Mittwoch, 6. Januar 2010

Starfleet Kadetten 09. Erobert die Flagge!

BuchbesprechungVornholt, John: Starfleet Kadetten 09. Erobert die Flagge! Heyne 1994/1996.

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Story: Kadett Geordi LaForge ist keiner von jenen adretten, sportlichen und blonden Typen, die sich an der Akademie in den Vordergrund drängen. Eher schon ein graues Mäuschen, doch seine Überlebenstaktik ist so einfach wie erfolgreich: Aus dem Hintergrund sondiert er die Lage und eliminiert etwaige Hindernisse dann gezielt.
Diese Vorgehensweise verschafft seinem Team einen unerwarteten Sieg bei einem jahrgangsinternen Völkerballduell und mit diesem Überraschungserfolg gewinnt er nicht nur die Herzen der anderen Außenseiter seiner Klasse, sondern auch die Rivalitäten der ergebnisorientierten Sportlerelite.
Bei einem spontan angesetzten Wettkampf auf einer Welt mit weitaus geringerer Schwerkraft rechnen sich diese die Gewinnchancen aus, obgleich auch Geordi als eine der Teamspitzen ausgewählt wird. Doch sein vorangegangener Erfolg wird als Anfängerglück gedeutet und als sich LaForge auch noch ein Team fast nur aus Nulpen und Bewegungslegasthenikern zusammenbastelt, wird er nur müde belächelt.
Zur großen Überraschung aller gewinnt Geordis Mannschaft das erste Spiel „Erobert die Flagge“ knapp, doch für das Endspiel gegen das Spitzenteam des höchstleistungsverrückten Vorzeigekadetten Jack Pettey müssen sich die Mitglieder des grünen Teams noch viel viel mehr anstrengen...

Lobenswerte Aspekte: Nach den vielen und vor allem drögen Starfleet-Kadetten-Romanen um Jake Sisko, der ja bekanntlich nie die Akademie besuchte, endlich wieder eine richtige Akademiegeschichte! Und nicht nur das. Mittelpunkt der Beschreibungen ist auch noch Geordi LaForge, über den es nicht allzu viele Romane gibt.
Und man kann lernen, dass der gute alte Boothby nicht nur Picard in dessen Akademiezeit eine wichtige Stütze war. Gut, auch Wesley Crusher oder Kathryn Janeway können dieses Lied singen, doch es ist beruhigend zu wissen, dass seine Expertise auch Leuten wie Geordi zugute kam. Die Brücke zu Picard wird doch noch geschlagen (vgl. S. 138) und sogar Wil Riker (vgl. S. 137) darf sich in den Reigen derer mischen, die dem jungen LaForge zum Endsieg gratulieren.
Oops – hab ich damit zu viel gespoilert? Das Ende verraten, die Spannung genommen??
Unsinn!
Die Schilderungen um die popeligen Ball- und Fangespiele, die man sonst nur aus World-of-Warcraft kennt, sind tatsächlich für einen Roman der Reihe äußerst spannend geschildert. Ich für meinen Teil hatte zuvor keine Ahnung, dass die Beschreibung anderer Leute körperlicher Ertüchtigung mir so eine Menge Spaß bieten kann.
Grandios auch der Pulk an verschiedenen Spezies, die sich in diesem Buch tümmeln!
Da hört oder sieht man schon auf den ersten paar Seiten Tholianer (vgl. S. 9), Tellariten (vgl. S. 10), Saurianer (vgl. S. 11), Andorianer (vgl. S. 13) oder Delosianer (S. 16). Da wirkt eine Vulkanierin echt unspektakulär, doch Autor John Vornholt beweist an ihnen immenses Faktenwissen: So spielt er mit dem Hinweis auf die Unaussprechlichkeit vulkanischer Vornamen auf TOS (vgl. S. 30f, „Falsche Paradiese“) und mit dem Hinweis auf die „[...] Bedürfnisse vieler [...]“ (S. ) sogar auf einen der Star-Trek-Kinofilm (vgl. S. 67, „Der Zorn des Khan“) an.

Kritikwürdige Aspekte: So spannend der Verlauf der Spiele auch ist, das Ende ist dessen nicht würdig. Ein Eidechsenmann, der sich als Flagge verkleidet? Also mal im Ernst, das glaubt mir hierzulande ja noch nicht einmal ein Kindergartenkind, wenn ich es ihm erzählen würde. Und das, obwohl Saurier so populär unter den Bälgern sind!
Dabei ist die Ähnlichkeit des fahnenflüchtigen Saurianers Vernok mit diesen Urbiestern größer als mit den Mitgliedern jener Spezies, die im ersten Star-Trek-Film einen Kurzauftritt hatte (vgl. Abb. S. 134). Damit kommen wir auch gleich auf ein weiteres Problem zu sprechen: Die Zeichnungen.
Die schwanken zwischen 'okay', 'böse' und 'sehr böse'. Ganz besonders Körperhaltungen wirken oft wie bei Disney-Trickfilmen aus den fünfziger Jahren – unnatürlich und wie aus Gummi (vgl. Abb. S. 15 oder S. 85). T'Laras vulkanischer Nervengriff wirkt da jedenfalls eher wie das freundschaftliches Tätscheln eines tuntigen Langzeitkadetts (vgl. Abb. S. 33).
Außerdem decken sich die Darstellungen im direkten Vergleich der Personen miteinander nicht. Vernok (vgl. Abb. S. 65 und 134), Jenna (vgl. Abb. S. 65 und 119) oder T'Lara (vgl. Abb. S. 33 und S. 65) sehen sich nur beschränkt ähnlich und die Beschreibungen des Andorianers Altos (vgl. Abb. S. 75), Jack Pettey (vgl. Abb. S. 33) oder Takamas (vgl. Abb. S. 97) fand ich in der Bebilderung nicht unbedingt bestätigt.
Eher augenzwinkernd muss ich mich über ein rassistisches Vorurteil in diesem Werk beschweren. Vornholt, dem Namen nach selbst Spross deutschstämmiger Vorfahren, lässt seine Figuren einen Ausflug in den „Ratskeller“ - zu Sauerkraut und Bratwurst unternehmen (vgl. S. 30), was dem armen Andorianer natürlich nicht sonderlich gut bekommt (vgl. S. 39). Gut, dass dieses Buch als amerikanischer Kinderroman konzipiert wurde, denn so blieb uns die Maaß Bier erspart.
Aber man muss schon von Glück reden, dass Vornholt nur ein paar kulinarische Seitenhiebe in die deutsche Richtung schickt, denn an Dämlichkeit wahrhaftig nicht zu überbieten ist die Idee der Zwergpygmäen (S. 34), die nicht nur verdammt rassistisch anmutet, sondern auch in etwa so tapsig an afrikanische Kultur angelehnt ist, wie das berühmt-berüchtigte geflügelte Wort aus dem Munde des ehemaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke.
Nicht viel besser ist übrigens der Vergleich eines Visors mit einer Brille (vgl. 32). Eine anerkannte Behinderung mit dem Tragen einer Brille zu vergleichen, geht – bei allen Möglichkeiten zur Identifikation – etwas zu weit.

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Kaum vom Original zu unterscheiden: Turon47 als Deutschlandflagge verkleidet

Übersetzung: Auf so wenig Seiten kann man selbst mit Brille nur wenig Fehler ausmachen und dass in einem Ableger der Starfleet-Kadetten-Reihe der Begriff „Starfleet“ (S. 10) fällt, ist ja irgendwie logisch.
Unfreundlich hingegen ist es im Deutschen, den Namen einer Person mit einem Artikel zu kombinieren. Also wirklich, die Ausbilderin mag ja vielleicht ein harter Knochen sein, doch von „Die Patano“ (S. 73) muss man außerhalb der Dialoge echt nicht sprechen.
Wo wir schon bei Artikel sind, sollte auch positiv hervorgehoben werden, dass man mit der Silbenkürzel VISOR dem „visuell-organischen-Restitutionsobjekt“ (vgl. S. 10) ein aussprechbares Antlitz verliehen hat ist zwar toll, und so gesehen geht der Artikel 'das' ja auch in Ordnung (vgl. S. 31), doch durch die gesamten TNG-Folgen und -Filmen wurde dem Gerät ein männlicher Artikel zugedacht.
Eines hätte man außerdem bereinigen können. Der Satz „Niemand konnte die Besorgnis in Geordis Augen sehen [...]“ (S. 20) ist schon etwas irreführend, weil Geordi ja ein „visuell-organischen-Restitutionsobjekt“ vor Augen hatte, dass den ungetrübten Blick auf seine nicht vorhandenen Pupillen ohnehin verwehrte.

Anachronismen: Und wenn wir schon beim VISOR sind: Man kann das Gerät einfach aufsetzen und sehen, was auch Geordi sieht (vgl. S. 106)? Wozu hat er dann die kleinen Sensoren auf seiner Schläfen? Natürlich kann man das optische Signal dieses Hilfsmittel, wie in „Worfs Brüder“ gesehen,auf einen Bildschirm übertragen, doch einfaches Hineinblicken reicht dafür nicht aus.

Fazit: „Erobert die Flagge“ ist nach langer Durststrecke endlich einmal wieder ein Starfleet-Kadetten-Roman, der seinen Namen wirklich verdient. Mit seinem Fokus auf Geordi, seinen spannenden Spielschilderungen und seiner hohen Dichte an fremden Spezies verfügt er über viele der Zutaten, die einen solchen Roman lesenswert machen.
Doch das unausgegorene Ende, die Qualität der Zeichnungen und vor allem die vielen stereotypen Vorurteile, die hier zu finden sind, relativieren das positive Bild auch wieder, auch wenn ein gewisses Potential nicht zu verleugnen ist.

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Deutsche Lightkultur: You don't have to be Posh, to swallow Beck's

Denkwürdiges Zitat:

Aber LaForge, mir ist egal, ob Sie blind sind – treten Sie nicht auf meine Leberblümchen!
Boothby, S. 25

Bewertung:

Erfrischend, aber mit Nachgeschmack.

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Weiterführende Leseliste:

Starfleet Kadetten 02: Worfs erstes Abenteuer
Starfleet Kadetten 03: Mission auf Dantar
Starfleet Kadetten 04: Überleben
Starfleet Kadetten 05: Das Sternengespenst
Starfleet Kadetten 06: In den Wüsten von Bajor
Starfleet Kadetten 07: Freiheitskämpfer
Starfleet Kadetten 08: Das Schoßtierchen
Starfleet Kadetten 09: Erobert die Flagge
Starfleet Kadetten 10: Die Atlantis Station
Starfleet Kadetten 11: Die verschwundene Besatzung
Starfleet Kadetten 12: Das Echsenvolk
Starfleet Kadetten 13: Arcade
Starfleet Kadetten 14: Ein Trip durch das Wurmloch
Starfleet Kadetten 15: Kadett Jean-Luc Picard
Starfleet Kadetten 16: Picards erstes Kommando
Starfleet Kadetten 17: Zigeunerwelt
Starfleet Kadetten 18: Loyalitäten

2 Kommentare:

  1. Gefällt mir, dass Du wieder auf unbearbeitete Photos zurückgreifst, denn die haben auch sehr viel Scharm.
    Außerdem freut mich zu hören, dass Du mal wieder selbst glücklich bist, einen Starfleet-Kadetten-Roman gelesen zu haben.
    Was mich aber noch interessieren würde: Hast Du die Nemesis erhalten?
    LG: Hans

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  2. Die ham voll ""Scharm"!
    Na klar, mein guter lieber Hans, Wir haben uns ob deines Weihnachtsgeschenkes beide sehr gefreut - Nemesis ist auch schon in die aktuelle Leseliste aufgenommen (die Reihenfolge ist ja eh für die Katz...)
    Also besten Dank noch mal dafür - Du wirst natürlich auch bei der Rezension Erwähnung finden...

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