaum um einen Zufall handeln kann. Doch die Sternenflotte ist nicht die einzige Macht, die auf dieses außergewöhnliche Phänomen aufmerksam wird. Bei ihrer Suche nach den Ursprüngen trifft das Schiff unter dem Kommando William T. Rikers auf eine Expeditionsflotte der Gorn, die bereits einen Schritt weiter sind: Sie haben ein antikes Artefakt ausfindig gemacht, das in der Lage ist, planetare Objekte nach Belieben zu verändern.
Doch solch große Macht lässt sich auch immer problemlos als Waffe einsetzen. Dieser Umstand wird der Besatzung des Forschungsschiffes nur allzu deutlich, als sie erkennen muss, dass die verzweifelten Gorn gerade dabei sind, die Wirkung ihrer neuesten Errungenschaft in der Praxis zu testen – an einer bewohnten Welt...

Lobenswerte Aspekte: Nu gugge ma, die Gorn! Wenig bis gar nichts hat der in unseren Breiten beheimatete Star-Trek-Anhänger bislang über die kaltblütigen Reptiloiden erfahren können, die unter der Hand des offiziellen Kanons immerhin als Mittelmacht innerhalb der Einflusssphäre der Föderation gehandelt werden.
In seinem ersten auf deutsch erschienenen Solowerk schafft es Michael A. Martin auch mal ohne die tatkräftige Unterstützung seines Schreiber-Sidekicks Andy Mangels, aus den wenigen zur Verfügung stehenden Informationen eine schlüssige Gesellschaft aus dinosauriergleichen Echsen zusammenzubasteln, deren Komplexität und Glaubwürdigkeit den Leser in den Bann schlägt. Quasi im Vorbeiflug erklärt er, warum die beiden einzigen Real-Serien-Auftritte der Gorn so unterschiedliche Erscheinungsformen der Spezies boten (vgl. S. 11), festigt eine Abneigung der schuppenbewehrten Kreaturen gegen Säugetiere, die bereits in der dritten Staffel "Enterprise" anklang (vgl. S. 79) und kramt eine Reihe von ebenfalls auf Kriechtieren basierenden Föderationsmitgliedern aus, deren Auftritte ansonsten nur auf den Hintergrund einiger Kinofilme beschränkt waren (vgl. S. 163ff.).
Höhepunkt sind allerdings die beinahe lehrbuchartig zusammengetragenen und dazuerfundenen Gorn-Informationen. Angefangen dabei, dass die Spezies über mehr als einen Magen verfügt (vgl. S. 143), über die Gliederung der Gesellschaft in zusammengezüchtete Kasten (vgl. S. 24), bis hin zu Gruselgeschichten für reptiloide Kleinkinder (vgl. S. 145) leuchtet Martin großzügig eine große Menge an dunklen Ecken aus, die dem Fan bis dato verschlossen oder seiner eigenen Fantasie überlassen blieben. Besonders aber die Interpretation einer charakteristischen Gorn-Ausprache allseits bekannter Ausdrücke wie "Borg" (vgl. S. 18), "Kirk" (vgl. S. 20) oder "Metronen" (vgl. S. 116) zeugt deutlich von einer Detailversessenheit, die entscheidend zu einem positiven Gesamtbild beträgt.
Angenehm fällt dabei ferner auf, dass die Gorn trotz aller Abneigungen, Antipathien und Vorurteile erschreckend menschlich bleiben (auch wenn das in diesem Zusammenhang beleidigend klingen mag). Im Endeffekt spiegeln sich bei allen kulturellen Abweichungen in den herpetologischen Betrachtungen Martins auch immer wieder Wesenszüge wider, die wir aus dem eigenen Erfahrungsbereich kennen. So gibt es ebenso Platz für innige Männerfreundschaften (vgl. S. 55ff.) wie für herzerweichende Liebesschnulzen (vgl. S. 438ff.) und Hauptprotagonist S'syrixx entpuppt sich im Endeffekt sogar als so eine Art reptiloider Edward Snowden (vgl. S. 85ff., S. 327 oder S. 456ff.)
Und obgleich sich in letzter Zeit häufige Referenzen auf die einzelnen Star-Trek-Fernsehserien und -Filme (vgl. z.B. S. 44ff., S. 303, S. 335 u.v.m.) längst zum allgemeinen Standard für Star-Trek-Romanautoren gemausert haben, packt Martin noch eine Schippe drauf: Wie man in seiner Danksagung (vgl. S. 477ff.) ausgiebig erfahren kann, bediente er sich Dutzender Quellen und war sich auch nicht zu schade, auch Querbezüge zu den Entwicklungen in anderen Romanreihen zu positionieren (vgl. z.B. S. 34 zum Titan-Vorgänger "Synthese", S. 19 zum TOS-Buch "Das Schlachtschiff" oder S. 159 zum Comic "Die Gorn-Krise"). Direkt schade, dass einige davon, wie etwa "The Dying of the Light" (vgl. S. 19), "A Time to Heal" (vgl. S. 182) oder "Inferno" (vgl. S. 379) bislang noch nicht in deutscher Sprache erschienen sind, während dieses Buch bereits weit in die Föderationszukunft greift.
Immerhin gibt es nach langer Zeit mal wieder ein (Nicht-) Lebenszeichen von Data (vgl. S. 353), vom dem der geneigte Leser von Comics wie "Countdown" ja immerhin schon weiß, dass er wie Phönix aus der Asche wiederauferstehen wird.
Wäre sonst noch etwas zu erwähnen?
Nun, die wundersame Rettung S'syrixx aus dem mörderischen Vakuum des Alls (vgl. S. 123) erinnert ein wenig an "Per Anhalter durch die Galaxis" und die refrainartige Wiederholung von Formulierungen wie "Wir gehen rein und wieder raus, niemand wird verletzt." (S. 97, vgl. außerdem S. 45) lässt an Jonathan Coultons Song "Redshirt" denken.



Kritikwürdige Aspekte: Wann ist ein Mann ein Mann? So fragte Herbert Grönemeyer die Bundesrepublik herausfordernd im Jahre 1984. In diesem Falle könnte man gleichsam plakativ die daran angelehnte Frage stellen:
Wann ist ein Typhon-Pact-Roman ein Typhon-Pact-Roman?
Denn mal ehrlich:
Von eben jenem Bündnis, dass als Gegenentwurf zur Föderation in die Welt gesetzt wurde, erfährt man in diesem Werk herzlich wenig. Der vermeintliche Höhepunkt ist eine ständig wie ein Damoklesschwert über der Handlung schwebende Flotte aus den Schiffen verschiedener Mitglieder (vgl. S. 220ff.), deren Ankunft man als Leser allerdings nicht einmal miterlebt. Da bleibt kein Platz für Konflikte mit Wesen, deren Cleverness die der vergleichsweise schwerfälligen Gorn übersteigt. Trotz der Bedeutung des Artefakts machen sich nicht einmal die Romulaner wie noch in "Der Telepath" die Mühe, den Antrieb eines ihrer Schiffe überzustrapazieren, um der Sternenflotte gegenüber einen taktischen Vorteil zu erlangen – und das obwohl das Terraforming-Artefakt auch eine Lösung für die Zerstörung Romulus' bieten könnte.
Im Vergleich zu "Feuer" verdient also selbst der dritte Destiny-Band "Verlorene Seelen" eher das Prädikat "Typhon Pakt", denn dort kann man immerhin etwas Substanzielles über diese dubiose Allianz erfahren. Den einzigen zusätzlichen Eindruck, den man vom Zusammenschluss der unterschiedlichen Partner in diesem Werk erfahren kann, ist, dass man sich kaum vor diesem neuen Gegner zu fürchten braucht, denn nachdem bereits klar wurde, dass die romulanischen Bündnispartner so eine Art Nordkorea mit Tarnkappenbombern darstellen und die Breen laut "Nullsummenspiel" in ihrer Integrität von FKK-Sektierern bedroht werden, kann man nun erfahren, dass den angeblich so mächtigen Gorn allmählich das Kanonenfutter ausgeht. Und wie bedrohlich eine Militärmacht ohne Armee sein dürfte, kann man sich an einem Finger abzählen.
Nein, dieses Werk ist viel eher ein Titan-Roman mit Gorn-Schwerpunkt. Entsprechend sollte er auch verpackt werden. Wobei das Problem an den Gorn bleibt, dass sie, wie es Christian Humberg im abschließenden Essay unter dem Titel "Too Far Gorn" selbst beschreibt (vgl. S. 481ff.), nur in einer einzigen Folge der klassischen Serie überhaupt einmal näher betrachtet wurden. Entsprechend häufig wird "Ganz neue Dimensionen" auch als Referenzpunkt herangezogen (vgl. S. 116, S. 210, S. 314 u.v.m.), wobei es relativ auffällig zufällig erscheint, dass ein Schiff, das nach dem Captain des Erstkontakts der Gorn mit den Menschen benannt ist (vgl. S. 19), ebenso munter im Geschehen mitmischt, wie ein Nachfahre eben jenes Crewmitgliedes, das anno dazumal die Menschen mit seiner Stimmenimitation hereinlegen konnte (vgl. S. 58).  
Überhaupt fällt es sehr schwer, den verschiedenen Gorn-Charakteren zu folgen. Das liegt allerdings weniger an ihrer Fremdartigkeit oder ihren Wehwehchen, sondern eher darin begründet, dass sie in puncto Figurenmotivation viel zu wenig zu bieten haben. S'syrixx' völlig aus der Luft gegriffener plötzlicher Gottglauben (vgl. S. 346) wird in seiner Unnachvollziehbarkeit nur noch durch den erschreckend häufigen Wechsel seiner Kooperationen und ständigen Insubordinationen übertroffen (vgl. S. 85, S. 201ff., S. 422 u.v.m.). Das wechselhafte Verhalten des Erzbösewichts Gog'resssh (vgl. S. 120f., S. 277, S. 308ff. u.v.m.) kann man nicht einmal mehr mit seiner Verstrahlung rechtfertigen; Captain Krassrr handelt krass inkompetent für jemanden in seiner Position (vgl. S. 148, S. 131ff., S. 299ff.) und Z'shezhira präsentiert sich in der entscheidenden Situation einfach nur unfassbar dämlich (vgl. S. 272). Spätestens ab der Mitte des Buches verliert es dadurch stark an Glaubwürdigkeit, zumal die merkwürdigen Entscheidungen der einzelnen Charaktere zu ebenso merkwürdigen Entwicklungen führen, denen es deutlich an Plausibilität mangelt.
Was aber nicht bedeuten soll, dass lediglich die Gorn die Leidensfähigkeit des Lesers auf die Probe stellen. Aber anstelle der übervorbildlichen Multi-Kulti-Besatzung der USS Titan, die einer meiner Leser nicht ganz zu Unrecht einmal als "Freakshow" bezeichnete, war es in meinen Augen vor allem die Menschen-Frau Christine Vale, die mich besonders störte. Innerhalb dieses Buches nimmt sie nämlich die Position ein, das Geschehen durch vermeintlich witzige (vgl. z.B. S. 445), coole (vgl. z..B. S. 396) oder gar rührselige Sprüche (vgl. z.B. S. 200) zu unterstreichen. Durch diese Dialoganteile verkommt der Posten des ersten Offiziers der Titan immer mehr zu einer Rolle, die dem Helden in Action-Filmen zukommt. Ich für meinen Teil warte nur noch auf ein "Yippieh-Ya-Yeah, Schweinebacke!", wenn die Titan es demnächst mit tellaritischen Separatisten zu tun bekommt.
Der Tiefpunkt war allerdings die völlig absurde Argumentation zur Obersten Direktive (vgl. S. 254ff.). Nur weil ein Volk zur Nutzung von Materie-Antimaterie-Energieerzeugung in der Lage ist, bedeutet das noch lange nicht, dass der Planet sich auch kulturell darauf vorbereitet hat, im Weltall auf fremdes Leben zu stoßen. Nicht umsonst gibt es zu genau dieser Thematik eine TNG-Folge mit dem programmatischen Titel "Der erste Kontakt", die sich der Autor in diesem Zusammenhang besser noch einmal angesehen hätte.
Aber vielleicht ist dieses Versäumnis gar nicht so schlimm, denn es hätte Martin wohl nur dazu animiert, weitere, noch mehr an den Haaren herbeigezogene Rechtfertigungen in sein Werk mitaufzunehmen. Damit hätte er ein ohnehin schon unnötig umfangreiches Buch nur noch weiter gestreckt. Die vielen Längen lassen sich am besten an der Einbindung der Zipf-Verteilungen festmachen (vgl. S. 243ff.), die dem Autoren laut Danksagung besonders am Herzen lag (vgl. S. 478). Die entsprechende Passage hat bei Lichte besehen überhaupt nichts mit dem geschilderten Problem zu tun und liest sich eher wie eine Selbstbeweihräucherung des Autors, der hier dem Leser seinen eigenen Wissensstand unverfroren unter die Nase reibt.
Cross Cult tut schließlich sein Übriges, um den Längen des Werkes Nachdruck zu verleihen. Doch obwohl man sich die überflüssige Crewauflistung (vgl. S. 473ff.) auch getrost hätte sparen können, muss ich zugeben, dass mir Christian Humbergs Erläuterungen zur Konzeptionsgeschichte der Gorn (vgl. S. 481ff) dieses Mal wirklich gut gefielen. Der kurze Abriss war gleichermaßen flott wie unterhaltsam, und auch wenn seine Wortspiele um die Reptilienkrieger vielleicht für einige Geschmäcker zu doof wirken mögen, waren sie in meinen Augen gerade deswegen so sympathisch...

Übersetzung: Viele Köche verderben ja bekanntlich den Brei. Dass es aber auch Ausnahmen von der Regel geben kann, beweisen mit diesem Buch Sabine Elbers und Andrea Bottlinger. Vor allem in Hinblick auf den Umfang des Buches war die Aufteilung sicherlich eine probate Lösung. Besonders die Formulierung "Schiwe sitzen" (vgl. S. 200), die ich mir erst einmal ergooglen musste, fand ich in diesem Zusammenhang eine gelungene Übertragung von "to sit shiva", auch wenn diese jiddische Redewendung heutzutage nicht mehr allzu gebräuchlich sein mag.
Natürlich bedeutet die Zweiteilung längst noch nicht, dass das Buch frei von Fehlern ist. Kleinere Fehler mit Absätzen (vgl. S. 351) oder Kommata (vgl. S. 397) bleiben ebenso wenig aus, wie die Verwendung von "abfeuert" (S. 392), obwohl ein "feuert" völlig ausreichend gewesen wäre. Oder die fragwürdige Verwendung von "damit" (vgl. S. 383). Oder aber auch die Bezeichnung "Materiedisintegrator" (S. 382), die dem deutschsprachigen Verb "desintegrieren" unsinnigerweise die Stirn bietet. Und auch wenn ich ansonsten eigentlich ein Freund umgangssprachlicher Formulierungen bin, fand ich den Rückgriff auf "angepissten" (S. 199) etwas unangemessen.
Seit der zweiten TNG-Folge "Gedankengift" weiß man dank Datas Ausführungen ferner, dass Personen aus einem Schiff oder einer Luftschleuse nicht "hinausgesaugt" (vgl. S. 123), sondern viel eher "hinausgeblasen" werden (zumal im englischen Original ebenfalls von "blast" die Rede ist).
Zudem habe ich immer mehr dass Gefühl, dass sich Cross Cult an Heyne ein schlechtes Beispiel nimmt und sich einen Grundstock an eigenen Begrifflichkeiten aufbaut, die der deutschen Fernsehübersetzung widersprechen. Obwohl die für das Buch maßgeblichen Episode "Ganz neue Dimensionen" Teil einer Serie ist, in der konsequent vom "Fähnrich" statt vom "Ensign" (vgl. z.B. S. 44) gesprochen wird und auch die Trennsegmente auf Raumschiffe statt "Schotten" (vgl. S. 68 und S. 214) meist als "Schotts" bezeichnet werden, stellt sich der Verlag der Synchronisationsrealität tapfer entgegen (die Verwendung von "Datentafel" auf S. 327 statt des "PADD"s kann man hingegen geflissentlich unter den Tisch fallen lassen, sofern sie nicht zur Gewohnheit wird). Aber auch einen anderen Trend finde ich zunehmend bedenklich: Die verstärkte Anglisierung.
Obgleich im Buch durchgängig vom "Typhon-Pakt" gesprochen wird (vgl. z.B. S. 83, S. 118, S. 464 u.v.m.), prangt auf dem Buchcover die Bezeichnung "Typhon Pact", obwohl lautlich kaum Unterschiede bestehen. Wahrscheinlich denkt man sich noch immer, dass englisch belassene Begrifflichkeiten wie "Ensign", "Pact" oder "Moiety" (S. 383) mehr Pepp haben als ihre lahmen deutschen Äquivalente. Warum dann der poetisch-schöne englische Titel "Seize the Fire" zu einem schmucklosen "Feuer" verstümmelt wurde, verschließt sich allerdings meinem Verständnis.
Und wo wir schon dabei sind: Ein Adjektiv namens "gornisch" (S. 97) hat es bei Star Trek bis dato noch nicht gegeben. Nicht, dass ich die Verwendung eines passenden Adjektives per se unangemessen finden würde, doch wenn man zu so einem Schritt bereit ist, sollte man auch ein Adjektiv wie "gnalish" (S. 331 oder S. 422) mit einem zusätzlichen 'c' ausstatten. Oder anders ausgedrückt:
Wer 'gornisch' sagt, muss auch 'gnalisch' sagen!

Anachronismen: Wie zitiert Christian Humberg den Autor Michael A. Martin auf Seite 485 so schön?

"Die Lizenz gehört ihnen, also ist ihre Entscheidung die entscheidende, nicht die des Autors."

Unfreiwillig exemplarisch kann man diesen O-Ton auch auf den offiziellen Kanon anwenden, der Martins Werk erst vor kurzem mit brachialer Gewalt rücksichtslos überrollt hat. Des Steins des Anstoßes ist sich Humberg auf Seite 483 selbst sogar bewusst:

"Ein zweiter Fall interdimensionalen Namedroppings liegt bei STAR TREK INTO DARKNESS vor, J.J. Abrams' zweitem Beitrag zum STAR-TREK-Franchise. In diesem 2013 gestarteten Film, der die Abenteuer der Classic-Besatzung eines weiteren Paralleluniversums schildert, erwähnt Dr. Leonard H. 'Pille' McCoy, er habe bei einer Kaiserschnittgeburt von acht Gorn helfen müssen - 'und diese kleinen Bastarde beißen!'"

Damit wird der entscheidende Anachronismus, der den gesamten Buchinhalt mit sich in den Abgrund reißt, gleich im Buch mitgeliefert.
Denn die achtlos in den Raum geworfene Randbemerkung der fahrlässigen Drehbuchschreiberlinge klassifiziert die Gorn zu einer lebend gebärenden Spezies und für ein Buch, dessen Geschichte vollständig auf der Zerstörung von lebenswichtigen Ei-Ablage-Gründen der Gorn fußt, bedeutet es unweigerlich den Todesstoß. Wozu ein Werk lesen, dessen Inhalt dem offiziellen Kanon widerspricht?
Oft ernte ich Unverständnis dafür, ältere Bücher nach neueren Standards zu bewerten. Aber genau das war einer der Beweggründe zur Eröffnung dieses Blogs. Schließlich ist der offizielle Kanon mehr als nur ein Bewertungsmaßstab (der sich außerdem nicht ohne weiteres von der Hand weisen lässt). Er ist ein Fahrplan für zukünftige Entwicklungen innerhalb der Franchise. Gerade für die vielen detailversessenen Fans (wie mich) bildet er den roten Faden, der die Rahmenbedingungen ganzer Universen festlegt.
Damit befinde ich mich aber auch oft im gleichen Dilemma:
Martins Beschreibungen der Gorn-Brutstätten sind in meinen Augen nämlich viel glaubwürdiger als die gedankenlose Dialogzeile aus dem zwölften Kinofilm. Allein schon die Tatsache, externe Faktoren bei der Nachkommenschaft verschiedener Kasten miteinzuplanen (schon allein Temperaturen können bei manchen Reptilien unseres Planeten über das Geschlecht entscheiden), fand ich vergleichsweise schlüssiger und das Konstrukt, dass Martin darum errichtete, war der beste Grund, das Buch überhaupt zu lesen.
Aber auch wenn das eher meine Wut gegen die absolut unnötige Behauptung in "Into Darkness" verstärkt, behalten Martins eigene Worte ihre Gültigkeit:
Die Lizenz gehört denen, die solchen Unsinn verzapfen, und nicht den ungleich kreativeren Autoren.

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'gornische Überraschungseier'
Fazit: Der erste deutschsprachige Soloroman aus der Feder Michael Martins ist keineswegs ein Typhon-Pact-Roman. Viel eher handelt es sich bei "Feuer" um einen weiteren Titan-Band, in dem einem Mitglied der Anti-Föderation etwas mehr Raum geboten wurde. Doch als ob Martin mit der Figurenmotivation, dem Umfang oder der Nachvollziehbarkeit nicht schon genug Krisenherde zu bewältigen hätte, versetzt ihm der zwölfte Kinofilm den ultimativen Todesstoß. Mit einer einzigen flapsigen Bemerkung über Entbindungspraktiken der Gorn verurteilt die Schreiberriege J.J. Abrams' das Werk zur Bedeutungslosigkeit und stellt damit den einzigen größeren Pluspunkt des Werkes in Abrede. Schade eigentlich!

Denkwürdige Zitate:

"Quäle dich nicht, mein Freund. So ist es nun einmal im Universum, der Prozess ist so alt wie das Leben selbst. Es gibt immer Gewinner und Verlierer. Jäger und Beute. Fressen oder gefressen werden."
"Dann ist Überleben also ein Nullsummenspiel?"
"Meiner Erfahrung nach ist das für gewöhnlich so."
R'rerrgran und S'syrixx, S. 70

"Ich glaube, das Universum hat uns gerade einen dieser sprichwörtlichen 'Hasen in letzter Sekunde' gewährt."
Deanna Troi, S. 99

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"Ich glaube, ich sollte Sie warnen, Captain. Sie zeigen gerade einen Reflex, den ich bei Angehörigen der Sternenflotte schon sehr oft beobachten konnte."
"Was für ein Reflex soll das sein?"
"Der tief verwurzelte reflexartig auftretende Glaube, jeden im Universum retten zu können. Und gleichsam der Irrglaube, es tun zu müssen."
Dr. Shenti Yisec Eres Ree und William T. Riker, S. 198f.

"Ist das Befolgen der Obersten Direktive in diesem Fall nicht ähnlich absurd wie sich über den Natriumgehalt in einer Henkersmahlzeit Gedanken zu machen?"
Evesh, S. 240

"Ich bin empathisch, Chris. Nicht allwissend."
Troi, S. 325

"Bringen Sie mich zu Ihrem Anführer."
Christine Vale, S. 330

Bewertung: Jüngstes Opfer des offiziellen Kanons.

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Weiterführende Leseliste:

Typhon Pact 01: Nullsummenspiel
Typhon Pact 02: Feuer

Montag, 27. Mai 2013

Sorge Dich nicht, beame!

 Buchbesprechung Bottlinger, Andrea; Humberg, Christian: Sorge Dich nicht, beame! cross cult, 2012.

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Vorwort: Beinahe erschrocken musste ich vor Kurzem feststellen, dass meine letzte Rezension bereits ganze zwei Jahre her ist.
Das hat allerdings einige Personen nicht davon abgehalten, immer wieder ungläubig vorbeizuschauen, Kommentare abzugeben und mich persönlich anzuschreiben.
Nun hat sich in letzter Zeit ziemlich viel in meinem Leben verändert. Neue Perspektiven haben sich mir eröffnet, ein anderer Blog und sein liebenswertes Schreiberkollektiv hat mich in seinen Bann gezogen und mal ehrlich: Wenn man nur noch Star-Trek-Romane liest, wird man irgendwann betriebsblind und verliert rasch seine Objektivität.
Doch alte Liebe rostet nicht und jeder gute Schuster kehrt irgendwann wieder zu seinen Leisten zurück. Oder er wird zurückgekehrt. Ich wusste, dass ich wieder in Aktion treten musste, nachdem sich auf dem Besucherzähler dieses Blogs und dem der Tafelrunde Einträge wie dieser häuften:

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Nun gut, "Sorge Dich nicht, beame" ist zwar kein Roman, aber durchaus geeignet, um ein kleines Comeback zu startet. Ihr Leser wolltet es ja nicht anders...

Story: Es gibt wahre Heerscharen von Lebensratgebern da draußen. Hilfsleistungen in Buchform für einsame Frauen jenseits der dreißig, esoterische Führer für leichtgläubige Seelensuchtouristen und Ratgeber für übergewichtige Genussmenschen mit dem Willen zur Körpermassereduzierung. Weil aber ein Lebensreiseführer für die immer selbstbewusster auftretenden Geeks und Nerds noch fehlt, sprangen Andrea Bottlinger und Christian Humberg selbstlos in diese Bresche und verfassten ob der großen Konkurrenz einen nicht so ganz ernst gemeinten Lebensratgeber für eingeweihte Personenkreise.
Personen, die wissen, wie wenig Darth Vader tatsächlich als pädagogisches Vorbild taugt. Personen, denen man nicht mehr erzählen muss, dass für Kirk Beziehungen eine gewisse Halbwertzeit nicht überschreiten. Und natürlich Personen, die wissen, dass Han zuerst geschossen hat.

Source: i.chzbgr.com via Turon on Pinterest


Lobenswerte Aspekte: Es ist schon beeindruckend, was die beiden Autoren da zusammen auf die Beine gestellt haben. Nicht nur, dass die Sci-Fi-Giganten Star Trek und star wars thematisiert werden; auch andere Serien und Filme wie Battlestar Galactica, Babylon 5, Firefly, Farscape, Buffy, Alien, Red Dwarf, Spider Man, Iron Man und viele andere mehr finden in diesem Werk Erwähnung. In wirklich jedem Dorf wird mal kurz ein Köter gestreichelt und das Herz des allseits informierten Geeks schlägt wahre Purzelbäume bei der Lektüre so vieler Autoritätsargumente.
Aber auch Personenkreise, die mehr von einem solchen Buch erwarten, können bedient werden. So gibt es ein oder zwei interessante Thesen, die erwähnt werden sollten: Zum Beispiel die Behauptung, dass Musik bei Star Trek in erster Linie ein humoristisches Element sei (vgl. S. 152ff.). Kontrovers, aber durchaus einiger Gedanken wert (Selbstverständlich stimme ich nicht zu).
Dem gesamten Buch ist der unablässige Enthusiasmus des dynamischen Autorenduos durchaus anzumerken. In dem qualitativ hochwertig hergestellten Buch kann man sich daher auch nur zurechtfinden, wenn der eigene Wissenstand mit dem der Autoren Schritt zu halten vermag. Es ist ein Werk von Eingeweihten für Eingeweihte. Ein Buch von einer Star-Wars-Anhängerin für Star-Wars-Anhänger und einem Trekkie für Trekkies.
Daraus einen Ratgeber zu basteln ist per se gar keine schlechte Idee. Immerhin hat beispielsweise Star Trek vielen etwas auf den Lebensweg mitgegeben: Der eine interessierte sich fortan vermehrt für Physik, ein anderer studierte aus diesem Grund Philosophie und wieder andere haben über die Serie Zugang zur nationalen Fantastik-Szene erhalten. Das Potential für einen augenzwinkernden Lebensleitfaden ist also in der Tat gegeben. Immerhin gab es bereits Versuche wie "Das Picard-Prinzip", aber gerade der spielerische Umgang mit der Materie gereicht den gekonnt schreibenden Urhebern zum Vorteil.

Kritikwürdige Aspekte: Um es vorweg zu nehmen: Ich mag cross cult! Was dieser Verlag seit dem unrühmlichen Rückzug Heynes für die deutschsprachige Star-Trek-Literatur geleistet hat, ist herausragend. Auch wenn ich nicht immer mit den Inhalten einverstanden bin, möchte ich den Umstand nicht missen, dass dieser kleine Betrieb uns Fans den Zugang zu Star Trek in Romanform weiterhin ermöglicht. Und nicht nur das: Ohne cross cult gäbe es auch diesen Blog nicht. Erst Vanguard hat den Stein des Anstoßes geliefert, eine ausführliche Rezension darüber zu verfassen.
Und ich mag Christian Humberg. Ein großartiger Übersetzer, auf dessen Arbeit ich ja schon oft genug überschwängliche Loblieder gesungen habe.
Ich habe auch nichts gegen Andrea Bottlinger. Irgendwie ist mir die Frau sogar sympathisch. Der verträumt-abwesende Blick auf ihrem Promofoto machte nicht unbedingt einfacher, was ich an dieser Stelle einmal laut aussprechen muss:
Das Buch "Sorge Dich nicht, beame" ist absoluter Bockmist. Zweihundertundvierzig Seiten reine Papierverschwendung, wenn man einmal von der einseitigen Werbung für den "Phantast" absieht.
Wie kann ich so etwas nur behaupten?
Nun, meine Mängelliste ist lang, doch der Übersichtlichkeit halber will ich mich auf fünf in meinen Augen zentrale Kritikpunkte beschränken.

1. "Sorge Dich nicht, beame" schwimmt wie ein Stück modriges Treibholz auf dem Scheitelpunkt der aktuellen Geek-Modewelle. 'Geek' heißt aus marktwirtschaftlicher Sicht, dass es eine Menge x an Science-Fiction- und Fantasy-Reihen gibt, die ein gemeinsames, potentiell investierwilliges Publikum anziehen, das man melken kann wie noch in den Neunzigern die Star-Trek-Fans. Die FedCon-Betreiber sind daher längst zu FedCon-Geeks geworden, die gute alte SpaceView wurde eingestampft und als "Geek!" mit Frankenstein-gleicher Einfühlsamkeit wiederbelebt und auch das Sortiment von Cross Cult (Walking Dead, Doctor Who oder Castle) hatte von Anfang an eine so breite Ausrichtung, dass man selbst den Verlag als gutes Beispiel dieser Entwicklung heranziehen kann.
Doch Modewellen sind ob ihrer Kurzlebigkeit mit Vorsicht zu genießen und längst nicht alle Fans sehen dieser Ausrichtung wohlwollend entgegen. Zudem bedeutet 'Geek' nicht, dass man als Angehöriger der Zielgruppe wirklich alles mögen muss, was in diese Richtung weist. Tatsächlich halte ich das legendenumrankte Geek-Publikum für einen Marketing-Mythos, in dem sich die Verantwortlichen grundlos sonnen.
Doch Serien wie die "Big Bang Theory" oder "Community" boomen sonder gleichen und bestärken Herausgeber und Autoren in ihrem Glauben an entsprechende Luftschlösser. Die Ausrichtung auf Geeks kann man jedenfalls auf dem Cover  von "Sorge Dich nicht, beame" ablesen: Munter mixt es Spock mit Yoda und selbstverständlich prangt der Schriftzug "Big Bang" (für das vollständige "Big Bang Theory" haben die Rechte wahrscheinlich nicht gereicht) auf den üppigen Brüsten des blonden Cover-Girls. Der äußere Eindruck setzt sich beim Lesen fort. Wie bereits unter den positiven Aspekten erwähnt, erwähnt man möglichst viele verschiedene Franchises, um dem vermeintlichen Geek-Erwartungen gerecht zu werden.
Tatsächlich hat das beim Lesen aber eher gestört. Zu plump waren die visuellen Anspielungen und zu weit hergeholt die Beispiele im Text, um dem Grundanliegen gerecht zu werden. Viel eher glich es einer Angeber-Liste unter dem Titel "Guck mal, was ich alles gesehen habe". Untertitel: "Ich bin ein Geek wie Du."
Das ist unterste Schublade.

2. "Sorge Dich nicht, beame" hat zwei dicke Fische aus dem Kult-Karpfenteich gerissen und zu einer Mahlzeit püriert. Dabei sage ich es bestimmt schon zum tausendsten Mal:
Hört endlich auf, star wars und Star Trek in einen Topf zu werfen!
Zugegeben, seit Abrams verschwimmen die Unterschiede zwischen den beiden großen Science-Fiction-Franchises, doch das Eine ist immer noch ein unterhaltsames Weltraum-Märchen, während das Andere eine vergleichsweise anspruchsvolle Vision bietet, die Zukunft zu betrachten. Ständig die star-wars-Keule zu schwingen, wenn man über Star Trek spricht, ist schlichtweg unseriös, wie man wunderbar in der affigen Kinobesprechung zu Star Trek: "Into Darkness" von Steven Gätjen sehen kann.
Die beiden grundverschiedenen Franchises ob ihrer Zuordnung zur Science Fiction dauernd durcheinander zu werfen, ist in etwa so, als würde man zu einem Schalke-Spiel im Dortmund-Trikot gehen; schließlich ist ja beides Fußball.
Ja, es gibt markante Unterschiede zwischen beiden Formaten.
Ja, es gibt Animositäten zwischen beiden Fangruppen.
Und ja, wenn Bottlinger und Humberg auf die Vorschläge cross cults gehört hätten, und wie vorgesehen ein Buch geschrieben hätten, in dem vergleichend besprochen worden wäre, 'welcher Captain cooler ist' oder 'welches Raumschiff mehr kann', hätte ich es ob der Herangehensweise besser gefunden. Sofern Star Trek gewonnen hätte natürlich.

Source: i.chzbgr.com via Turon on Pinterest
Source: i.chzbgr.com via Turon on Pinterest


3. Der augenzwinkernde Lebensratgeber "Sorge Dich nicht, beame" versprüht in etwa den Witz und die Heiterkeit eines totgefahrenen Igels auf der A2 (um die Tristesse perfekt zu machen: Höhe Ausfahrt Wollin). Natürlich ist Humor subjektiv, aber für dieses Buch auch definitv ein Fremdwort. Schenkelklopfer und ironisch-bissige Kommentare sucht man auf den über zweihundert Seiten vergebens, auch wenn sich die Autoren offensichtlich verzweifelt bemüht haben, komisch zu sein. Das Ergebnis steht allerdings sogar noch eine Niveaustufe unter "Wochen-Show", "Heute-Show" oder "Traumschiff Surprise" - die ohnehin schon zu den Niederungen jeglicher Humorkultur zählen. Wenn ein "Monty Python" das Standardmaß für den Lachfaktor ist, so kann man diesem Werk ohne Gewissensbisse eine verdiente 'Null' zusprechen. Oder um es in der Nerd-Sprache zu halten: Dieses Werk ist der Jim Belushi der deutschsprachigen Star-Trek-Literatur.
Keinen Deut besser sind die eigentlich handwerklich ansprechenden Illustrationen, die jedoch mit ihrem fragwürdigen und vor allem aber infantilen Humor (vgl. z.B. S.75, S. 140 oder S. 200ff.) jegliche Sympathien verspielen. Vielleicht finden Kindergarten-Kinder so etwas noch witzig; die gebildete, erwachsene Zielgruppe unterfordert man auf diese Weise jedoch maßlos.
Oder reflektieren die Schwarz-Weiß-Bilder nur die Vorstellungen über die kaufstarke Zielgruppe?

4. "Sorge Dich nicht, beame" wartet nicht nur mit den unsinnigsten Ratschlägen, sondern auch mit den unpassendsten Beispielen dafür auf.
Abgesehen davon, dass sich star wars mit seinen gerade einmal drei Frauenrollen (Amidala, Anakins Mutter Shmi und Leia) schon statistisch für eine Berücksichtigung bei Themen wie "Partnerschaft" oder "Familie" disqualifiziert, erwischt es Star Trek noch schlimmer. Als weibliches role model zum Thema "Partnerschaft" wird allen Ernstes Kathryn Janeway herangezogen (vgl. S. 22).
Janeway?
Die Frau, die über sieben Staffeln, 168 Folgen und einen Kinofilm unbemannt bleibt? 
Genau die!
Also ob es in diesem Bereich keine qualifizierteren Personen gegeben hätte!
Zum Beispiel Nyota Uhura, die in der neuen alternativen Zeitlinie nicht nur das Musterbeispiel einer emanzipierten Frau gibt, sondern auch das grün durchblutete Herz des ersten Offiziers Spocks erobern konnte.
Zum Beispiel Jadzia Dax, die nicht nur ob ihrer unbekümmerten Art und wissenschaftlichen Ausbildung zu einer Vorzeigefigur des Star-Trek-Universums wurde, sondern auch durch ihre Ehe mit dem griesgrämigen Sicherheitsoffizier Worf.
Zum Beispiel Deanna Troi, die nicht nur hervorragende Arbeit als Schiffscounselor und Psychologin leistete, sondern auch den Rang eines Commanders bekleidete und schlussendlich ihren Imzadi William Riker ehelichte.
Mir würden noch weitere besser geeignete Beispiele wie Beverly Crusher, Kira Nerys, B'Elanna Torres, Ezri Dax oder sogar Hoshi Sato einfallen, also warum zum Teufel wählte Christian Humberg ausgerechnet Janeway?
Ganz einfach: Um sich über sie lustig machen zu können und ein schlechtes Beispiel parat zu haben. Das ist zwar völlig einseitig und zielt völlig an der in Star Trek zur Schau gestellten Wirklichkeit vorbei, aber es spielt den Absichten des Autors in die Hände. Wozu sollte man sich mit der Realität aufhalten, wenn man küchenpsychologisch seine eigenen Ansichten beweisen will?
Den Preis für den absolut dämlichsten Vergleich in diesem Buch verdient allerdings die Gegenüberstellung von Yoda mit Jogi Löw (vgl. S. 116). Das ist nicht nur völlig humorfrei, sondern auch noch total verzweifelt an den den Haaren herbeigezogen. Die Passage wirkte so uninspiriert, haltlos und austauschbar, dass wir das an dieser Stelle einmal selbst ausprobieren:

Das Modell Yoda am Beispiel von Osama Bin Laden

These: Der ehemalige Anführer von Al-Qaida ist ein Mentor von Yodas Schlag.
Okay, sofern Sie oft auf völlig willkürliche und unwitzige Behauptungen hereinfallen, folgt nun die küchenpsychologische Beweisführung: Bin Laden schulte junge Menschen, die bereit waren, für die 'Macht' auf eine Hand, ein Bein oder die Integrität ihres gesamten Körpers zu verzichten. Er entsagte den Annehmlichkeiten einer technisierten (westlichen) Welt und zog sich eremitenartig in eine weit entfernte, unbesiedelte Region zurück, um der Rache eines hochgerüsteten Ungläubigen zu entkommen. Von dorther entsendet er selbst ausgebildete Kämpfer, um dem Beherrscher des Universums das Leben schwer zu machen.
Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass er mit dem heutigen Feind einstmals zusammengearbeitet hatte.
Kommt Ihnen das etwa nicht aus dem Kino bekannt vor? Echt nicht?
Dann haben sie sich einen Funken Menschenverstand bewahrt!

5. „Sorge Dich nicht, beame“ ist streckenweise beleidigend und verpasst es, das Potenzial zu nutzen, das insbesondere Star Trek bietet. Vor allem Christian Humbergs Vergleiche empfand ich als streckenweise sogar den Tatbestand der Verleumdung erfüllend. Aus seiner Richtung hätte ich Äußerungen wie "Star-Trek-Freunde gehen nicht ins Stadion [...]" (S. 70) oder der Vergleich von Star-Trek-Musik mit der am Ballermann (vgl. S. 155) einfach nicht erwartet.

Star-Trek-Freunde im Stadion
Umso trauriger, dass Humberg selbst der Meinung ist, dass die Kernaussagen dieses Buches tatsächlich ernst gemeint seien.
Daher noch einmal der deutliche Hinweis von einem glücklich verheirateten Menschen: Nutzt dieses Buch um Himmels Willen nicht als Leitfaden zur Partnersuche, als Wegweiser für den Arbeitsalltag oder als Grundlage für nachbarschaftliches Miteinander!
Wenn man ein solches Buch schon mit einer gehörigen Portion Ernst versehen möchte, hätten sich andere Themen doch viel besser angeboten.
Warum nicht ein Kapitel zum Entsagen von Gefühlen?
Oder über Ehre und den ständigen Kampf wie bei den Klingonen?
Warum nicht ein Kapitel über Leute, die einen mit Massentrends wie dem Geek-Begriff assimilieren wollen?
Ein Buch der verpassten Gelegenheiten.

Übersetzung: Da dieses Buch in deutscher Sprache erschienen ist und nicht übersetzt werden musste, halten sich die Fehler in Grenzen.
Sollte man meinen!
Aber so ein Fehlerteufel lässt sich nicht so einfach vertreiben, weswegen man schon mal träge Formulierungen wie "Serienepisoden" (S. 13, das ist fast so gut wie "Haarfrisuren"), unmögliche Steigerungsformen wie "falscher" (S. 74) oder vergessene Fragezeichen (S. 174) finden kann. Das wäre nicht so schlimm und auch gar nicht der Erwähnung wert, wenn nicht die beiden selbsterklärten Star-Trek- und star-wars-Experten traurige Fehler miteingebaut hätten, die ihr Werk mit weiteren Fragezeichen versehen.
Wenn man die Heimatwelt Leias als "Adleraan" (S. 20) und den Bordfriseur der Enterprise als "Mott" (S. 120) führt, darf der Leser auch leise zweifeln...

Anachronismen: Ob der vielen Argumente, die benutzt werden, um die Beweisführung der Autoren zu stützen, kommt es recht häufig vor, dass zweifelhafte Aussagen getroffen werden, denen man sich mit etwas Hintergrundwissen nicht so vorbehaltslos anschließen kann.
So etwa die Aussage, "Ein Sheldon käme in der Sternenflotte weit." (S. 71). Das ist völliger Unsinn, denn die Aufnahmetests der Sternenflotte sind nicht nur auf Intelligenz ausgerichtet, sondern beinhalten auch sportliche und psychologische Grundanforderungen, denen Sheldon Cooper aus der "Big Bang Theory" keineswegs genügen würde.
Ähnlich verhält es sich mit der Behauptung, dass in Gene Roddenberrys Universum nicht frisch gekocht werden würde (vgl. S. 134f.). Dabei müsste es der Haus-und-Hof-Übersetzer der Deep-Space-Nine-Bücherreihe besser wissen. Immerhin ist Ben Sisko begeisterter Koch (vgl. "Das Equilibrium") und in Star Trek VI: "Das unentdeckte Land" kann man sogar einen Blick in die Großküche des Schiffes werfen. In der letzten Folge "Enterprise" schlüpft William T. Riker höchstpersönlich in die Rolle des Schiffskochs der NX-01. Und von Neelix wollen wir lieber erst gar nicht zu sprechen anfangen.
Selbst die These, star wars wäre in puncto Wohnraum non-konformistischer als Star Trek (vgl. S 136ff.), stimmt auch nur dann, wenn man die Quartiere auf den verschiedenen Sternenflottenschiffen als Standard heranzieht. Bedenkt man aber, dass Picard Miteigentümer eines Weingutes ist (vgl. "Familienbegegnung"), Sisko sein eigenes Haus auf Bajor gebaut hat (vgl. "Im Ungewissen") und selbst Barclay in San Francisco ein ansehnliches Appartment bewohnt (vgl. "Das Pfadfinder-Projekt"), wird auch diese Argumentationskette rasch hinfällig. Schließlich mussten die beengten Wohnverhältnisse auf dem Millennium-Falcon auch nicht als Gesamteindruck für die star-wars-Unterbringungen im Allgemeinen herhalten.
Natürlich reicht meine Expertise nur für Star Trek, doch selbst mir fiel die löchrige Argumentation bei star wars auf: Nur weil man Chewbacca einmal Dejarik spielen sieht, erklären die Autoren die Schach-Abart gleich zu seinem Hobby (vgl. S. 189). Ein weiteres gutes Beispiel dafür, wie viel wichtiger den Autoren die eigenen Argumentation vor den Fakten ansetzten.
Daneben nervte ab einem bestimmten Punkt auch die ständige Schleichwerbung für Bücher im Allgemeinen und insbesondere jene Bücherreihe, an der Christian Humberg als Übersetzer mitwirkte (vgl. z.B. S. 93, S. 171 oder S. 204) - immerhin gehören die literarischen Star-Trek-Produkte nicht in den offiziellen Kanon. Als Geek oder Nerd sollte man sich dieser Tatsache bewusst sein, weshalb sich der Eindruck der unverhohlenen platzierten Werbung förmlich aufdrängt.
Beschließen möchte ich diese Rezension schließlich mit einer Frage, die die Autoren in den Raum stellen und die ich an dieser Stelle mal einfach beantworten werde:
"Wäre es zu weit hergeholt, Kahless mit dem Bundespräsidenten zu vergleichen?" (S. 231)
Ja!

Fazit: Wenn Andrea Bottlinger und Christian Humberg auf die Vorschläge ihres Verlages gehört hätten, wäre mir die neue Negativtiefstbewertung sicherlich erspart geblieben. Obwohl die gute Idee, das handwerkliche Rüstzeug oder der große Enthusiasmus der Autoren beim Lesen deutlich spürbar werden, scheitert das Werk in fünf zentralen Punkten:
Nr. 1: Es schwimmt antriebslos im Strom der zweifelhaften Geek-Modewelle
Nr. 2: Es vermengt auf unsinnige Art und Weise Star Trek mit star wars
Nr. 3: Es ist in etwa so witzig und spritzig wie eine Fiebergrippe
Nr. 4: Es beinhaltet zweifelhafte Ratschläge, die mit unpassenden Beispielen untermalt wurden
Nr. 5: Es beleidigt Fans und verschenkt Potenzial
Hinzu kommt, dass es Rechtschreibfehler aufweist, die einem solchen Druckerzeugnis einfach fehlen müssen und leicht widerlegbare Argumente nutzt, um die eigenen küchenpsychologischen Erkenntnisse zu untermauern. Um einen Vergleich zu ziehen, wie er in diesem Buch des Öfteren zu lesen ist: "Sorge Dich nicht, Beame" gehört in jedes Nerd-Bücherregal wie Jar Jar Binks in den Galaktischen Senat.

Denkwürdiges Zitat:

"Verschwinden sie schnellstens aus diesem Buch!"
S. 111

Bewertung: Sorge Dich nicht, lies etwas Vernünftiges!


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