Freitag, 27. März 2009

Vanguard 01: Der Vorbote

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Buchbesprechung Mack, David: Vanguard 01. Der Vorbote, cross cult, 2008.


Story
: Als die USS Enterprise NCC-1701 von ihrer ersten Mission am Rande der Galaxie zurückkehrt, benötigt sie dringende Reparaturen. Doch der Weg zurück in den Raum der Föderation ist noch weit und die Überraschung ist groß, als Cpt. Kirk feststellt, dass die Sternenflotte hier, mitten im nirgendwo, wo sich die Grenzen der Tholianer mit denen der Klingonen treffen, im Eiltempo eine neue Sternenbasis hochgezogen hat. Kirk, Spock und die anderen Brückenmitglieder des Schiffes kommen langsam hinter das streng gehütete Geheimnis, warum diese Station überhaupt existiert – auch wenn eigentlich noch niemand etwas mit dieser neuen und mysteriösen Entdeckung anfangen kann. Außer den Tholianern natürlich…

Lobenswerte Aspekte: Die Geschichte ist äußerst gründlich recherchiert, klug konzipiert und geschickt in den zeitlichen Rahmen eingegliedert worden. Neben Star-Trek-Anspielungen wie der Archer-Klasse, den Fontana-Auen oder Pennington sind es auch die Charaktere, die neben der Enterprise-Crew ein Gefühl der Vertrautheit erwecken. So begegnet der Leser hinlänglich bekannten Personen wie Jabilo M’Benga, Clarke Terrell oder Commodore Matt Decker. Überhaupt ist anzumerken, dass die Berichte über die Enterprise-Crew nur einen der vielen Erzählstränge des Romans bilden, und dass sie hauptsächlich dazu dienen, als Referenzpunkt für eine Art Spin-Off zu fungieren. Dies ist jedoch sehr angenehm, denn anhand neuer und frischer Charaktere werden tiefe Einblicke in Privatleben, Alltagsimpressionen, Bordleben, Sternenflottenprotokolle oder Intrigen gewährt. Eine genial geschilderte Raumschlacht rundet diese Elemente ab und letztlich beweist das Buch eindringlich, dass man eine gute Geschichte auch im bunten TOS-Universum am Laufen halten kann, ohne unseriös zu wirken. Der fesselnde Spannungsbogen und die liebevoll gestalteten Charaktere verleihen dem Ganzen eine gewisse Lebendigkeit. Eine lesbische Psychovulkanierin; ein cholerischer Chelarier mit gewöhnungsbedürftigen Essgewohnheiten; ein alkoholsüchtiger Weltraumschmuggler oder ein aufbrausender Latino-Commodore mit einer todkranken Mutter auf dem Mond; - sie alle sind glaubwürdig dargestellt und füllen einen leeren Platz für Antihelden im ansonsten schwarz-weißen Kirk-Zeitalter aus. Auch die nähere Beschreibung der Tholianer, eines Erzfeindes der Föderation bis hin zur Zeit Cpt. Picards, ist äußerst gelungen und füllt eine bislang noch unbesetzte Nische.
Gleichermaßen hervorzuheben ist der Verzicht auf Anachronismen. So wechselt die Besatzung der Enterprise auf Vanguard ihre Uniformen und Kirk ist noch nicht der Superheld späterer Tage, sondern muss sich noch beweisen, um aus dem Schatten seines Vorgängers Christopher Pike zu treten.
Anderen Rassen wird ein breites Spektrum zugewiesen. Man kann auf Orioner, Tellariten, Andorianer oder Vulkanier treffen; daneben gibt es noch eine Reihe von Vertretern unbekannter Völker. Auch die Menschen tragen nicht nur amerikanische, sondern auch polnische, deutsche, afrikanische, chinesische oder sogar isländische Namen.
Schließlich sollte auch noch das Zusatzmaterial erwähnt werden. Im Anhang des Buches finden sich kurze Personalakten zu den Hauptcharakteren und ein interessantes Interview mit dem Autor. Höhepunkt ist jedoch das ausklappbare, farbige Stationsschema in der Mitte der Station (Sternenbasis 47!!), das viele Schilderungen verständlicher macht.

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Ideal zum Nachvollziehen sämtlicher Figurenbewegungen: Wieviele Meter sind es von den Fontana-Auen bis zum "Manons"?


Kritikwürdige Aspekte: Es gibt vor allem ein großes Manko am Roman: die vielen Rechtschreibfehler. Gerne verhunzt der Übersetzer Eigennamen (Terrell oder Endeavour). In anderen Momenten beweist er, dass der Umgang mit den deutschen Fällen („wie er […] die Spuren von seinem Besuch vermeiden könnte, […]“, S. 184) oder der deutschen Orthografie nicht zu seinen Stärken gehört. Schlimmstes Beispiel dieser Unfähigkeit bildet das häufige Auftreten von „Dilithium-Mienen“. Andererseits muss man auch den Umfang bemängeln, den der Übersetzer zu bewältigen hatte: 395 sehr eng und klein bedruckte Seiten sind kein Lesestoff für Zwischendurch (deshalb dauerte die Anfertigung dieser Kolumne diese Woche auch etwas länger).
Ansonsten gibt es wenig zu meckern, außer vielleicht, dass ein guter MacAllen Single Malt Whisky zum Betrinken benutzt wird…

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Während der Lektüre: Desöfteren setzt der Kritiker vor Entrüstung seine Dilithium-Miene auf

Anachronismen: Um überhaupt Anachronismen entdecken zu können, muss man entweder lange suchen, oder den neuen Kinofilm abwarten. De facto weicht lediglich der Fähigkeitsbereich der Tholianer etwas von der Darstellung in ENT ab, aber die Episode wird für den Schreiber zu spät erschienen sein. Allerdings steht das telepathische Können der farbenliebenden Rasse auch nicht in einem direkten Gegensatz zu der dortigen Präsentation (ENT "Im finsteren Spiegel, Teil I").

Fazit: Wer schon immer einmal wissen wollte, woher Scotty das „grüne Zeug“ aus der TOS-Episode „Stein und Staub“ hat, sollte den Start der Vanguard-Reihe unbedingt lesen. Doch der Roman ist nicht nur etwas für TOS-Fans; er vermittelt ein lebendiges und differenziertes Bild der Sternenflotte des 23. Jahrhunderts und entspricht (noch) dem Kanon. Viel Zusatzmaterial steigert das Lesevergnügen zusätzlich. Kurz gesagt wird eine spannende Geschichte mit einem der besten Star-Trek-Bücher eingeleitet, das seit längerer Zeit erschienen ist.

Denkwürdiges Zitat:

Verflucht unnütze Teile. […] Schildgeneratoren. Sie halten nie länger als einen Treffer.“ Kevin Judge, Chefingenieur der USS Bombay, S. 141f.

Bewertung: Lesenswerter Einstieg in eine neue alte Welt.

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Weiterführende Leseliste:

Vanguard 01: Der Vorbote
Vanguard 02: Rufe den Donner
Vanguard 03: Ernte den Sturm
Vanguard 04: Offene Geheimnisse

Vanguard 05: Vor dem Fall

2 Kommentare:

  1. Absolutes Dito! Ich war mehr als begeistert über den Release dieses neuen Romans und brannte darauf, dieses Teil endlich lesen zu können. David Mack ist der Peter David der neuen Star Trek-Zeit. Einziger Makel war für mich zu Beginn, dass a) ich stets DS9 vor Augen hatte (Station, das ist für mich halt immer irgendwie DS9, kann's nicht abschalten) und b) dass ich die Charaktere zu Beginn nicht auseinander halten konnte. War ein bisschen viel auf ein Mal. Aber ein grossartiger Grundstein für eine neue Buchserie.

    Geiles Review!!

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  2. Häufiges Übersetzungs-Fettnäpchen: Die Übersetzung des englischen Wortes für Silicium, nämlich "Silicon" in "Silikon". Aus einer "silicon based life form" wird dann eine "auf silikon basierende Lebensform" im Deutschen, wo doch eigentlich "eine auf silicium basierende Lebensform" richtig wäre. Unfassbar, dass offenbar nicht das geringste naturwissenschaftliche Hintergrundwissen bei den Übersetzern vorhanden ist. Ansonsten ein sehr spannendes Buch, dass ich in sehr kurzer Zeit verschlungen habe, trotz einiger kleiner Makel. Aber der Trek Geek findet eben in jeder Suppe ein Haar, das er spalten muss :-D Viele Grüße aus dem Ruhrgebiet und ein großes Lob für dieses Blog

    Thomas

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