Sonntag, 4. Juli 2010

Destiny 01: Götter der Nacht

Buchbesprechung Mack, David: Destiny 01: Götter der Nacht. cross cult, 2008/2010.

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Story: Wieder einmal klopfen die Borg an die Tür der Föderation.
Nein, dieses Bild trifft es nicht ganz.
Also nochmal:
Die Borg kommen unangemeldet vorbei, klingeln nicht einmal und reißen beim Eintreten gleich die ganze Veranda nieder.
Schon besser!
Um den Motiven und Beweggründen der radikalisierten Borg auf den Grund zu gehen, richtet sich der prüfende Blick des Lesers auf die Ereignisse an Bord von vier verschiedenen Schiffen, die nur auf den ersten Blick nichts miteinander gemein haben.
Daher werfe ich mal einfach vier verschiedene Inhaltsangaben ins Rennen:

1. Die Columbia NX-02 befindet sich 2156 mitten im Kampf gegen die Romulaner. Die hinterlistigen Blutsverwandten der Vulkanier nutzen ein heimtückisches Computervirus, um die Kontrolle über die Bordsysteme des Schiffes zu übernehmen und die Besatzung zu zwingen, ihre eigenen Schiffe zu zerstören. Nur mit knapper Not kann die Columbia doch noch entkommen und in einer zwölf Jahre andauernden Unterlichtgeschwindigkeitsreise das nächste System erreichen. Am Ziel angekommen entpuppen sich die Eingeborenen als so hoch entwickelt, dass sie den popeligen Eindringlingen im Interesse ihrer eigenen Ungestörtheit die Weiterreise versagen. Schließlich wissen sie um die Tratschleidenschaft unterentwickelter Spezies! Captain Erika Hernandez findet sich daher rasch in einem goldenen Käfig wieder und macht sich keine großen Hoffnungen mehr darauf, ihre Heimat je wieder zu sehen. Nur ein paar ihrer Untergebenen werfen die Flinte nicht gleich ins Korn und planen eine folgenschwere Meuterei.

2. Im Jahr 2281 untersucht die hypermoderne USS Aventine unter dem Kommando Captain Ezri Dax' die Absturzstelle der Columbia NX-02 im Gamma-Quadranten. Es gibt kaum Hinweise darauf, was mit der Besatzung passierte und das ungewisse Gefühl, dass es im Wrack spuken würde, verunsichert die Mannschaft. Doch Captain Dax hat eine Ahnung, dass die Anwesenheit dieses Schiffes an diesem Ort mit den jüngsten Borgeinfällen im Zusammenhang stehen könnte, die ihr den Posten des kommandierenden Offiziers überhaupt erst ermöglicht haben.
Plötzlich jedoch sterben zwei ihrer Besatzungsmitglieder auf brutale Weise und als auch auf der USS Aventine ein Crewman auf ähnlich grausame Art eliminiert wird, ist dem jungen Captain klar, dass ein unbekannter Eindringling an Bord sein Unwesen treibt.

3. Währenddessen trüben dunkle Wolken das Eheleben der Rikers. Ihre gemeinsamen Bemühungen, Nachwuchs zu produzieren, drohen in einer weiteren Fehlgeburt zu enden und die ohnehin kriselnde Beziehung wird durch die Weigerung Deannas, eine (wenigstens für sie) lebenswichtige Abtreibung durchführen zu lassen, zusätzlich verschärft. Die Kommandohierarchie gerät ins Wanken und zu allem Überfluss lassen sich in der unmittelbaren Umgebung Hinweise auf einen Transwarpkanal der Borg oder zumindest etwas sehr ähnliches finden. Doch je näher die Titan dem Ziel kommt, desto offensichtlicher wird es, dass der Urheber dieser Anomalie nicht gestört werden möchte.

4. Zur gleichen Zeit kämpft die USS Enterprise NCC-1701-E als eines der Schiffe in der vordersten Frontlinie den verzweifelten Kampf gegen die Borg. Zur Verärgerung Picards ist die Enterprise als einziges Schiff der Sternenflotte im Besitz einer Waffe, die in der Lage ist, Borgkuben zu vernichten. Doch die Enterprise kann nicht überall sein und die andauernden Angriffe der Borg stellen eine gigantische Belastungsprobe für die Föderation dar. Picard versucht verzweifelt, den Ursprungort der Angriffe ausfindig zu machen...

Lobenswerte Aspekte: Na endlich! Wohl kaum einer Star-Trek-Romanserie wurde so heiß entgegengefiebert, wie der Destiny-Trilogie und nun ist sie endlich da!
Und schon mit den ersten Seiten beginnt sie, auf ganzer Linie zu überzeugen und den geneigten Leser in ihren Bann zu schlagen. In geschickten Wechseln springt die Handlung wie eine Billiardkugel über die Bande: von Dax zu Picard, von Picard zu Riker, von Riker zu Hernandez und von Hernandez wieder zu Dax.
Das klingt im ersten Moment sicher nach einer Menge Wuselei, doch dem Wunderkind David Mack gelingt es eindrucksvoll, den verschiedenen Erzählebenen nicht nur Eigenständigkeit, sondern auch einen gemeinsamen Nenner zu verleihen. Schnell wird klar, dass es sich hier um ein größeres Ganzes handelt, dem alle Protagonisten nur im Zusammenspiel auf die Schliche kommen können.
Und David Mack wäre nicht David Mack, wenn er nicht auf jeder einzelnen Seite beweisen würde, wie gut er sich in der Materie 'Star Trek' auskennt. Spielend jongliert er mit den großen Themen dieses Romans, der nichts anderes ist, als ein gigantisches Crossover aus Enterprise, Titan, TNG und Deep Space Nine. Unzählige Referenzen, Kurzanspielungen und Rückblicke verweisen auf die Sachkenntnis des Autors und es wäre müßig, sie alle aufzuzählen, denn schließlich waren es Werke Macks wie „Der Vorbote“ oder „Ernte den Sturm“, die den entsprechend hohen Standard setzten, der mittlerweile zum guten Ton für alle jene gehört, die selbst einen Roman veröffentlichen wollen.
Daher soll heute mal ein anderes Kriterium als Gradmesser für Macks Einfühlungsvermögen in die Serien und Filme dienen. Dazu erlauben wir uns einen gemeinsamen (zugegebenerweise halbherzigen) Blick über den Tellerrand: In der Futurama-Episode „Der letzte Trekkie“ weist Fry auf eines der zentralen Paradigmen der Original-Serie TOS hin:

"Das ist üblich, bei jeder Episode: Jemand taucht auf, mit einem komplizierten Plan; dann erklärt er ihn mit einer einfachen Analogie."

Tatsächlich kann man so etwas als eine eherne Tradition bezeichnen, die nicht nur TOS, sondern auch TNG und später folgende Serien nutzten, um dem Zuschauer nicht das Gefühl zu geben, vom ganzen Techno-Gebrabbel völlig abgehängt zu werden.
„Was auf dem Bildschirm funktioniert, kann in einem Buch nicht schaden“, muss sich David Mack gedacht haben, als er folgenden Austausch zwischen Rennan Konya, Beverly Crusher und Geordi LaForge auf der Seite 139 verfasste:

Das grundsätzliche Problem besteht darin, dass die Phaser darauf ausgelegt sind, Energieströme zu synchronisieren, und transphasische Waffen bauen auf das Gegenteil.
Äpfel und Orangen.
Wohl eher wie Äpfel und Forellen.

Aha! Keine Ahnung, wovon der sensible betozoide Sicherheitsrambo da eigentlich redet, doch der Arzt und der Chefingenieur können Licht ins Dunkel bringen: Der beschriebene Vorgang unterscheidet sich also nicht nur so sehr wie Kernobstgewächse von Zitrusfrüchten, sondern sogar wie Fisch von Obst! Fleisch und Grünzeug! Sehr einleuchtend!
Der österreichische Hauptmechaniker der USS Columbia, Karl Graylock, geht in seinen unblumigen Ausführungen auf Seite 299 sogar noch weiter:

Die Plattform erschafft ein intensives Subraumphasenstörungsfeld. Und die Impulse im Inneren der Säule sind Solitonwellen, genau wie Inyx gesagt hat. Ich denke, dass dieses Ding die Wellen durch den Subraum schickt und sie wie einen Bohrer benutzt, um ein Loch zu erzeugen, […] Der Phasenstörer arbeitet wie Mutter und Schraube und zieht die zwei Enden des Lochs zusammen, bis sie sich treffen.““

Bravo! Einfache Metaphern, die selbst ein mäßig handwerklich begabter Mann zu begreifen in der Lage ist! Mal eben mit Bohrer, Schrauben und Muttern die Funktionsweise eines künstlichen Wurmlochs zu veranschaulichen, ist schon eine Leistung, die einer entsprechenden Würdigung bedarf.
Damit ist allerdings nicht gesagt, dass das Niveau auf die Ebene eines Elektrikerlehrlings mit Lernschwäche herabgesenkt hätte. Ganz im Gegenteil!
William Shakespeare (vgl. S. 314), Walt Whitman (vgl. S. 260) und sogar Bertolt Brecht (S. 7), dessen „Mutter Courage“ hier das Einleitungszitat beisteuert, finden eine passende Einarbeitung in den Kontext und verlangen dem Leser zumindest etwas lohnenswerte Recherche ab. Gleichsam lohnend ist auch der Blick auf das Bild Pierre Drolets, dass den Autor David Mack überhaupt dazu trieb, dieses überaus spannende Werk zu verfassen.

Kritikwürdige Aspekte: David Mack bleibt sich treu. Wieder einmal überlässt er seiner Anhängerschar ein Buch, dem ein Ende fehlt. Die knapp 400 Seiten vergehen wie im Flug, doch am Ende findet man auf Seite 403 jenen bösen Satz, den man, gerade erst angeheizt von den kürzlich beschriebenen Entwicklungen, nicht wahrhaben will:

STAR TREK – DESTINY
wird fortgesetzt in
Buch II
Gewöhnliche Sterbliche

Neeeeeeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiin!! Ähnlich lautende Sätze waren bereits im vierten Titan-Band „Schwert des Damokles“ und dem fünften TNG-Relaunch-Werk „Mehr als die Summe“ der totale Stimmungskiller! Nun ist die Wartezeit auf den nächsten Band zwar überschaubar, doch gerade wegen des erhöhtes Suchtpotentials muss ich darauf hinweisen, dass man dieses Buch besser zu einer Zeit zu lesen beginnen sollte, in der die Veröffentlichung des dritten Bandes der Reihe unmittelbar bevorsteht.
Trotz seines auf dem ersten Blick großen Umfanges liest sich „Götter der Nacht“ nämlich fast wie von allein.
Doch der Leser muss für diese gnadenlose Spannung einen tödlichen Preis zahlen. Acamar, Ramatis, Barolia, Korvat und Admiral Owen Paris müssen für die Aufrechterhaltung der Dramatik das Zeitliche segnen. Für meinen Geschmack ist das in etwa so radikal wie die Idee, gleich den gesamten Planeten Vulkan auszuradieren, nur um ein paar jüngere Cineasten ins Kino zu locken. Doch wenn man Destiny liest, begreift man Abrams Schritt im elften Kinofilm schnell als logische Weiterentwicklung jener Radikalität, die bereits in diesem Buch seinen Anfang nimmt.
Ein Übermaß solcher Radikalität muss man in diesem Werk ebenfalls den MACOs zubilligen. Im Vergleich zu ihrem Pendant auf der Enterprise wirken diese Krisenreaktionskräfte der Columbia geradzu fanatisch!
Hatte ich sie mir zuvor eher wie eine erwachsenere Version der GSG9 vorgestellt, wirken sie hier plötzlich wie eine maoistische Guerilla-Terroristen-Truppe aus dem kolumbianischen Drogen-Dschungel. Die hirnlosen Charaktere irgendwo zwischen Kadavergehorsam und Führerwahn erinnern jedenfalls nur selten an ihre Vorbilder aus "Enterprise". Erst wenn man den Zweiteiler „Die dunkle Seite des Spiegels“ in den Kreis der möglichen Vorbilder aufnimmt, kann man gewisse Parallelen ziehen, doch die Vermutung liegt nahe, dass dies nicht in der Intention des Autors lag.
An Personen wie Foyle, Yacovino oder Pembleton manifestiert sich erstmals ein Problem, das man so bei David Mack nicht erwartet hätte: Eine ganze Reihe wichtiger Figuren offenbart deutliche Schwächen.
So wirkt der aus Folgen wie „Zuhause“, „Die Heimsuchung“ oder „Die Abweichung“ bekannte Captain der USS Columbia nur wie ein Schatten vorangegangener Darstelllungen. Etwas trostlos, schwach und kommandomüde wirkt die Frau wie eine Fehlbesetzung auf dem Kommandosessel und kann nur selten dem ungleich sympathischeren und kompetenteren Bild gerecht werden, dass auf Zelluloid von ihr gezeichnet wurde.
Eine ähnlich Fehlbesetzung in leitender Position tritt mit 'Captain' Ezri Dax auf. Also mal ehrlich, diese Figur wirkt stets so unsicher, ängstlich und aufgeregt, dass ich sogar Angst hätte, mit dieser Frau als Beifahrerin nachts in einem Panzer durch Berlin zu fahren! Sie bietet nichts von jener deutlichen Autorität wie sie Kirk, Picard, Sisko, Janeway und sogar Riker im Überfluss versprühen.
An diesem Punkt holt Jadzia ihren nachfolgenden Wirt wohl zu sehr ein. Die von Terry Farrell verkörperte Jadzia wäre tatsächlich eine Idealbesetzung dieses Postens gewesen, doch mit dem Wechsel zu Ezri und Nicole de Boer bedeutete es auch grundlegende Veränderungen für das neue Wesen, das aus der Vereinigung von Symbiont und Wirt entstand. Ihm sollte ein eigener Weg zustehen; ein eigenes Leben und eigene Entscheidungen. Gerade deshalb war die Entscheidung Ezris für Bashir und gegen Worf so interessant: Sie betonte den Unterschied.
Ezri Dax nun aber in Jadzias viel zu große Fußstapfen treten zu lassen, ist dem Charakter gegenüber unfair und funktioniert nur mäßig. Den harten Kommandanten eines neuen Superraumschiffes kann man ihr - trotz der Schilderungen aus "Offenbarung" - nur bedingt abnehmen.
Doch selbst jene Figuren, die schon tausend Mal nachvollziehbar beschrieben wurden, verlieren an Profil und Zurechnungsfähigkeit. Picard muss von seiner neuen Frau erst zur Vernunft geprügelt werden (vgl. S. 260), Riker heult sich mit dicken Krokodilstränen vor seinem ersten Offizier aus, die ohnehin alles von Anfang an gesagt hat (vgl. S. 64) und die ausgebildete Psychiaterin Deanna Troi kämpft scheinbar mit pränatalen Depressionen (vgl. s. 68ff.). Eine fürchterliche Nebenhandlung, die die für uns Europäer ohnehin schwer verständliche Abtreibungsdebatte in den USA mehr schlecht als recht thematisiert, denn der entsprechende Handlungsstrang auf der Titan so ekelhaft durchsichtig gestrickt, dass sich selbst ein mäßig fantasiebegabter Rosamunde-Pilcher-Freund problemlos ausmalen kann, dass die Caeliar ihr am Ende doch noch zu einer erfolgreichen Schwangerschaft und rosenfarbner Mutterschaft verhelfen werden.
Genauso schade ist, dass mit T'Ryssa das belebende Element des letzten TNG-Romans bedauerlicherweise in eine undankbare Nebenrolle verdrängt wurde. Ihr minimaler Kurzauftritt (S. 201) wird weder der Figur noch dem Potential gerecht, dass in der Halbvulkanierin steckt.
Etwas merkwürdig mutet außerdem die Namenswahl an, denn da spielen mindestens zwei alte Bekannte mit. Allein auf dem Kamikazeschiff USS Ranger dient nicht nur Nero (vgl. S. 183), sondern auch Schultheiss (vgl. S. 185)!

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Ein Schultheiss auf Nero und den Freitod der Ranger-Besatzung!

Weniger Wiedererkennungswert bieten die vielen Referenzen auf zuvor erschienene Bücher. Die Bände der Titan- und der TNG-Relaunch-Reihe sollte man gelesen haben und auch die Lektüre von „Die Gesetze der Föderation“ empfiehlt sich, um den ersten Abschnitt des Kapitels 15 richtig einordnen zu können. Bezüge auf Titel wie „The Brave and the Bold, Book II“ (vgl. S. 143), den Voyager-Roman „Full Circle“ (vgl. S.271ff.) und natürlich die obligatorische „A time to...“-Serie (vgl. S. 197f.) erschließen sich dem deutschen Publikum wenn überhaupt nur zaghaft, da die entsprechenden Werke bislang noch nicht in der hiesigen Landessprache erschienen sind.
Ganz besonders fade ausgefallen sind dieses Mal die „Zugaben“. Über den zweifelhaften Wert der aussagearmen „Timeline“ (S. 420/421) habe ich mich bereits in der Rezension zu „Mehr als die Summe“ ausgelassen. Aber auch die Auflistungen der „vorkommenden Besatzungsmitglieder“ der Schiffe USS Columbia (S. 404), USS Enterprise (S.405), USS Titan (S. 406) und der USS Aventine (S. 407), ist ein nicht minder schlechter Witz, denn sowohl auf der Columbia (Karin Gunnardóttir, Sidra Valerian, Brynn Melia), der Enterprise (Gary Weinrib, Rennan Konya), der Titan (Sariel Rager, Fo Hachesa, Aili Lavena) und der Aventine (Nevin Riordan, Naomi Darrow, Ensign Hockney) fehlen etliche, zum Teil handlungsrelevante Namen in der Liste.
Selbst Julian Wanglers Beitrag über die Chronologie der Borgangriffe (vgl.S. 411ff.) schert nicht aus dem Rahmen der Belanglosigkeit aus, denn wenn man über die entsprechenden Informationen nicht bereits selbst verfügt, lassen sie sich auch problemfrei im Internet recherchieren.

Übersetzung: Beim Lesen fühlt man sich schon etwas an den längst überwunden geglaubten Flair der Heyne-Übersetzung erinnert. Nicht nur, dass man auf das Wort „terranisch“ (S. 10) stößt, das in den verschiedenen Serien eigentlich den Spiegeluniversumsmenschen vorbehalten ist; auch die „Schotten“ (S. 382) feiern ein unnötiges Revival, wobei noch nicht einmal der Volksstamm von den britischen Inseln gemeint ist, sondern die Mehrzahl von „Schott“, obgleich in all den verschiedenen Serien der Plural „Schotts“ genutzt wurde.
In sämtlichen dieser Serien und Filmen habe ich ferner niemals das Adjektiv „subräumlich“ (S. 11) vernommen; von sehr frei übersetzten Begriffen wie „Raumfachwerk“ (S. 22) „Türglocke“ (S. 62) „Frachtbuchten“ (S. 311) ganz zu schweigen.
Hinzu kommen einige kleinere Fehler. So liest man auf Seite 314 „stüzen“ und auf Seite 141 „Rums“. Was sich wie der Genitiv oder Plural eines alkoholischen Getränkes anhört, soll in Wirklichkeit als onomatopoetischer Ausdruck für eine Explosion herhalten, obwohl bereits jeder halbwegs informierte Bildbetrachter des Lustigen Taschenbuches weiß, dass es korrekt „Rumms!“ heißen müsste. Daneben lassen sich weitere Flüchtigkeitsfehler wie in diesem Satz auf Seite 136 finden:

Wenn Choudhury recht hat, werden wir die Borg in wenige Stunden wiedersehen.

Ja sogar den Einsatz des Genitives, den ich eigentlich sehr schätze und selbst recht überschwänglich unterbringe, muss ich dieses Mal bemängeln:

Ich habe wegen dessen, was mit Yott und Komer geschehen ist, um eine Verlängerung gebeten, aber ich würde mich nicht darauf verlassen.

Da sich „wegen“ in diesem Fall (S. 149) auf etwas bereits Vergangenes bezieht, müsste hier eindeutig die Dativform „dem“ stehen, selbst wenn im süddeutschen Raum der zweite Fall den dritten oft verdrängt.
Verdrängen sollte man auch einige andere Übersetzungsmängel, die Unkenntnis über die Materie Star Trek vermitteln. So ein „Orione“ (S. 326) wird nämlich eher als „Orioner“ bezeichnet, und den Plural von „petaQ" richtig abzuschreiben, sollte eigentlich auch kein größeres Problem sein (vgl. S. 270).
Besonders gewundert hat mich auf Seite 347 die Anrede „Foyer“. Redet Yacovino allen Ernstes mit einer Eingangshalle? Oder verwurschtelte da die Übersetzerin Stephanie Pannen die beiden Protagonisten „Foyle“ und „Thayer“ zu einer Person, um Buchstaben zu sparen? Oder meinte Sie gar „Feuer“? Ein Mysterium, dessen Aufklärung Pannen uns schuldig bleibt.
Nun will ich nicht nur meckern. Die eigenmächtige Paarung von „Unfall“ und „Zufall“ (S. 270), die es in der englischen Sprache so ja nicht geben kann, ist clever gemacht und zeigt einen Aktionswillen, den ich mir bei der bereits erwähnten Analogie mit den Äpfeln und Orangen (vgl. S. 139) gewünscht hätte, denn im Deutschen gibt es eine ähnlich lautende Redewendung: Äpfel mit Birnen vergleichen.

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Von links nach rechts: Apfel, Orange, Birne, Forelle

Anachronismen: Wer Vanguard bereits kennt, der weiß, dass Anachronismen in David Macks Werken eher die Ausnahme denn die Regel bilden. Intensive Recherchen und geballtes Fachwissen des Autors verhindern, dass sich Widersprüche dieser Art trotz intensiver Suche überhaupt finden lassen.
Allerdings ist „Götter der Nacht“ nur der Startpunkt eines Dreiteilers, der sich viel zu klären vorgenommen hat, weswegen ich bis zum letzten Band „Verlorene Seelen“ eine endgültige Aussage vorbehalte.

Fazit: Wie nicht anders zu erwarten beglückt David Mack den Käufer von „Götter der Nacht“ mit einem spannenden, gut abgestimmten und authentischen Start in eine Trilogie epischen Ausmaßes.
Doch Mack geht für sein Ziel über Milliarden von Leichen und wütet im bekannten Star-Trek-Universum wie ein Berserker – der Vergleich mit Abrams elftem Kinofilm ist nicht unbedingt abwegig.
Die großen Schwachpunkte bilden allerdings die für den Autor ungewöhnlichen Schwächen in der Figurendarstellung und eine Übersetzung, die unliebsame Erinnerungen an Heyne wach werden lässt.

Denkwürdige Zitate:

Sie sehen das Schlachtfeld, Jean-Luc. Ich muss den Krieg sehen.
Admiral Nechayev, S. 136

Im Wesentlichen ist es so, Frau Präsidentin, wenn die Föderation das hätte, was man in der Geschichte der Erde eine 'Weltuntergangsuhr' genannt hat, ständen ihre Zeiger jetzt bei einer Minute vor Mitternacht.
Admiral Akaar, S. 267

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Neulich kurz vor zwölf in der Föderation

Bewertung: Ein verheißungsvoller Start mit ungewohnten Mängeln.

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Weiterführende Leseliste:

Destiny 01: Götter der Nacht
Destiny 02: Gewöhnliche Sterbliche
Destiny 03: Verlorene Seelen

3 Kommentare:

  1. Hmm. Viel erfährt man ja nicht über die eigentliche Handlung. Du willst nicht spoilern, richtig?

    Ich habs jetzt so verstanden: Es geht (wieder mal) um die radikale Borg-Splittergruppe, die man schon aus vorhergehenden TNG-Romanen kennt. Die Auseinandersetzungen, die sich mit dieser Randgruppe ergeben, werden perspektivisch aus vier verschiedenen Blickwinkeln wiedergegeben. Wobei sich die vier verschiedenen Sichtweisen um die individuellen Situation der jeweiligen Akteure ergänzt. Es gibt viel Action, schnelle Wechsel zwischen den Haupthandlungspunkten und eine ganze Menge Drama. Es ist also "Emergency Room" mit Borg im Weltraum. Soweit richtig?

    Ich habe ja "Emergency Room" immer gemocht und bis zur letzten Minute geschaut. Insofern passt das mit dem Drama schon, wenn es nicht überhand nimmt und der Fokus auf der Action liegt.

    Nach deiner klasse Rezension ist Destiny 1 auf alle Fälle mal Wert gelesen zu werden und deshalb will ich das auch tun - schätzungsweise im Oktober oder November.

    Mal am Rande: Erwartet man von Deanna Troi eigentlich etwas anderes als Drama? Für gute und spannende Action hat Deanna jedenfalls noch nie gestanden. Auch deshalb ist sie in den Kinofilmen wohl eher zur Randfigur und Stichwortgeber verkommen. Ich erinnere mich gerade wieder an Star Trek 8, wo es ihre Hauptaufgabe war Zeframe Cochran in einer Bar bei Laune zu halten.

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  2. Moin Bernhard,

    Danke erstmal fürs Lob. Den Vergleich zu Emergency Room würe ich schon deshalb nur ungern ziehen, weil so viel Medizinerkram nicht zu sehen ist. Von Clooney ganz zu schweigen (Okay, das ist wohl eher eine Gemeinsamkeit, wenn man die letzten Staffeln bedenkt.
    Richtig ist, dass ich nicht zuviel zur eigentlichen Geschichte sagen will. Der eigentliche Sinn meiner kurzen Inhaltsangaben liegt in der Erzeugung von Spannung, nicht im Verraten des Endes. Das hebe ich mir für die einzelnen späteren Punkte auf. Oder anders ausgedrückt: Selber lesen macht klug ;)

    Davon ab: Schimpf und Schande über Deine Deanna-Troi-Einschätzungen!! Es gibt schließlich auch echt tolle Folgen, in denen Marina Sirtis als Schauspielerin glänzt! Zum Beispiel, äh, ähm, oder eher, nein, ähm...
    Ja...
    Mist, Du hast Recht!

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  3. So, soeben von der Buchhandlung zurückgekommen und mal wieder einen Trek-Roman gekauft. Nämlich diesen hier. Fange heute noch mit dem Lesen an.

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