Freitag, 6. Mai 2011

Den Frieden verlieren

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Buchbesprechung Leisner, William: Den Frieden verlieren. Cross Cult, 2011.

Story: Der von den Borg aufgewirbelte Staub hat sich inzwischen gelegt und nun ist es für die angeschlagene Föderation an der Zeit, sich die Wunden zu lecken.
Zahlreiche Welten liegen in Trümmern, Flüchtlingen vegetieren zusammengedrängt auf engstem Raum und die Milliarden Opfer hinterlassen Billionen trauernde, traumatisierte und verstörte Angehörige.
Zu ihnen gehört auch Jasminder Choudhury, deren Familie auf Deneva den Tod fand. Ihre kürzlich begonnene Liaison mit Worf, dem ersten Offizier der USS Enterprise NCC-1701-E, leidet schnell darunter und mehr und mehr zieht sich die stets so ausgeglichene Sicherheitschefin in ihr Schneckenhaus zurück. Selbst als ihr Schiff einen Transporter ausmachen kann, der Flüchtlinge ihrer Heimatwelt beherbergt, trägt dies nicht sonderlich zur Aufhellung ihrer Stimmung bei, denn Choudhury ist sich nur zu gut bewusst, was sich in den letzten Stunden ihrer Familie und ihrer Heimatregion zugetragen hat.
Derweil verbringen Kadohata und die schwangere Beverly Crusher etwas gemeinsame Zeit auf dem malerischen Meeresplaneten Pacifica. Doch nicht die Traumstrände locken die beiden Frauen, sondern die prekäre humanitäre (bzw. ‚spezitäre’)Lage in den Flüchtlingscamps des Planeten, die von den Einheimischen als Ärgernis empfunden wird. Zusammengepfercht, unterversorgt und von einem grassierenden Krankheitserreger bedroht eskaliert die Lage mehr und mehr, bis sich Beverly in ihrer Not an ihren Mann wenden muss und sich Kadohata mit einer Waffe in der Hand zwischen den Fronten der einheimischen Sicherheitskräfte und eines wütenden Mobs aufgebrachter Lagerinsassen wiederfindet…

Lobenswerte Aspekte: Eine Frage schwebte unheilvoll über meinem Schädel, während ich dieses Buch förmlich verschlang:
Bin ich vielleicht eine Frau?
Die Umstände legen es nahe!
Selten, um genau zu sein nie hat mich ein Buch so berührt wie dieses. Vielleicht liegt es nur daran, dass das Thema Tod mich ohnehin gerade im Besonderen beschäftigt oder dass Schlaf in den letzten paar Wochen Mangelware für mich war, doch dieser Science-Fiction-Roman hat es tatsächlich geschafft, mich auf emotionaler Ebene zu berühren.
Als Mann gebe ich so etwas natürlich ungern zu, aber wenn man zuvor David Macks Destiny-Trilogie gelesen hat und weiß, mit welcher Wucht der Borg-Einfall den Alpha- und Beta-Quadranten erwischte, wird man sich nur schwer dem menschlichen und außerirdischen Leid entziehen können, dass hier so schonungslos wie nie zuvor präsentiert wird.
So bekam selbst ich, der ich (selbstverständlich zu Unrecht) zuweilen als Macho verschrien bin, hin und wieder feuchte Augen und fühlte mich wie ein Voyeur, der sich an dem Leid anderer Leute ergötzt. Des Öfteren nickte ich vom Mitgefühl gepackt mit dem Kopf, wenn das traditionelle Star-Trek-Motiv „Tod und Krieg sind immer sinnlos“ zur vollen Blüte reifte und soviel sei bemerkt: das war ziemlich oft (jedoch nicht unerträglich oft) der Fall.
Dienlich ist dies vor allem den Figuren, denn so erhält ein jeder von ihnen ausreichend Platz zur freien Entfaltung. „Den Frieden verlieren“ ist ein Charakterroman der angefangen bei Jasminder Choudhury, Miranda Kadohata oder T’Ryssa Chen selbst alte Hasen wie Jean-Luc Picard, Geordi La Forge oder Beverly Crusher zugute kommt.
In diesem Zusammenhang sind besonders die Rückblenden von besonderem Interesse, denn sie leuchten nicht nur weiße Flecken auf der biografischen Landkarte einiger Figuren aus, sondern schaffen den Balanceakt, die Motive und Entwicklungskurven der einzelnen Personen zu erklären (vgl. S. 17, S. 105 oder S. 15ff.).
Bei all der Trauer gibt es aber auch einen Silberstreif am Horizont für all jene, die nicht unbedingt Freunde der bedrückten Stimmung sind. Tatsächlich gelingt es dem Autor William Leisner eindrucksvoll, den von Mack eher vernachlässigten Charakter T’Ryssa Chen zu entstauben und zu einem kongenialen Crewmitglied zurechtzubiegen, dass ein wenig Pepp in die ernste Angelegenheit zu streuen vermag (vgl. z.B. S. 62, S. 118ff. oder S. 201ff.).
Vor allem dieser Chen betreffende Satz von Seite 300 hat es mir wirklich angetan:

„Hier haben Sie ihre Autorisierung“, fauchte sie und bedachte ihn mit einer Handgeste, die ein vulkanischer Gruß hätte sein können, wenn dazu nicht drei Finger gefehlt hätten.

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Erdengestik meets Vulkanischen Gruß

Interessant daran ist allerdings nicht nur das Gleichnis, sondern vor allem die abweichende Rezeption, mit der Vulkanier hier auf ein gängiges Erdensymbol blicken.
Denn um ehrlich zu sein dreht sich bei Star Trek das gesamte Universum viel zu oft um die Menschheit und es ist in dieser Hinsicht erfrischend, einmal andere Perspektiven zu erfahren. So ist neben dem Vergleich irdischer und vulkanischer Gestik vor allem die Rezeption des irdischen Mittelalters durch Betazoiden (vgl. S. 149) und die Entsexualisierung des risanischen Jamaharon durch eine Einheimische (vgl. S. 11f.) wahrhaft wohltuend.
Besondere Bedeutung kommt Leisners Roman allerdings dadurch zu, dass es einen Neuanfang markiert, denn abgesehen davon, dass dieses Buch eines von dreien ist, in dem zeitgleich der Typhon-Pakt das erste Mal angesprochen wird (vgl. S. 316ff.), markiert es den Startpunkt für wirklich neue Abenteuer.
Die Borg sind tot, die anderen Mächte verbünden sich um einen Gegenpol zur Föderation zu bilden und die eigene Organisation ist in ihren Grundfestene erschüttert. Das allein macht es schon spannend, doch Leisner gelingt das Kunststück, die Crew endlich zusammenwachsen zu lassen. Wie sagt Picard auf Seite 279 so schon programmatisch?

Ich glaube, dieses neue Team beginnt endlich, zusammenzufinden.

Und nicht nur dass! Die neue Zusammenarbeit mündet in einer Katharsis, die in einem direkten Gegensatz zur hier ebenfalls angesprochenen (und völlig deplatzierten) Meuterei in Peter DavidsHeldentod“ (vgl. S. 56 und S. 176) steht und eine neue Ära der Enterprise einläutet. Besonders die antithetisch zu verstehende Weigerung Worfs, seinem Captain erneut das Kommando zu entziehen bietet durch seine Lösung hoffnungsvollere Ansätze für kommende Romane (vgl. S. 28ff.). Eine neue Crew hat sich endlich zusammengerauft, arbeitet Hand in Hand und bringt dem verdientesten Schiff der Flotte eine Reputation zurück, die einige von Leisners Vorgängern für fragwürdige Entwicklungen (Zauberborg, Meutereien oder Liebesschnulzen) aufs Spiel gesetzt haben. Die neue Mannschaft wird zwar Data, Riker oder Troi niemals das Wasser reichen können, verfügt aber über genügend Potenzial, um eine eigene Geschichte zu schreiben.

Kritikwürdige Aspekte: Wer in diesem auf Destiny unmittelbar aufbauendem Werk eine spannende Handlung sucht, muss unweigerlich enttäuscht werden. Das Actionfeuerwerk, die Raumschlachten und Phasergefechte der drei Vorgänger bleiben dieses Mal aus und die Geschichte ist zwar nachvollziehbar, aber beim besten Willen kein Kracher.
Das kann auch gar nicht der Anspruch dieses Buches sein, denn wie David Mack in seinen Schlussworten in „Götter der Nacht“ bereits zu Recht anmerkte, oblag es Personen wie Kirsten Beyer, die von seinem Vorgänger verursachten Scherben zusammenzukehren. Leisner hat ihr in diesem Gleichnis wohl den Müllbeutel gehalten.
Gerade im Hinblick auf diesen Umstand wäre allerdings ein weiterer begleitender Essay, der der Einordnung der beschriebenen Ereignisse gedient hätte, äußerst hilfreich gewesen.
Was für eine Situation herrscht in der Föderation? Ist dies ein Präzedenzfall in der Geschichte der Sternenflotte? Wie verhält es sich mit dem Typhon-Pakt?
Gerade letztere Frage bietet die Möglichkeit, das Buch mit zwei anderen Werken zu vergleichen: „Einzelschicksale“ und den fünften Titan-Band „Stürmische See“ (ein drittes Buch, „Full Circle“ von Kirsten Beyer, in dem es um den Fortgang der Ereignisse für die Voyager geht, ist bislang noch nicht in deutscher Sprache erschienen).
Während Titan dabei etwas außer Konkurrenz läuft, verdichtet sich relativ schnell den Eindruck, dass „Einzelschicksale“ eher auf die politischen Auswirkungen fixiert ist, während „Den Frieden verlieren“ die Aufgabe hat, die Ereignisse von der menschlichen, oder besser emotionalen Seite zu betrachten. Ein Indiz für diese These wäre, dass sich Hinweise auf „Einzelschicksale“ erst gegen Ende dieses Buches bemerkbar machen (vgl. 315ff.)
Einen weiteren Kritikpunkt wert sind die Abspaltungstendenzen verschiedener Föderationswelten wie sie in diesem Buch besprochen werden (vgl. S. 247ff. oder S. 317f.).
Nachdem bereits eine Vielzahl der Planeten, die man aus Filmen und Serien kannte, durch den Borg-Einfall in Destiny zerstört wurde, droht der Föderation nun Ungemach, weil verschiedene Welten mit dem Gedanken spielen, den Verein zu verlassen. Damit gehen die Star-Trek-Autoren das Risiko ein, das dem Zuschauer vertraute Bild des Star-Trek-Universums so weit zu entfremden, dass es seinen Wiedererkennungswert irgendwann verliert.
Überhaupt wirkt diese Entwicklung nicht allzu glaubwürdig. Heruntergebrochen auf die jüngeren Ereignisse der Erdengeschichte muss man doch festhalten, dass sich das Saarland nach dem Zweiten Weltkrieg nicht an Frankreich anschloss oder Louisiana trotz Katrina noch immer zu den USA gehört. Es passt schlichtweg nicht, dass in einer Zukunft, in der die Menschheit nach Weiterentwicklung strebt, seine Wurzeln derartig verneint und zu solcher Illoyalität neigt.
Befremdlich wirkte außerdem der Vergleich des capellanischen Admirals Leonard James Akaar, im Zuge dessen Picard unterstellt wurde, der Kirk dieses Jahrhunderts zu sein (vgl. S. 313f.).
Ich denke, dass wohl nichts in diesem (Star-Trek-) Universum so unzutreffend sein könnte, wie diese sehr weit hergeholte Behauptung. Die Unterschiede zwischen beiden Charakteren ist immerhin ein zentraler Kern TNGs und für viele der Grund, der Serie bis heute treu zu sein.
In „The Staircase Implementation“, einer Folge der „Big Bang Theory“ erfasst es Leonard Hofstadter wohl am besten, als er die schwierige Frage wiefolgt beantwortet:

Original series over next generation, but Picard over Kirk.



Nicht nur eine Frage des Haarteils: Picard oder Kirk?

Übersetzung: An dieser Stelle soll nicht noch einmal über die Verwendung von „Ensign“ (vgl. S. 30) oder „Medikit“ (vgl. S. 153) eingegangen werden, da dies bereits zur Genüge in den Rezensionen von „Märtyrer“ und „Mission Gamma I: Zwielicht“ geschah. Es sei nur mahnend der Zeigefinder erhoben um anzumerken, dass sich Cross Cult mittlerweile dabei ist, sich eine Sammlung von Begriffen anzueignen, die das Potential hat, in Richtung „Starfleet“, „Insignienkommunikator“ oder „Medo-Offizier“ des Heyne-Verlags gehen.
Beide Begriffe gehen an der deutschen Synchronisation zu weit vorbei.
Immer noch ungewohnt ist für mich das Duzen unter Offizieren wie Beverly Crusher und Miranda Kadohata (vgl. S. 98) oder Geordi La Forge und Worf (vgl. S. 171ff.), denn trotz allem privaten Verständnis dafür und trotz aller persönlicher Abscheu unseren Siez-Protokollen gegenüber verstößt auch dies gegen die Gewohnheiten der deutschen Synchronisationstradition, in deren Verlauf die TNG-Crew immerhin fünfzehn Jahre ohne das fraglos angenehmere wie glaubwürdigere ‚Du’ auskamen.
Der Rest des Romans ist relativ frei von Fehlern, doch wie immer ist ‚relativ’ sehr relativ, denn ein Satz auf Seite 252 hab ich in einer solchen Form seit dem ersten Vanguard-Band „Der Vorbote“ nicht mehr gesehen:

Uns wurden nicht nur all diese Flüchtlinge aufgebürdet, und das ohne jedwede Unterstützung der Föderation, nein, gleichzeitig werden auch noch unsere Mienen und Produktionsbetriebe föderalisiert.


Anachronismen: Es sind die kleinen Gesten, die diesen Roman so liebenswert machen. Popelige Erwähnungen in den Serien wie die "Shallash" (S. 82), das "Hermosa-Edbeben" (vgl. S. 165f.) oder "Omicron Ceti" (S. 271, der Planet, der hier für die Umsiedlung von Flüchtlingen in Erwägung gezogen wird, sollte laut "Falsche Paradiese" gar nicht bewohnbar sein) werden geschickt in den größeren Kontext eingewoben und erfreuen jene Fans, die sie erkennen und werden von jenen, die nichts damit anfangen können, nicht als störend empfunden.
Nun gut, auch in diesem Werk mal wieder vom lieben Geld zu lesen (vgl. S. 142 oder S. 275) obwohl in Filmen wie "Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart" oder "Star Trek IIX: Der erste Kontakt" und Folgen wie "Die Karte" oder "Die neutrale Zone" dem monetären System längst eine klare Abfuhr erteilt wurde, doch eigentlich ist dass schon der schlimmste Faux-pas des äußerst detailreichen Buches.
Nur wenn man unbedingt will kann man auch noch die Herkunft Geordi La Forges aus dem somalischen Mogadischu als 'etwas bemüht' bezeichnen, denn der französische Nachname legt eher eine ehemalige französische Kolonie, Amerika oder gar Frankreich nahe. Das an sich ist aber nicht weiter tragisch, denn in ein anderes Land umzuziehen ist sogar heutzutage nicht weiter schwierig und eigentlich ist die Idee, der heute arg gebeutelten Stadt einen solchen Lichtblick zu schenken, recht angenehm.

Fazit: "Den Frieden verlieren" heißt in diesem Fall vor allem, mit alten Lesegewohnheiten zu brechen. Der Abschied vom Actionspektakel 'Destiny' fördert eine einfühlsame und anrührende Charakterzeichnung zu Tage, die einer Crew gilt, die im Verlaufe der Handlung endlich zusammenwächst und den Staffelstab aufnimmt, der bereits "Mehr als die Summe" überreicht worden ist.
Obwohl durchaus die Gefahr besteht, dass sich Star Trek in seiner Buchform in eine Richtung entwickelt, in der die Föderation kaum mehr wiederzuerkennen ist, verspricht dieser Neubeginn auch eine verheißungsvolle Zukunft, denn endlich hat eine vielseitige Mannschaft zueinander gefunden, die das Original zwar nicht ersetzen kann, aber immerhin in der Lage ist, die Abenteuer des Raumschiffes Enterprise würdig fortzusetzen.

Denkwürdige Zitate:

"Was auch immer dem Entstehen unterworfen ist, ist dem Vergehen unterworfen. Das ist eine der fundamentalen Wahrheiten dieser Existenz: Alles ist vergänglich."
Choudhury, S. 145

"Heute ist ein guter Tag zum Leben."
Worf, S. 214

"Ich glaube nicht, dass es in den vier jahren meiner Zeit als Botschafter auch nur eine Situation gab, in der ich mich nicht gefragt habe 'Was würde Captain Picard tun?'."
Worf, S. 217

Bewertung: Auferstanden aus Ruinen.

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Weiterführende Leseliste:

TNG 01: Tod im Winter
TNG 02: Widerstand
TNG 03: Quintessenz
TNG 04: Heldentod
TNG 05: Mehr als die Summe
Destiny 01: Götter der Nacht
Destiny 02: Gewöhnliche Sterbliche
Destiny 03: Verlorene Seelen
TNG 06: Den Frieden verlieren

10 Kommentare:

  1. Sehr schön, ich hab jetzt mal mit ´ner Tradition gebrochen und mir Deine Rezi zu Gemüte geführt, ohne selbst das Buch schon gelesen zu haben, war einfach nach Deiner Erzählung heute neugierig! Klingt sehr spannend, und ich hoffe, die Leute von Cross Cult lesen Deine "mahnenden" Worte!
    Sehr schöner Nachmittag heute übrigens...

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  2. Hm, ich hab selten so wenig mit einer deiner Rezensionen übereingestimmt wie bei diesem Buch. Ich mein bitte... wie viele Planeten wurden denn zerstört? Und wie viele Flüchtlinge gibt es daher? Ein paar Millionen? Die können ja kein Problem sein für die Föderation. Die meisten sind ja umgekommen, daher kann das Flüchtlingsproblem nicht so groß sein. Und die Flüchtlinge von Risa... warum nach Pacifica? Sie sitzen doch in Raumschiffen. Warum ausgerechnet auf einen Planeten flüchten, der kaum Oberfläche hat? Warum nicht weiterfliegen zu einem Planeten mit etwas mehr Platz? Insgesamt war das Buch bemüht, hat aber viel zu viele unlogische Stellen, um mit 5 Sternen bewertet zu werden.

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  3. Moin Markus;

    Eigentlich freue ich mich, dass Du anderer Ansicht bist, denn so eine Rezension lebt ja davon, dass sich der Leser eine eigene Meinung bilden kann und mitunter die Eindrücke anderer Leser nicht teilt.
    Was wäre meine Arbeit denn wert, wenn sie nicht polarisieren würde? Ich erhalte genügend Zuschriften, die sich an meinen Einschätzungen stören, aber ich freue mich stets, über den Inhalt eines Buches diskutieren zu können.

    Ich für meinen Teil bin nämlich mit einem anderen Rechenspiel an die Sache gegangen:
    Planeten wie Risa oder Deneva sind zerstört; andere wie Vulkan oder Andor verheert. Nehmen wir einmal an, dass zehn Föderationsplaneten, deren Bevölkerungsdichte etwa dem heutigen Einwohnerstand der Erde entsprechen würden (ca. 6 Mrd.), von der riesigen Borgarmada ausradiert wurden (die Zahl zehn stützt sich auf die Angaben aus Mehr als die Summe, Destiny 1-3, Stürmische See, Einzelschicksale und Den Frieden verlieren). Gehen wir ferner davon aus, dass nur ein Prozent der jeweiligen planetaren Bevölkerung gerettet wurde (immerhin 60 Millionen pro Planet, also 600 Million insgesamt). Hinzu kommen Flüchtlinge von den verheerten Planeten, Überlebende von Sternenbasen sowie Panik-Flüchtlinge von versehrten Welten (wie die Familie Kadohata). Insgesamt gehe ich daher eher davon aus, dass die Flüchtlinge in die Milliarden und nicht in die Millionen gehen.

    Anhand aktueller Beispiele lässt sich ferner festmachen, dass Flüchtlinge nicht dazu tendieren, weite Reisen auf sich zu nehmen. Nimmt man Palästina als Beispiel, so muss man feststellen, dass sich die Flüchtlingslager in unmittelbarer Grenznähe auf dem Territorium der Nachbarstaaten Ägypten, Syrien, Jordanien und dem Libanon befinden, obwohl das Hinterland mitunter mehr Fläche bietet.
    Ich glaube nicht, dass sich dies in ferner Zukunft ändern wird, zumal Überlebende sicherlich andere Prioritäten setzen würden, als sich zu überlegen, wie man sich am besten im riesigen Föderationsraum verteilt.
    Pacifica wurde also nicht zum Ziel weil es so schön ist, sondern weil es im unmittelbaren Erreichbarkeitsradius der Zuflucht suchenden Schiffe lag.

    Eine der Stärken Star Treks war es stets, tagespolitische Vorgänge in die Zukunft zu transportieren, um dem Zuschauer/Leser zum Nachdenken über die aktuelle Situation zu animieren. Meiner Meinung nach gelingt dies Leisner außerordentlich gut, weshalb ich fünf Punkte für absolut gerechtfertigt halte.

    Für eine Diskussion bin ich selbstverständlich offen, denn natürlich muss man den Bogen überstrecken, um entsprechende Themen ansprechen zu können. Persönlich finde ich dies hier gelungen, was nicht bedeuten muss, dass alles eitel Sonnenschein ist. Wenn Du also gegenteilige Argumente in petto hast, habe ich immer ein offenes Ohr/ Auge dafür...

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  4. Hi

    Danke mal für deine Antwort. Ein Rechenspiel hab ich auch angestellt, aber ich komme auf deutlich weniger Flüchtlinge: ich hatte die Zahl von etwa 3 Millionen Flüchtlingen pro Planet im Kopf. Von Deneva waren es ja zb viel weniger. (Man denke nur an Europa Nova, wie lange da die Evakuierung von nur ein paar Millionen Menschen gedauert hat). Das macht bei rund zehn zerstörten Planeten weniger als 50 Millionen Flüchtlinge. Andere sind wohl nicht relevant, weil die ja auf ihre eigenen Planeten wieder zurückkehren können.
    Letztlich verteilen sich die 50 Millionen also auf rund 150 Mitglieder - plus unzählige Kolonien, Starbasen usw... Bleibt nicht so viel übrig...
    Außerdem: es sind gerade zig Planeten zerstört worden, die Leute haben ihre Heimat verloren. Und jetzt heulen alle los, weil sie mal ein paar Tage oder Wochen in einem Lager hocken? Was erwartet man denn? Dass bereits fertig gebaute Häuse auf neuen Planeten auf die warten? SO katastrophal können die Bedingungen ja nicht sein.

    Pacifica ist auch noch so ein Thema: dass es die Flüchtlingsschiffe nicht noch einen Planeten weiter kämen, halte ich für unrealistisch. Wir sind innerhalb des Föderationsraums, so weit liegen die Planeten da ja nicht auseinander...

    Die Idee, aktuelle Zustände abzubilden, finde ich ja großartig. Aber Leisner macht das für meinen Geschmack einfach zu sehr bemüht, zu unrealistisch.

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  5. Moin Markus;

    Na gut, ich sehe schon, mit hypothetischen Rechenspielen können wir beide unsere jeweilige Position stützen.
    Also ein Autoritätsargument!
    Der Times-Korrespondent Atkinson sprach in "Schlaglicht auf die Stadt der Lichter" vom 22. Februar 2381 von "[...] Milliarden von Flüchtlingen von Andor, Vulkan und anderswo [...]" (DeCandido, Keith R.: Einbzelschicksale. Cross Cult, 2010, S. 361).
    Pacificia hingegen wird bereits in Destiny als Schwerpunkt der Flüchtlingsbewegungen erwähnt:

    "In der Zwischenzeit waren er und die Kinder zusammen mit mehreren Millionen anderer, hastig vertriebener Flüchtlinge auf Pacifica angekommen." (Mack, David: Destiny 3. Verlorene Seelen, Cross Cult, 2010, S. 415.)

    Wie Cestus III oder Zelda liegt Pacifica laut dem Star Trek Sternenatlas von Georg Mandel nämlich in jenem Ring, der die "[...] in hundert Lichtjahren in allen Richtungen um den Azur-Nebel herum eine Todeszone [...]" (Mack, a.a.O., S. 404) gewordene Raumgegend umschließt. Als Flüchtlingsziel müsste der landmassenarme Planet also erste Wahl sein.

    Ich will mich jetzt nicht hinstellen, die Zeigefinger übereinander reiben und sagen, dass ich Recht hatte, sondern muss Leisners gute Arbeit an dieser Stelle verteidigen, die strikt in dem Rahmen blieb,

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  6. der ihm von anderer Seite vorgegeben wurde. Wenn also jemand die Sachlage wirklich bemüht hat, dann doch sicherlich bereits David Mack, der mal eben 7.000 Borg-Kuben in Richtung Erde schickte. Aber da beschwert sich kaum jemand, denn das war ja spannend zu lesen. Leisner hingegen muss die Scherben auffegen, die andere hinterlassen haben und hatte schlichtweg gar keine Möglichkeit, an den bereits festgelegten Mengen herumzubasteln. Tatsächlich beschrieb er in Den Frieden verlieren"" sogar mehrmals, dass die Flüchtlinge auf dem gesamten Planeten verteilt wurden und dass die größere Menge an zusammengepferchten Vertriebenen auf dem Hauptkontinent aus der Überfüllung der Hotel- und Vergnügungsplätze resultierte.

    Das klingt jetzt alles schärfer, als es gemeint ist. Ich verteidige eigentlich nur ungern Autoren die ich kaum kenne, aber ich bin noch immer der Meinung, dass dieser es verdient hat...

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  7. Achja, der liebe IE9. Da glaubt man, man hätte eine Antwort gepostet - aber nein, der IE schafft das nicht *grummel* Also jetzt mit Firefox... ^^

    Also gegen Autoritätsargumente komm ich wohl nicht an ;) Aber auch wenn "die anderen" Autoren schuld sind und Leisner nur ihr Chaos aufräumt, so wirkt dieses Buch doch etwas weit hergeholt und die Handlung zu sehr konstruiert. Wie gesagt, schon allein, dass die Flüchtlingsschiffe nicht einfach weiter geflogen sind. Es müsste ja jetzt eine riesige Zahl an Schiffen im Orbit von Pacifica liegen... Aber ich fürchte, dass meine Kritik an Leisners Arbeit wohl meine private Meinung bleiben wird ;)(

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  8. Wie sagte der schwarze Ritter in "Die Ritter der Kokosnuss" so schön: "Na gut, einigen wir uns auf Unentschieden!"

    Natürlich könnte ich jetzt sagen, dass alle Schiffe irgendwo anders gebraucht werden und dass das schnelle abladen der Flüchtlinge an einem nahen Ort daher dem engen Terminplan geschuldet ist - abba schwupps!
    Da fällt es mir wieder ein:
    Ich betreibe hier ja ungewollt Missionsarbeit für Leisner und eigentlich will ich das gar nicht. Wozu sollte ausgerechnet ich andere von meinem Standpunkt überzeugen? Ist nonsens, aber falls Du dich entschließt, eine eigene Rezension zu schreiben, so würde ich die sehr gern lesen...

    Darüber hinaus gab es in letzter Zeit einige Probleme wegen Wartungsarbeiten bei Blogspot. Fehlerkorrekturen wurden nicht angezeigt, neue Blogeinträge waren am Folgetag spurlos verschwunden und seitenelemente lösten sich in Luft auf. Nicht, dass ich den Internetexploter verteidigen möchte, abba es liegt im Bereich des Möglichen, dass er unschuldig ist...

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  9. Genau, untentschieden ;) Leider wirst du wohl nie eine Rezension von mir lesen können - dazu bin ich leider zu unfähig :D aber ich werd weiterhin deine gerne lesen :)

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  10. Richtig guter TNG-Roman, der auf Drama und Trauerbewältigung wert legt - und gleichzeitig versucht Hoffnung zu verströmen. War sehr angetan.

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