Sonntag, 22. November 2009

Die Asche von Eden

Buchbesprechung Reeves, Judy; Reeves-Stevens, Garfield; Shatner, William: Die Asche von Eden, Heyne 1995/1999.

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Turon47 möchte sich ausdrücklich bei K'olbasa bedanken, der ihm dieses Buch zur Verfügung gestellt hat- Nochmals tausend Dank!

Story: James T. Kirk hat keinen Bock mehr! Die Fehler der Vergangenheit kann er nicht mehr rückgängig machen, ein alter Rivale hat die Leitung der Sternenflotte übernommen und seinen Zenit hat der geborene Raumschiffcaptain längst überschritten.
Also ergibt sich Kirk den offensichtlichen Reizen einer deutlich jüngeren Frau, übernimmt das Kommando über die zwangsprivatisierte USS Enterprise, zerstreitet sich mit seinen ehemals besten Freunden und fängt auf irgend einem fremden und südseehaften Planeten ein völlig neues Leben an.
Soviel zur Endlife-Crisis des pensionierten Langzeit-Captains.
Seine früheren Freunde Spock, McCoy, Uhura, Sulu und Chekov geraten jedoch durch das spätpubertierende Verhalten ihres Captains in eine persönliche Zwickmühle, denn Admiral Androvar Drake, Kirks alter Intimfeind seit Akademietagen nutzt die abgebrochenen Brücken seines Widersachers, um ihn des Verrats und der Verschwörung zu bezichtigen.
Die USS Excelsior, mit der schwierigen Suche nach dem vermeintlichen Dissidenten beauftragt, mutiert allerdings rasch zu einem Sammelbecken jenes Personenkreises, der fest an die Unschuld ihres ehemaligen Vorgesetzten glaubt und Teil für Teil des großen Puzzles zusammensetzt, das sich aus den vielen Fragen ergibt.
All die verschiedenen Hinweise führen letztendlich zu eben jenem mysteriösen Planeten Chal, der neuen Heimat Kirks, die ein so dunkles Geheimnis birgt, dass es tatsächlich den brüchigen Frieden in der Galaxis bedrohen könnte. So kommt es schließlich zu einem unausweichlichen Showdown im Orbit der paradiesischen Welt, in dem sich Kirk und auch seine ehemaligen Mitstreiter für die richtige Seite entscheiden müssen...

Lobenswerte Aspekte: Radikalität beherrscht diesen Roman in verdammt vielen Aspekten. Dabei betrifft dies noch nicht einmal die krasse und unerwartete Ausfahrt, die Kirks Leben hier nimmt, sondern auch die anderen kleinen Details des Buches:
Chekov und Uhura werden zu hintertriebenen Weltraumrowdies, ein Sternenflottenadmiral versucht sich als großer Diktator und, auch wenn ich eigentlich nicht zu viel verraten wollte: die gute alte Enterprise wird am Ende doch noch zerstört.
Nix mehr mit „Waltons“ oder „Unsere Kleine Farm“! Die ach so idyllische Sternenflotte zeigt in diesem Werk auch mal ihre schmutzige dunkle Seite, fern von ein bisschen Friede, ein bisschen Forschung und ein bisschen Eierkuchen!
Zeit wurde es jedenfalls und mit diesem Paukenschlag wird das Buch auch äußerst geschickt eingeleitet. Besonders überrascht war ich dabei von der offen geschilderten Tatsache, dass der alternde Kirk tatsächlich mit Potenzproblemen zu kämpfen hat (vgl. S. 36)! Also das hätte ich bei einem von Shatner selbst mitgeschriebenen Roman echt nicht erwartet, zumal man im Verlaufe des Buches und der Fortsetzungen des selben eindeutig merkt, wie sehr er sich mit mit der Figur Kirk identifiziert. Um einen Schritt weiter zu gehen, kann man sogar mit Fug und Recht behaupten, dass diese behutsame und schon fast zärtliche Wortmeldung noch weiter geht, als die Beteuerungen des früheren Weltfussballers Pelé („Gehen Sie zu ihrem Arzt – ich würde es auch tun!“).

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Gehen Sie zu ihrem Arzt - dieser Mann würde es auch tun!

Doch nicht die nachlassende Manneskraft sondern die Auseinandersetzung mit dem eigenen Älterwerden steht im moralischen Zentrum. Auch wenn man den Shatner-Büchern vieles vorwerfen kann, zählen weder das Fehlen einer tieferen Botschaft noch die Verwendung tagespolitischer Themen dazu. In diesem speziellen Fall richtet sich die mehr oder minder offensichtliche Verbindung des 1995 erstmals erschienenen Werkes nach dem Zerfall der Sowjetunion. Die plötzliche Verfügbarkeit dieser politischen Insolvenzmasse versorgte damals wie heute instabile Regionen unseres Planeten mit ungeahntem militärischen Potential und beim Lesen wird schnell klar, dass die abgewrackten Klingonen auch nichts mehr als so einer Art Weltraumrussen sind, die für ihr eigenen Überleben Geheimnisse, Waffen und sogar ihre eigene SoSnI' verkaufen würden.
Hier und dort kann man sogar Stellen finden, die einem gewissen Humor nicht entbehren (z.B. S. 211ff. oder S. 238), obgleich es zugegebenerweise auch in gleichem Maße Stellen gibt, deren Spaßfaktor mit dem Prädikat 'fragwürdig' noch mit einem blauen Auge davonkommt.
Natürlich wäre es nun auch möglich, all die vielen kleinen Referenzen aufzuzählen, doch nein – die beiden Reeves und ihr Junior-Partner Shatner haben hier ein wahres Anspielungsfeuerwerk gezündet, dass einem Hören, Sehen und Zurückerinnern vergehen. Fast hat es den Eindruck, als haben sich die drei Schreiberlinge das ehrgeizige Ziel gesetzt, wirklich jede einzelne TOS-Episode direkt oder indirekt aufzuführen. Aber auch die Kinofilme (vgl. z.B. S. 193) oder TNG (vgl. z.B. S. 86) finden Aufnahme in dieses richtig gut mit dem offiziellen Kanon verflochtene Buch.
Als besonderes Gimmick ist dabei das Gespräch zwischen Kirk und Carol Marcus zu erwähnen (ja ich weiß, der Esel zuerst), das auf den zweiten Film „Zorn des Khan“ anspielt. Der Rezipient wird nämlich Zeuge, wie die beiden ihr legendäres Gespräch darüber führen, wie sie mit ihrem gemeinsamen Sohn David umgehen sollen (vgl. S. 301). Eine solche Szenerie gab es so in keinem Film und erst recht keiner Folge und es hilft in Bezug auf die Handlung, der Figur James Tiberius Kirk mehr Leben einzuhauchen.
Doch das Genialste zum Schluss:
Wie hat der olle Bill Shatner doch mordio und cetera geschrien, als er für den elften Kinofilm keinerlei Berücksichtigung erfuhr. Er hat getobt, geschimpft und geschrien – ohne Erfolg. Der Film in seiner neuen alternativen Zeitlinie musste ohne den originalen Kirk-Darsteller seine unzähligen Millionen Dollar einspülen.
Und was wenn ich jetzt behaupte, dass es den Film gar nicht ohne Shatners Buch „Asche von Eden“ gegeben hätte? Wenn ich mich einfach hinstelle und sage, dass „the Shat“ selbst Schuld am neuen Film ist?
Alex Kurtzman und Roberto Orci haben nämlich in einem Interview zugegeben, viele ihrer Ideen aus verschiedenen Star-Trek-Romanen extrahiert zu haben:

And, reading the novels helped, a lot of Star Trek novels.
Roberto Orci, Z. 117

Wenn die beiden also wenigstens die bekannteren Autoren, zu denen ohne Frage die beides Reeves genauso wie Shatner gehören, gelesen haben, sind sie sicherlich auch wie ich über folgenden Dialog gestolpert, der sich um einen versuchten Zeitsprung des bösen Admirals Drake zur Veränderung der Zeitlinie dreht:

James, was geschieht wenn Drake entkommt?
Kein Angst, wenn er uns entkommen wäre, wären wir nicht hier und könnten ihn nicht verfolgen. Nicht wahr, Spock?
Nicht unbedingt, Captain. Das hier könnte einfach eine alternative Zeitlinie sein, in der die Quantenwahrscheinlichkeitswellen …
Sie wissen doch, daß Zeitreisen mir Kopfzerbrechen bereiten, Spock.
Teilani, Kirk und Spock, S. 368

Kritikwürdige Aspekte: Wer einen Shatner-Roman liest, der geht ein Risiko ein. Das Risiko nämlich, nochmal Zeile für Zeile zu erfahren, wie gutaussehend, intelligent und knackig Shatners Paraderolle auch im Greisenalter noch immer ist.
Auf stolzen 392 Seiten erlebt der normalsterbliche Leser hier eine zwei Schichten zu dick aufgetragene Selbstbeweihräucherung, die selbst Eminem, Klaus Kinsky oder Jürgen Drews als viel zu überzogen empfinden würden. Mehr oder weniger verpackt findet sich zwischen den Zeilen in zwei Meter großen Graffitibuchstaben die eigentliche Quintessenz dieses Buches:

James T. Kirk ist der tollste Hecht im intergalaktischen Fischteich und hat den längsten.

Also ehrlich: Na klar, Kirk hatte viele Frauen. Abba wenn man hier andauernd davon liest, wie der rüstige Gerontenmacho eine Frau nach der anderen beglückt, wirkt das ziemlich aufgesetzt. Zum Glück passiert das ganze zumeist retroperspektiv und die bereits angeschnittenen Potenzprobleme relativeren das Bild ein wenig.
Spätestens jedoch, wenn Ü-60-Kirk mit einer Klingonen-Romulanerin gleich mehrmals hintereinander kopuliert (vgl. S. 135) und eine nur mit einem handflächengroßen Gardinenfetzen bekleidete Frau die Brückencrew der Enterprise bereichert (vgl. S. 310) hat man ganz schnell den Eindruck, dass man sich auf der Fantasiespielwiese eines lüsternen Rentners befindet. Peinlich, peinlich!
Stichwort 'peinlich'! Der Roman ist auch nicht unbedingt ein großes stilistisches Meisterwerk. Wenn ich mal wahllos in den Seiten blättere und zufällig eine beliebige Seite aufschlagen (und das hab ich wirklich getan), dann springen Sätze ins Auge, die etwa folgendem Muster entsprechen:

Kirk goß sich noch einen Scotch ein.
Drehte einen Stuhl, so daß er zum Fenster herausschauen konnte.
Es regnete die ganze Nacht.
Tränen, die er nicht vergießen konnte.

(S. 37)

Gruselig oder? Das Ganze liest sich schon irgendwie wie eine unkontrolliert mutierte Kreuzung aus einem Detektiv-Groschenroman, einem Telegramm und Rainer Maria Rilke in seiner depressiven Phase. Wer so etwas tatsächlich einen ganzen Roman lang aushält ohne das viel zu dicke Buch gelegentlich mit voller Wucht gegen die Rauhfasertapete zu werfen oder sich zumindest ab und an zu übergeben, der kann sich zumindest damit rühmen, den Verfassern nicht dadurch im Wege zu stehen, dass man sie mit irgendwelchen Ansprüchen einem zu hohen Erwartungsdruck aussetzt.
Bis auf Kirk sind auch die meisten der etablierten Figuren lumpig dargestellt. Spock (vgl. z.B. S. 326), Scotty (vgl. z.B. S. 252ff.) oder Chekov (vgl. z.B. S. 80ff.) sind kaum wiederzuerkennen und nur der kantige McCoy ließ ansonsten noch erahnen, dass es sich tatsächlich um die Crew der guten alten Enterprise handeln könnte.
Dieser Liste an nicht gemachten Hausaufgaben muss man auch schließlich die gesamte Handlung beifügen, denn mal ehrlich: So zwischen „Das unentdeckte Land“ und „Treffen der Generationen“ noch schnell so eine Geschichte dazwischen zu kloppen, die auch noch anderen Romanen wie Sarek, Die erste Mission oder der Novellisierung Generationen widerspricht, ist ja schon schlimm genug, doch dann auch noch die Story aus dem Legobaukasten für Star-Trek-Folgen zusammenzusetzen, ist doch etwas abgekaut.
Klingonenromulaner gab es nämlich schon im TNG-Zweiteiler „Der Moment der Erkenntnis“, der Jungbrunnen Chal erinnert zu oft an den Nexus und die Enterprise wurde ja schon mal im dritten Kinofilm „Auf der Suche nach Mr. Spock“ in die ewigen Jagdgründe geschickt.
Ganz besonders enttäuschend war der böse Gegenspieler Admiral Androvar Drake, der von Hass gegen Kirk zerfressen, nur einen müden Abklatsch des genialen Khan Noonien Singh in einer zu engen Sternenflottenuniform bieten konnte.

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Einen Superschurken kopieren kann wirklich jeder

Doch eine Sache an diesem Werk stört noch mehr als all diese bereits aufgezählten Kritikpunkte. Shatner nutzte das Werk nämlich, um seine Privatfehde mit George Takei, dem Darsteller Sulus, weiter anzuheizen. Wer jetzt aber an die ein oder andere nicklige Bemerkung denkt, ist schief gewickelt, denn der Autor stichelt auf viel subtilere und intrigantere Art und Weise gegen seinen Kollegen.
So muss Chekov, der ja noch in der ebenfalls von Shatner geschriebenen Story von „Am Rande des Universums“ in engster Freundschaft mit dem in San Francisco geborenen Steuermann verbunden zu sein schien, als Projektionsfläche für die aggressiven Gefühle des Autors herhalten.
Ebenjener Pavel Chekov, der absolute Loyalität Shat.. äh Kirk gegenüber empfindet (vgl. S. 91), wird dem doofen Sulu gegenüber handgreiflich (vgl. S. 81) und bezichtigt seinen ehemaligen Kameraden sogar der Kollaboration mit den fiesen Verschwörern (vgl. S. 329). Sulu, inzwischen ja zum Captain der Excelsior aufgestiegen, wird hingegen gleich zweimal wieder in seine Rolle als popeliger Steuermann zurückdegradiert (vgl. S. 290 und S. 367) und außerdem dazu erniedrigt, den positiven Einfluss Kirks auf seine Person zu betonen (vgl. S. 293). Ich bezweifle ernsthaft, dass bei einem Roman aus der Feder Takeis ähnliches zu lesen wäre.
Und was macht Kirk währenddessen?
Er erteilt Sulu generös die Absolution (vgl. S. 364) und erst danach kommt es zur halbherzigen Wiederversöhnung beider Offiziere.
Was für eine lausige Spitze! Da braucht man ja noch nicht einmal viel Fantasie, um da eine böse Absicht zu unterstellen. Doch selbst wenn das nur eine Interpretation dieser Handlungselemente ist, sollte eines betont werden:
Natürlich ist jeder Roman irgendwo nur ein Abbild der Lebensumstände des Autoren, doch einen so detaillierten und vor allem öffentlichen Einblick in den Zickenkrieg zweier alternder Schauspieler hätte sich Shatner nun echt klemmen können.

Übersetzung: So schizophren wie die Handlung ist auch die Übersetzung.
Na klar, Radikalität ist schon eine coole Sache, um Aufmerksamkeit zu erregen, aber die radikale sprachliche Ebene wirkt bei allem Verständnis für den Bruch mit der heilen Föderationwelt zu entrückt von den altbekannten Charakteren.
Ausdrücke wie „[...] am Arsch der Galaxis [...]“ (S. 23), „scheißegal“ (S. 65), „Arschloch“ (S. 81), „Herumbumsen“ (S. 260) oder „Glotzen“ (S. 310) sind zwar durchaus legitim, doch weder in ihrer Menge noch ihrem Einsatz angemessen. Kirk, Scotty oder Chekov sind nun einmal Kinder einer amerikanischen TV-Serie der Sechziger, und eine dementsprechende Wortwahl macht die Figuren aus.
Daneben gibt es die typischen Symptome der Heyne-Übersetzungskrankheit, doch eigentlich halten sich Begriffe wie „Starfleet“ (S. 18), „Starbase“ (S. 108), „Medokit“ (S. 121) oder „Medo-Trikorder“ (S. 240) in Grenzen, und obwohl man auf Seite 158 noch vom „Diskussegment“ lesen muss, heißt es gegen Ende des Buches auf Seite 376 sogar mal „Untertassensektion“!
Ungleich stiefmütterlichere Behandlung erfuhr das Klingonische. Während sich einige Übertragungsfehler lediglich auf Groß- und Kleinschreibung beschränken (vgl. S. 24), sind die Begriffe „Qtalh (S. 42) oder „K'tinga“ (S. 292) fehlerhaft übernommen worden.
Mühelos wird damit eine Brücke zum deutschen geschlagen, denn „Ambiente“ (vgl. S. 167) ist ja auch ein schwieriges Fremdwort, „Klingonen-Romulanerin“ (vgl. S. 251) eine heikle Kombination und „daß“ kann man schon mal mit „damit“ verwechseln (vgl. S. 204). Nein, im Ernst, die Fehlerquote hält sich für einen Roman, der fast 400 Seiten umfasst, erstaunlicherweise in Grenzen.
Wenn man allerdings den vielbeachteten Haupthelden, wie auf S. 343 geschehen, plötzlich jedoch "Kirch" statt 'Kirk' nennt, mutet das schon irgendwie merkwürdig an.

Anachronismen: Einige der Zeitangaben beißen sich mit den kleinen Bemerkungen, die im Verlaufe der verschiedenen Star-Trek-Serien fielen. Wenn man den Film nämlich zwischen „Das unentdeckte Land“ und Treffen der Generationen“ ansetzt, dann muss er im Jahr 2293 spielen.
Dem widersprechen allerdings einige Verweise innerhalb des Buches.
Wenn etwa Kirk vor 44 Jahren (vgl. S. 146) die Sternenflottenakademie besucht hätte, so wäre er damals lediglich blutjunge sechzehn Jahre alt, was schon irgendwie nach Kindersoldat klingt.
Auch das Geburtsdatum seines Sohnes ist trotz der lebhaften Erinnerung daran scheinbar falsch. Wenn David nämlich zwei Jahre vor Kirks erster Fünfjahres-Mission mit der Enterprise geboren worden wäre, so hätte er 2263 und nicht 2261 das Licht der Welt erblicken müssen (vgl. „Q2“).
Auch die klingonische Währung hat mal wieder einen neuen Namen. Während sie bei ENT darsek hieß („Kopfgeld“), wurde sie in „Die Ehre des Drachen“ als 'Huch' aufgeführt. Hier erhält sie den Namen 'Talon' und wirft die Frage auf, ob es bei den Klingonen denn keine Leitwährung besitzen...
Nun gut, man könnte natürlich jetzt auch darauf hinweisen, dass in diesem Buch mal wieder unzählige Bezüge auf Geldwirtschaft in der Föderation zu finden sind (z.B. S. 146, S. 150 oder S. 240), obwohl ja Shatner selbst noch aus den Dreharbeiten zu „Zurück in die Gegenwart“ wissen könnte, dass Geld in der Zukunft ein Relikt der Vergangenheit ist.
Um so erstaunlicher, dass auf Seite 39 Geld als veraltet bezeichnet wird, zumal auf der selben Seite mit Geld bezahlt wird. Das verwirrt natürlich schon etwas, denn ein logisches System scheint nicht dahinter zu stehen.
Doch auch andere Logiklöcher gesellen sich in diesen Reigen. Der Klingonenhasser Drake spricht klingonisch (vgl. S. 365), die Funksprüche der Enterprise werden im Gegensatz zu denen der Klingonen nicht abgefangen (vgl. S. 364) und wie Drake von der Excelsior entschwand, um wenig später plötzlich in einem von Transporterstörfeldern gesicherten Raum aufzutauchen (S. 345ff.), wird der Bequemlichkeit halber gar nicht erst thematisiert.

Fazit: Shatners erster Roman bricht auf radikale Art und Weise mit dem Bild einer heilen Föderation, greift philosophische und aktuelle Einflüsse auf und scheint auch den elften Kinofilm mit inspiriert zu haben.
Gut, er ist scheußlich geschrieben, trifft außer Kirk kaum eine der restlichen Figuren und liest sich wie eine einzige Laudatio des Darstellers auf die von ihm selbst verkörperte Figur.
Andererseits spart er an Anachronismen und Übersetzungsschnitzern, während er wiederum wenig originell und zu allem Überfluss auch noch Austragungsort einer Privatauseinandersetzung ist.
Gutes und schlechtes wechseln sich ständig ab, und 'schizophren' ist eines der passendsten Worte, mit denen man das Buch beschreiben kann.
Ohne Frage ein interessanter Start und auch wenn man vieles besser machen könnte, sollte man das Buch gelesen haben, bevor man Romane aus der Feder Shatners kategorisch ablehnt.

Denkwürdige Zitate:

Diese 'Heldentaten' …
Ja, Sir?
Das war nur mein Job. Und es ist schon lange her, daß ich diesen Job getan habe.
Es war mehr als ein Job, Sir. Für uns.
Kirk und ein Sternenflottentechniker, S. 20f.

Wie sie sicher wissen, unterstützen wir Sie natürlich bei jeder Entscheidung, die Sie treffen, und wünschen Ihnen in der Tat alles Gute.
Auch wenn wir dich für den letzten Trottel halten.
Spock und McCoy, S. 137

Wir sind Teil eines Teams.
Scotty, S. 255

Beam mich hoch, Scotty.
Kirk, S. 359



Bewertung: Schizophren!

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Weiterführende Leseliste:

Shatner 01: Die Asche von Eden
Shatner 02: Die Rückkehr
Shatner 03: Der Rächer
Shatner 04: Das Gespenst
Shatner 05: Dunkler Sieg
Shatner 06: Die Bewahrer
Shatner 07: Sternendämmerung
Shatner 08: Sternennacht
Shatner 09: Sternenfluchten

5 Kommentare:

  1. ...na immerhin noch ***, hätte ich nach dem Lesen Deiner Kritik nicht gedacht! Sprichst mir aber, oh sorry, abba mal wieder aus dem Herzen! Potenzprotz Bill hat sich mal wieder selbst auf den Sockel gehoben. Oder es zumindest versucht. Der Zsammenhang zu ST XI ist mir so noch gar nicht aufgefallen, sollten wir mal vertiefen! Super Rezension, von mir dafür ******!
    GRÜßE!

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  2. Ich habe nur ein einziges Shatner-Buch (Sternendämmerung), aber ich habe es noch nicht gelesen. Das reizt mich irgendwie momentan so gar nicht.
    Und ich war noch nie ein Kirk-Fan. Ich mochte ihn in der Serie nie. Er war mir immer zu aufgeblasen.

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  3. @ Sandy: "Ich mochte ihn in der Serie nie. Er war mir immer zu aufgeblasen." Aufgeblasen ist gut...im warsten doppeldeutigen Sinne :)
    Mr. "Universum" Shatner würde sicher sagen, alles Muskeln und...Abba :) auch wenn Bill an den Büchern mitgeschrieben hat und sein alter Ego Kirk die Hauptrolle spielt, es geht ja nicht NUR um ihn in dem Buch, und manche Sachen sind ganz unterhaltsam.

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  4. Wie geil ist dass denn!
    Also ich mag Captein Kirk auch nichtso sehr und seine bücher sind nicht so mein Fall...
    ich muss das Buch auf jedenfall nicht Lesen - wie mir dieses review deutlich zeigt

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  5. Ich habe diesen Shatner-Roman als zweiten nach "Die Rückkehr" gelesen und war total begeistert davon. Das Shatner Kirk dabei selbst auf einen Sockel stellt ist mir wahrscheinlich deshalb nicht aufgefallen, weil ich dies ja per se selbst schon immer tue. Kirk ist mein liebster Charakter bei Star Trek. Und darüberhinaus reizen mich vor allem die intellektuellen Auseinandersetzungen zwischen Spock, McCoy und Kirk (die es in diesem Roman ja auch mehrfach gibt).

    Ich find es erstaunlich, dass dir in den Büchern immer Dinge auffallen, die ich beim lesen nie bemerkt habe. Das verschafft einem nochmal einen völlig neuen Blickwinkel.

    Weiter so.

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