Sonntag, 15. Mai 2011

Das höchste Maß an Hingabe

Buchbesprechung Mangels, Andy; Martin, Michael A.: Das höchste Maß an Hingabe. Cross Cult, 2011.

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Story: Die Sicherheit der Erde wird in der Delphischen Ausdehnung verteidigt.
Jedenfalls im Jahr 2153, denn nach einem Überraschungsanschlag einer Xindi-Sonde auf die Erde hat der Planet sieben Millionen Opfer zu beklagen. Die Mission der Enterprise NX-01, das Weltall zu erkunden, wird kurzerhand abgebrochen und durch einen neuen Auftrag ersetzt: Die mysteriösen Angreifer ausfindig zu machen und von einem weiteren, endgültigen Anschlag abzuhalten.
Die Sternenflottenoffiziere um Captain Jonathan Archer erhalten bei diesem besonderen Ausflug in jene Raumregion, in der die Gesetze der Physik auf den Kopf gestellt scheinen, Unterstützung durch eine elitäre Militäreinheit, die den eher auf Forschung ausgerichteten Sternenflottenmitgliedern als schlagkräftige Eingreiftruppe zur Seite stehen soll: Die MACOs.
Doch die langwierige Suche nach Hinweisen, persönliche Tragödien, die beengte Wohnraumsituation und die merkwürdigen Weltraumanomalien bereiten der gesamten Besatzung schlaflose Nächte und verschärfen ferner die latenten Spannungen zwischen Crew und Soldaten.
Als endlich Spuren ausfindig gemacht werden können, die auf Xindi-Aktivitäten in der unmittelbaren Umgebung hinweisen, herrscht plötzlich geschäftiges Treiben auf dem Schiff.
Ein Teil der Crew fällt zwar einer ungewöhnlichen Anomalie zum Opfer, die unter anderem Hoshi Sato und Trip Tucker außer Gefecht setzt und in ein alptraumreiches Koma mündet, doch die Einsatzfreude ihrer Schiffskameraden leidet kaum darunter. Archer, Hayes und Reed gehen zwecks näherer Untersuchungen mit einigen anderen MACOs und Sternenflottenoffizieren auf einen staubigen Handelsplaneten, während sich die Enterprise unter dem Kommmando T'Pols zurückzieht. Archer gelingt es, einen zweifelhaften Weltraumschmuggler zu entführen, der mit den Xindi einträgliche Geschäfte betreibt und mit seinem kleinen Schiff eine nahegelegene Basis der neuen Erzfeinde der Menschheit anzufliegen.
Derweil verfolgt ein von Mayweather gesteuertes, mit MACOs vollgepacktes Shuttle die Abgasspuren von Xindi-Schiffen und stößt auf eine automatisch betriebene Kemocit-Raffinerie.
In einer Gravitationspartikelwolke kommt es schließlich zum großen Showdown: Archer muss erkennen, dass er in eine plumpe Falle getappt ist und Mayweather sieht sich einem militärischen Himmelfahrtskommando ausgesetzt, das kaum ohne Todesopfer zu bewältigen ist...

Lobenswerte Aspekte: Zugegeben, ich zähle zu jenen Star-Trek-Fans, die die letzte Star-Trek-Serie großartig fanden. Angefangen von der Rückkehr zu den Anfängen der Föderation, über den Hauptdarsteller bis hin zum Temporalen Kalten Krieg: Ich denke, diese Serie wurde weit unter Wert verkauft.
Und dennoch haben manche Kritiker nicht ganz Unrecht. Die ersten beiden Staffeln waren, von einigen wenigen Höhepunkten abgesehen, belanglos. Viel zu oft blieb die Serie weit hinter dem Potential zurück (wenn es etwa um die Klärung verschiedener offener Fragen späterer Serien geht). Und: So richtig Fahrt aufgenommen hat die Serie erst mit der vierten Staffel.
Umso trauriger, dass es nie zu einer fünften Staffel Enterprise kam, denn die großartigen Ideen, die zu diesem ungeborenen Kind aufgefahren wurden, lesen sich noch heute großartig.
So sollte die Crew der Enterprise auf die Kzinti treffen, die Wolkenstadt Stratos besuchen und zur Eröffnung einer ersten Sternenbasis beitragen. Zudem sollten auch Figuren wie Flint, die Borg-Königin oder die Spiegeluniversums-Imperatorin Hoshi Sato nochmals thematisiert werden.
Am spannendsten waren allerdings jene Ideen, die sich um die Romulaner drehten, denn immerhin war der Konflikt mit diesen Cousins der Vulkanier ein gewichtiger Faktor zur Gründung der Föderation.
So sollte der "Future Guy" als Romulaner enttarnt, T'Pols Vater als Mitglied jener Spezies vorgestellt und das Sternenimperium als zentraler Bösewicht inszeniert werden.
Wirklich schade, dass dies alles in die Kategorie "ungelegte Eier" fällt.
Aber zum Glück gibt es da noch Bücher!
Dieses Medium bietet nämlich tatsächlich die Möglichkeit, all dieses ungenutzte Potential für den Leser erlebbar zu machen und schon aus diesem Grund muss man diese Buchreihe, die hierzulande mit "Das höchste Maß an Hingabe" startet, als eine der vielversprechendsten bezeichnen, denn die Lücke, die drei fehlende Staffeln im Fernsehen gerissen haben, bietet dem gedruckten Wort die Möglichkeit, in diese Bresche zu springen.
Überraschenderweise setzt dieses Werk allerdings in einer Staffel an, die ich bewusst einmal ausgespart habe. Die dritte Staffel, obwohl sie am Ende der zweiten eingeleitet und mit dem Anfang der vierten abgeschlossen wurde, bildet einen abgeschlossenen Handlungsstrang, der etwas losgelöst vom Rest der Serie erscheint.
Wie Scott Bakula auf der FedCon XX nochmals zu Protokoll gab, war die Story eine Reaktion auf die Geschehnisse des Elften Septembers und aus dem nationalen Schock wurde ein interplanetarer, wenn nicht sogar ein interdimensionaler.
Und wer die Staffel kennt, weiß auch, dass man schnell nicht mehr folgen kann, sobald man auch nur eine einzige Folge verpasst hat. Umso mutiger von Michael A. Martin und Andy Mangels, ihre Roman in diesen eng gestrickten Ereignis-Schlagabtausch zu mischen - direkt zwischen die frühen Folgen "Die Xindi" und "Die Anomalie" (eine spätere Einbindung wäre schon allein aufgrund der engen Handlungsabstände unheimlich schwierig gewesen).
Tatsächlich gelingt es den beiden Autoren, die bereits mit den beiden Titan-Startbändern "Eine neue Ära" und "Der rote König" auf sich aufmerksam machen konnten, einige Themen viel deutlicher herauszuarbeiten, als es in der Serie geschah.
En detail wird hier der Xindi-Rat beschrieben (so erhalten einige unbekannte Mitglieder wie der insektoide Wortführer oder der aquatische Assistent endlich einen Namen) und das großartige daran ist, dass die inneren Streitigkeiten der insgesamt fünf Spezies umfassenden Gemeinschaft hier einmal deutlich zu Tage treten. Der Gegensatz zwischen Insektoiden und Reptilianern etwa, der in "Countdown" verhältnismäßig überraschend seinen Weg an die Öberfläche findet, wird dem Leser hier viel verständlicher (vgl. S. 273ff.).
Auch die Erklärung, warum die MACOs ausgerechnet einen Hai als Wappentier nutzen, findet hier Aufklärung (vgl. S. 30) - auch wenn das unfreiwillig komische daran ist, dass der Kurzflossen-Mako nicht nur ein eher harmloser Zeitgenosse ist, sondern darüber hinaus unter der Bezeichnung "Makrelenhai" zuweilen auch auf der Speisekarte heimischer Restaurants zu finden ist.

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Fressen oder gefressen werden?

Ganz besonders großartig war die clevere Art und Weise, wie der legendäre (wenn auch langatmige) Science-Fiction-Klassiker "2001 -Odyssee im Weltraum" in diesem Werk Aufnahme fand (vgl. S. 265f.).
Aufbau, Konzeption und Aufmachung sollten ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Bereits optisch macht der Roman Boden gut, denn mit dem eindringlichen Cover und den stilvollen Kapitellogos gelingt es umso besser, in die Atmosphäre der Serie einzutauchen. Konzeptionell ist besonders jener Teil hervorzuheben, der die eigentliche Geschichte mit einem Exkurs ins 23. Jahrhundert umschließt und in deren Verlauf sich die Wege zweier Star-Trek-Legenden unbewusst kreuzen.
So wirklich überraschend war allerdings der Schluss der Haupthandlung, denn auf dem obligtatorischen Opferradar hatte ich bis Seite 289 noch einen ganz anderen MACO als jenen, der dann schließlich ins kalte Weltraumgras beißen musste...

Kritikwürdige Aspekte: Zu den schlechtesten Staffeln kann die dritte Enterprise-Season ja schon allein wegen seiner beiden Vorgänger nicht gezählt werden. Die Gründe, warum sie jedoch auch nicht zum ganz großen Höhepunkt gereicht, sind zahlreich, können jedoch auf drei Hauptprobleme reduziert werden:

Nummer Eins: Mit dieser Staffel wird das originelle Intro so scheußlich aufgepeppt, dass es Ohrenkrebs verursachen könnte, wenn es so etwas gäbe. Dem Fliegenden Spaghettimonster sei es gedankt, dass dies in Büchern keine Rolle spielt.



Nummer Zwei: Die MACOs sind ein Ärgernis, denn sie bringen ein Ärgernis ins Star-Trek-Universum, dass nur gelegentlich zu spüren war: Militaristischer Stumpfsinn. Es wirkt irgendwie wie der zum Scheitern verurteilte Versuch, ein Stück Stargate mit den Idealen der Sternenflotte zu kreuzen - ein Unterfangen, dass von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.

Nummer 3: Am schlimmsten jedoch wiegt die Charakterwandlung des Captains der Enterprise, denn Archers sanftmütige, neugierige und offene Art verkehrt sich plötzlich in eine fanatische, rücksichtslose und unnachvollziehbare Figur, die irgendwie ganz und gar nicht in die Ahnenreihe verdienter Sternenflottencaptains wie Kirk, Picard oder Janeway passen will.

Den MACOs gelingt es auch in diesem Roman nicht, das Bild des tumben Befehlsempfängers und Feuerwerksfanatikers abzulegen. Im Gegenteil; die Entscheidung Changs, mit einer Raumfähre eine völlig unerkundete Xindi-Raffinerie auszuschalten (S. 134ff.), Hayes vorauseilender Gehorsam beim Foltern fremder Lebewesen (vgl. S. 106) und die widerlichen Bestattungsrituale der Militäreinheit (vgl. S. 278ff.) gießen eher noch Öl ins Feuer.
Ein wenig besser aufgearbeitet findet man hingegen Archers neue Charaktereigenschaften, denn in Buchform bietet sich immerhin die Möglichkeit, seinen inneren Kampf zu demonstrieren (vgl. z.B. S. 173ff.). Doch wer die Folge "Die Anomalie" gesehen hat, kennt auch schon die zweifelhafte Grundstory: Ein widerporstiger Außerirdischer zwingt den armen Kommandanten, seine inneren Skrupel zu überwinden und Folter als probates Mittel der Informationsbeschaffung anzusehen. Dadurch, dass besagte Folge nach diesem Buch stattfinden soll, wirkt dies unglaubwürdig und man muss den beiden Autoren vorwerfen, dass sie die Chance verpassen, auf diesen besonderen Wendepunkt in Archers Verhalten adäquat hinzuarbeiten. Archers Vorgehen innerhalb des Buches stellt so nämlich nur einen Spiegel späterer Handlungen dar, anstatt diesen Hintergrund zu verleihen.
Damit sind wir bereits bei einem weiteren zentralen Kritikpunkt angelangt: Der unheimlichen Voraussicht, die an mehreren Stellen zu offen zur Schau gestellt wird.
Natürlich ist es schwierig, einen Roman in eine Staffel einzubetten, deren Ausgang man bereits kennt, doch Hayes' Wissen um eine spätere handfeste Auseinandersetzung mit Reed (vgl. S. 47), die Gewissheit der MACOs, dass die Zerstörung einer einzelnen Raffinerie den Bau der Xindi-Superwaffe verzögern würde (vgl. S. 135) oder Mayweathers Kenntnis darüber, dass er die Exkursion in die Delphische Ausdehnung überleben wird (vgl. S. 303) dürfte den beteiligten Personen anno dazumal noch gar nicht geläufig sein. Solch aposteriorisches Wissen sollte tunlichst vermieden werden, um die innere Glaubwürdigkeit zu wahren.
Einziger Gewinner des Romans ist in diesem Zusammenhang Malcolm Reed. Ausgerechnet dem wortkargen Sicherheitsoffizier obliegt es, als Gegenpol zu Archers Foltergelüsten zu fungieren - tatsächlich zählen diese seltenen Momente zu den stärksten Szenen des gesamten Buches (vgl. S. 108ff oder S. 139ff.). Zudem werden mit den Rückblicken in die Vergangenheit des Engländers seine Aquaphobie und Folterabneigung näher beleuchtet, was dem Charakter wesentlich zugute kommt (vgl. S. 141ff.).
Umso trauriger, dass Reed in der Folge wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen wird und der ihm gebotene Platz nur temporären Charakter hat. Doch warum sollte es ihm besser gehen als all den anderen? Hoshi und Trip müssen sogar in ein Koma versetzt werden (vgl. S. 34ff.), um die Schreiber nicht davon abzuhalten, möglichst wenig über die verblieben Personen zu sagen. Selbst das Figurenpotential von Außerirdischen wie Phlox und T'Pol liegt in diesem Buch völlig brach.

Übersetzung: Na endlich kann das Wort "Ensign" (vgl. z.B. S. 22) offen und frei benutzt werden, ohne dass ich mich darüber beschweren könnte - im Gegensatz zum anderen Cross-Cult-Idiom "Medikit" (vgl. z.B. S. 119, S. 139 oder S. 262).
Übersetzer Bernd Perplies hat darüber hinaus sogar einige Schreibfehler des amerikanischen Originals ausmerzen können, so dass "Lawrence Marvick" (vgl. S. 9) oder "Kemocit-Raffinerie" (S. 267) hier in den richtigen Schreibweisen zu finden sind.
Danke dafür!
Weniger Dankbarkeit mag man hingegen für einen altbekannten Fehler des Übersetzers finden, der bereits in der Rezension zu "Mehr als die Summe" angesprochen wurde. Was mag wohl am folgenden Satz von Seite fehlen?

"Verstehe ich es richtig, dass Ensign Mayweather Sie auf ihrer Außenmission bei der Xindi Tank-Station begleitet hat."

Man kann es ahnen! Es ist nicht, das Wort "Tankstelle" statt "Tank-Station" (im englischen Original "fuel-station"), sondern etwas das in diesem Satz auf Seite 133 zuviel ist:

"Warten Sie?"

Richtig, das Fragezeichen (vgl. zudem S. 186)! Hoffentlich wird das nicht zu einem Markenzeichen des Übersetzers.
Zudem waren auch die vielen Referenzen auf "Terraner" (vgl. z.B. S. 15, S. 276 und S. 277) nervend, da diese Bezeichnung in der deutschen Synchronisation den Spiegeluniversumsmenschen vorbehalten ist. Allerdings ist die Bezeichnung unterschiedslos auch im englischen Original verwendet worden. Nun ist natürlich anzumerken, dass die hinlänglich bekannte amerikanische Universität selbst dort definitiv "Stanford" und nicht "Standford" (S. 217) genannt wird und dass ein "Wasserpolospiel" (S. 217) mit "Wasserballspiel" eine geläufigere Bezeichnung hat, sollte ebenfalls nicht verschwiegen werden (schließlich sagt man hierzulande ja auch nicht "Soccer" zum "Fußball").

Anachronismen: Wozu gibt es eigentlich einen offiziellen Kanon?
Das kann man sich getrost fragen, wenn man dieses Buch liest.
So liest man etwa in der ein- und ausleitenden Handlungsklammer davon, dass ein ehemaliges Besatzungsmitglied der Enterprise im Jahr 2238 - also noch rechtzeitig zum Start der USS Enterprise NCC-1701 unter den Lebenden weilt.
Fein, dachte ich mir, da haben die Autoren wohl auch biographischen Angaben aus dem von Mike Sussman verfassten Display aufgenommen, der aus sentimentalen Gründen sicherstellen wollte, dass die Sternenflottenlegende die Taufe des neuen Namensträgers mit erleben kann.
Aber nix da!
Es stellt sich am Ende nämlich heraus, dass dieser erwähnte Greis niemand geringeres als Charles Tucker III. sein soll.
Da schrillen natürlich sämtliche Alarmglocken, denn wie jeder weiß, starb der Ingenieur der Enterprise bekanntlich 2161 beim letzten offiziellen Flug der NX-01 in "Dies sind die Abenteuer...".
Gut, da hat sich jemand vertan könnte man meinen, doch tatsächlich ist dies pure Absicht! Ohne zuviel verraten zu wollen, kann ich schonmal den Ausblick geben, dass der Tod des Mannes angeblich nur vorgetäuscht war.
Also hab ich mir die Mühe gemacht, die entsprechende Folge noch einmal anzusehen und akribisch auf Anzeichen dafür zu achten, ob diese These durch irgendetwas gestützt werden könnte.
Und tatsächlich: Tuckers zweideutiges Zwinkern, bevor er in die Scannerkammer geschoben wird, Archers und Phlox' verschwörerischer Blick im Anschluss daran, seine Versicherung an T’Pol immer für sie da zu sein und die Tatsache, dass nie eine Leiche des Chefingenieurs zu sehen war, können als Indizien dafür geltend gemacht werden.
Diesen Indizien stehen jedoch knallharte Fakten gegenüber. So sieht sich William T. Riker dieses Programm explizit aus dem Grund an, um den Tod Tuckers mitzuerleben und daraus Lehren für sein eigenes Handeln zu ziehen. Auch Deanna Troi spricht deutlich vom Ableben des Südstaatensprosses (und müsste es ja schließlich als Person aus einer später folgenden Zukunft mit am Besten wissen). Und nicht zu vergessen, dass auch die Trauer T'Pols recht überzeugend wirkte. Und warum sollte jemand Shrans Verfolgung durch zwielichtige Verbrecher inszenieren, um einen Techniker zu einem Undercoveragenten umzuschulen?
Ohne Frage war Trips Tod im überhasteten Serienfinale mehr als überflüssig, unpassend und äußerst bemüht, doch was auf der Leinwand geschehen ist, gilt nun einmal als offizieller Kanon.
Dem zu widersprechen und auch noch einen ziemlich weit hergeholten, hanebüchenen Erklärungsversuch anzubringen, erinnert so stark an die Romane Shatners, der sich ebenfalls nicht mit dem Tod seiner Rolle abfinden konnte, dass ich kaum die Motivation aufbringe, dieses Werk sonderlich ernst zu nehmen.
Die restlichen Anachronismen des Buches erhärten ohnehin den Eindruck, dass das alles gar nicht sonderlich ernst gemeint sein kann.
So erfahren wir, dass sich Hoshi Sato angeblich ein Quartier mit der schwangeren Selma Guitierrez teilt (vgl. S. 25). Davon ist allerdings in "Exil" nichts mehr zu sehen - oder konnte die ohnehin nicht sehr lebensfreudige Söldnerin ihrer verkappten Existenz bis dahin doch noch ein Ende setzen können?
Abgesehen von fragwürdigen Vergleichen des Symbols der Erde mit dem der UNO unseres Jahrhunderts (vgl. S. 279) hat mich doch am meisten verwundert, dass O'Neill bereits auf zwei Schiffen der Daedalus-Klasse gedient hat. Und nicht nur dass; es waren auch noch ausgerechnet die Archon und die Essex!
Das Problem daran ist, dass sämtliche Erwähnungen dieser Schiffsklasse auf eine Zeit nach Enterprise datieren, und da die NX-01 das erste Warp-Fünf-Schiff der Erde ist, erscheint es relativ unwahrscheinlich, dass diese Schiffe aus eigener Kraft Sigma Iota II, Beta III oder Mab-Bu VI hätten erreichen können. Zudem wurde die NX-Klasse bereits 2161 außer Dienst gestellt, während Schiffe der Daedalus-Klasse bis 2196 ihren Dienst verrichteten. Viel eher gilt es daher als wahrscheinlich, dass die Daedalus-Klasse jene nächste Generation von Raumschiffen stellte, die in "Dies sind die Abenteuer..." ehrfurchtsvoll Warp sieben zugetraut wurde.

Fazit: Trotz des großen Potentials einer Fortführung der Serie "Enterprise" in Buchform bleibt "Das höchste Maß an Hingabe" weit unter seinen Möglichkeiten und kann nur punktuell andeuten, zu was sie fähig wäre.
So erfährt etwa Archers innerer Kampf ebenso wie die Gesellschaft der Xindi eine ausführlichere Beschreibung und das Ende kann mit der ein oder anderen Überraschung aufwarten.
Dass ausgerechnet die Wiedergeburt des totgeglaubten Tuckers eine dieser Überraschungen darstellt, ist dann doch zu übertrieben und zeugt von einem Willen zur Dehnung des offiziellen Kanons, die ansonsten nur bei Shatner-Romanen zu erleben ist. Außerdem verpasst es der Roman, echte Entwicklungsverläufe der Charaktere zu zeichnen, dem Zeitrahmen treu zu bleiben und das Potential der Figuren für sich zu nutzen.
Es bleibt immerhin die Hoffnung, dass die folgenden Enterprise-Romane diese Makel ablegen und endlich zeigen, dass die frühe Absetzung der Serie ungerechtfertigt war. Mehr als ein kleiner Richtungsweiser ist „Das höchste Maß an Hingabe“ trotz des unzutreffenden Titels jedenfalls nicht.

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Alte Liebe rostet nicht

Denkwürdige Zitate:

"Captain! Seit wann gehört Folter zu unserem Missionsprofil?"
Reed, S. 108

"Warum sind die Dinge in den guten alten flachbildprojizierten Science-Fiction-Filmen eigentlich nie so kompliziert?"
Archer, S. 222

"Und manche von uns haben das Glück, ein Schicksal zu finden, das sie zum Helden macht. Die Glücklosen bleiben derweil zurück und dürfen die Bruchstücke ihrer Leben zusammenklauben."
Guitierrez, S. 294

Bewertung: Holpriger Start.

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4 Kommentare:

  1. Ich hatte schon befürchtet, dass es keine so gute Idee ist, dass die neue Romanreihe bei der dritten Staffel ansetzt. Eben wegen möglicher Widersprüche und dem sinnlosen Nacherzählen aus der Fernsehhandlung. Auf der anderen Seite hat Cross Cult ja mehrfach gesagt, dass es eigenständige Geschichten sind, die nichts nacherzählen. Und das trifft ja auch zu. Aber wie ich deiner Beschreibung entnehmen kann, dann auch wieder nicht so ganz.

    Was ich, wie Du wohl auch, gut finde ist die Aufmachung des Romans. Das schürte in mir auch die Hoffnung auf ein action-lastiges und spannendes Abenteuer. Eventuell auch mit einem Schuss Humor. Wie in der Fernsehserie eben.

    Wie Du, bin auch ich der Meinung, dass die Serie viel zu früh abgesetzt wurde. In der vierten Staffel hatte die Serie endlich den richtigen Ton gefunden und hätte in dieser Form ruhig noch ein wenig länger laufen dürfen. DS9 und VOY sind ja auch erst mit der vierten Staffel und neuen Charakteren (Worf bzw. Seven) richtig gut geworden.

    Zum Finale von ENT. Das mit Tucker hatte aber auch ich so vermutet. Das es nicht zum Holoprogramm von Riker passt, war mir relativ wurscht. Ein Holoprogramm und Datenbankaufzeichnungen lässt sich ja auch sabotieren. Aus wer was für Gründen. Genauso könnte man Fragen, wieso es in ENT Rassen gibt, von denen Kirk, Picard, Sisko oder Janeway in der späteren Fernsehhandlung noch nie was gehört haben. Das ENT Finale war sowiso doof und ein schlechtes Ende für den Franchise in seiner alten Form.

    Und die MACOs waren auch doof.

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  2. Moin Bernhard,

    Schön, mal wieder von Dir zu hören/ lesen! Und natürlich toll, wie einig wir uns sind - wäre da nicht das Serienfinale.
    Nicht dass ich es toll fand (ich glaube, 'überhastet' trifft es am besten), abba die gute Absicht war zu erkennen und man konnte eine Serie wie diese mit einem Anspruch wie diesem (Rückblick auf die Ur- und Frühgeschichte der Föderation) nicht einfach so mit "Dämonen" und "Terra Prime" enden lassen.
    Tuckers Tod war unsinnig - doch endgültig genug für mich, um mit dem Charakter abzuschließen. Dass er so plötzlich von den Toten aufersteht, war in diesem Zusammenhang also ähnlich bemüht wie der vorherige Tod.
    Dennoch ist der Band dahingehend wichtig, denn der fälschlich totgeglaubte Chefingenieur wird in den kommenden Romanen eine größere Rolle spielen und ausgerechnet diesem, mitten in die dritte Staffel platzierten Roman obliegt es, den Wiederauferstandenen einzuführen. Insofefern verstehe ich Cross Cults Wahl - am schlechten Roman ändert es allerdings kaum etwas...

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  3. Tach Turon, mit Deinen 3 Kritikwürdigen Aspekten kann ich gut mitgehen, vor allem was diese Sternenkrieger namens MACOS angeht, aber das weißt Du ja! Eine Frage habe ich aber trotzdem, was hat die gesungene Titelmelodie mit dem Spaghettimonster zu tun?

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  4. Ich muss sagen, dass ich die Serie auch nicht so schlecht fand, wie sie allgemein bezeichnet wird. Ich habe sie immer wieder sehr gerne gesehen und fand vorallem die Schauspieler sehr gut ausgewählt.

    Die Romane habe ich auch alle gelesen und meine Meinung deckt sich meist mit deiner Rezension, zumindest was dieses Buch angeht ;)

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