Mittwoch, 9. September 2009

Starfleet Kadetten 05: In den Wüsten von Bajor

Buchbesprechung Strickland, Brad: In den Wüsten von Bajor. Heyne 1994/1995.

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Story: Das Leben auf der Raumstation Deep Space Nine kann aufregend, spannend und lehrreich sein, doch Kinder wollen von Zeit zu Zeit auf einer Planetenoberfläche toben, Sonnenschein genießen oder mal einfach etwas anderes sehen als die Schotts der verschiedenen Andockschleusen. So, oder zumindest so ähnlich fühlt auch Jake, der Sohn des Kommandanten der Station.
Daher ist es kein Wunder, dass er und sein bester Freund Nog die Gelegenheit nutzen, Dr. Bashir auf einen planetaren Ausflug nach Bajor zu begleiten, als Benjamin Sisko für mehrere Tage auf eine diplomatische Mission aufbricht. Doch der überschwängliche Stationsarzt sucht das Abenteuer und gerät in die Hände bajoranischer Extremisten, die Bashir als trojanisches Pferd ausnutzen wollen, um mit seiner Hilfe sämtliches Leben auf Deep Space Nine auszulöschen.
Jake und Nog müssen sich daher Hilfe suchen, um das geheime Versteck der Fanatiker zu finden, den Doktor zu retten und die Station vor dem Untergang zu bewahren...

Lobenswerte Aspekte: "In den Wüsten von Bajor" ist, wie die anderen Vetreter der Starfleet-Kadetten-Reihe auch, ein auf eine jüngere Zielgruppe ausgerichtetes Werk. Das kann man an vielen Merkmalen dieses Buches, wie etwa dem Sprachstil, dem Umfang oder der Bebilderung schnell erkennen.
Doch dieses Werk zeichnet sich darüber hinaus über eine deutlich spürbare (weil nur dürftig kaschierte) Moral aus. Diese kommt in einem typischen Gewand der neunziger Jahre daher, ohne allerdings anachronistisch anzumuten: Kinder sollen lernen, ein ökologisches Bewußtsein zu entwickeln.
So erfährt man etwas über den Raubbau an der Natur (vgl. S. 59f.), von der Ausrottung bedrohter Arten (S. 61) oder der Zerstörung der einheimischen Biotope (S.85). Gepaart mit detaillierten Beschreibungen der Tier- und Pflanzenwelt des Planeten Bajor gelingt es dem Autor Brad Strickland, beim Leser ein Gefühl des Verlustes und des Unrechts entstehen zu lassen, dem vielleicht beim ein oder anderen eine tiefere Auseinandersetzung mit der Thematik folgt. Im Zusammenspiel mit Themen der Friedensbewegung, wie etwa der Neutronenbombe (hier Vandellium-Bombe genannt, vgl. S. 101ff.) entstand ein Roman, der hierzulande ohne Probleme mit den politischen Vorstellungen der Grünen vereinbar wäre und von den Problemen der Entstehungszeit zeugt. Da diese auch heute noch von großer Aktualität sind, kann ich dieses Motiv ruhigen Gewissens lobend erwähnen.
Daneben sollte außerdem auf die gelungene Darstellung Bashirs verwiesen werden. Seine Charakterzüge sind in der Darstellung zwar etwas zugespitzt, dennoch aber durchaus in Übereinstimmung mit dem übereifrigen und juvenilen Wesen des Doktors in Einklang gebracht worden. Sofern man seinen Charakter aus den beiden ersten Staffeln, oder sein Engagement in "Unser Mann Bashir" in Erinnerung behält, kann man sich jedenfalls gut vorstellen, dass er mit der Rolle eines Geheimagenten liebäugelt.
Auch Nog und die Kultur seiner Spezies werden in angenehmer Weise wiedergegeben. So kann der Leser nicht nur miterleben, wie Ferengikinder ihre Erziehungsberechtigten anbetteln (vgl. S. 23ff.), erfahren, was sie von Schokolade halten (vgl. S. 29ff.) oder ergründen, wo erzieherische Tabus lauern (vgl. S. 92) sondern lernt auch noch eine zuvor noch nie erwähnte Erwerbsregel kennen: "Je mehr man dem Geschäftspartner abnehmen will, desto größer muss die Ablenkung sein." (S. 107f.).
Schließlich bin ich auch dafür dankbar, dass eine technische Errungenschaft der in Star Trek propagierten Zukunft endlich einmal kritisch beleuchtet wird: Schallduschen (vgl. S. 54). So sehr mein ökologisches Bewußtsein durch diesen Roman auch reaktiviert wurde, so wenig möchte ich doch auf eine entspannende Körperhygiene mit fließendem Wasser verzichten...

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Gegen Verschmutzungen im Ohrzwischenbereich hilft nur Schallduschen

Kritikwürdige Aspekte: Die Übersetzung des Romans ist im Gegensatz zu seinem Inhalt recht unpädagogisch. Der juvenile Leser wird bereits im Titel der Reihe "Starfleet Kadetten" mit unnötigen Anglizismen belästigt oder mit unnötigen Übersetzungen verwirrt (S. 11: "Holo-Kammern statt "Holo-Suiten", S. 12: "das zweite Mal" statt "second Base" oder S. 17: "Flitzer" statt "Runabout"). Dass daneben auch noch sprachliche Schwierigkeiten mit der Deutschen Sprache deutlich werden, ist um so schlimmer. Auf die Verwendung von Formulierungen wie "[...]mit Beschlag belegt[...]" (S. 17) oder die falsche Konjunktion des Verbes "spinnen" (vgl. S. 137) hätte man definitiv verzichten können, zumal der geringe Umfang des Buches die hohe Fehlerquote besonders bedenklich erscheinen läßt.
Wenn ich an Sternenflottenkadetten, bzw. "Starfleet Kadetten" denke, dann fallen mir eine ganze Reihe jugendlicher Probanden des Star-Trek-Universums ein: Wesley Crusher, Mendon, Sito Jaxa, Tim Watters oder sogar Icheb - doch Jake Sisko fehlt aus nachvollziehbaren Gründen in dieser Auflistung: Er ist schlichtweg nie Kadett gewesen.
Gut, zugegebenermaßen verhält sich dies bei seinem besten Freund Nog anders, doch die Zentrierung des Romans auf den Sohn des Kommandanten Deep Space Nines passt schlichtweg nicht in das selbstgewählte 'Motto' der Kinderbuchreihe und das Werk hat somit irgendwie das Thema verfehlt. Andere Werke, die in der Retroperspektive die Erlebnisse etablierter Crewmitglieder während ihrer Akademiezeit beleuchteten, waren ansprechender, zumal man beim Lesen dieses Buches schnell merkt, dass es nur der Aufguss des kalten Raktajinos aus dem zuvor erschienenen Band ist:
Deep Space Nine wird bedroht, die Erwachsenen wissen nicht was sie tun und Jake muss zusammen mit seinem besten Freund Nog den Tag retten. Die zu geringfügig ausgefallene Variation des selben Themas langweilt den anspruchsvolleren Leser jedenfalls schnell und es bleibt nur zu hoffen, dass bei einem jüngeren Publikum kein ähnlicher Effekt eintritt.
Daneben bleibt noch einmal festzuhalten, dass die Qualität der Zeichnungen innerhalb der Deep Space Nine betreffenden Bände extrem schlecht ist. Ähnlichkeiten sind bestenfalls oberflächlich (vgl. Abbildung S. 124), sämtliche Personen grauenhaft gezeichnet (vgl. Abbildung S. 64) und Bildausbrüche zwar immer wieder gewollt, aber auch immer wieder nicht gekonnt (vgl. Abbildung S. 39). Dieser Umstand stimmt traurig, denn die Bebilderung der anderen Romane bildete zumeist einen Höhepunkt.
Merkwürdig ist außerdem, dass sich das Wüstenlager des Hauptbösewichts Tikar Antol heute wie die Beschreibung eines Terrorcamps von Al-Qaida liest. Umso tragischer, dass das Ende des Romans so belanglos und einfach daherkommt, denn wenn der Umgang mit Terroristen so problemlos funktionieren würde, wären Drahtzieher wie Bin Laden geschnappt und Terroranschläge wie in Madrid ein längst überwundenes Relikt einer barbarischen Vergangenheit.

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Eine Ausbildung in der Sternenflotte: Ex astris scientia?

Anachronismen: Das Buch, zu Beginn der Serienausstrahlung konzipiert, widerspricht des Öfteren Informationen der Serie, die zu einer Zeit über den Äther liefen, als es längst erschienen war.
So ist spätestens seit der Episode "Dr. Bashirs Geheimnis" der Präteritum obsolet, wenn Bashir über seinen Erzeuger spricht (vgl. S. 12) und auch Joseph Sisko wäre wohl nicht sehr entzückt gewesen, wenn sein Sohn und sein Enkel während ihres mehrjährigen Marsaufenthaltes nicht auf der Erde vorbeigeschaut hätten (vgl. S. 18).
Abgesehen davon, das Jake, der seine eigenen Bücher später auf dem PADD schreiben wird ("Der Aufstieg") und selbst Reiseführer in diesem Format verlegt werden ("Kleine grüne Männchen"), wohl kaum mehr veraltete Büchern aus dem Regal holen wird(vgl. S. 60), greift Strickland einen weiteren beliebten Fehler mit großer Tradition auf:
Jake bekommt Taschengeld (S. 25), obwohl das Geldwesen laut eigener Aussage längst abgeschafft ist ("Die Karte").

Fazit: Obwohl der Roman eine noch immer aktuelle Botschaft vermittelt, interessante Einblicke in die Kultur der Ferengi bietet und auch in der Darstellung Bashirs glänzt, gelingt es ihm kaum, aus dem Schatten seines Vorgängers zu treten.
Zu ähnlich sind sich die Geschichte in Aufbau, Fehlern, Bildern sowie Anachronismen, und wenn man eine Altersgrenze von fünfzehn überschritten hat, sollte man die Finger von dieser eher seichten Lektüre ohne glaubwürdiges Ende lassen, denn heranwachsende und junge Menschen, die an Star Trek herangeführt werden sollen, können eher etwas mit diesem Buch anfangen als jemand, der schonmal einen Titan- oder Vanguard-Band zu Ende gelesen hat.

Denkwürdiges Zitat:

"Ausgezeichnet! und was die Zinsen betrifft, die du verlangen wirst ... ich werden keinen Satz zahlen, der über ..."
"Vergiß die Zinsen. Zahle mir einfach das Geld zurück, und damit hat sich die Sache erledigt."
"Erdenmenschen. Sie sind alle verrückt."
Nog und Jake, S. 26

Bewertung: Ferner liefen.

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Weiterführende Leseliste:

Starfleet Kadetten 02: Worfs erstes Abenteuer
Starfleet Kadetten 03: Mission auf Dantar
Starfleet Kadetten 04: Überleben
Starfleet Kadetten 05: Das Sternengespenst
Starfleet Kadetten 06: In den Wüsten von Bajor
Starfleet Kadetten 07: Freiheitskämpfer
Starfleet Kadetten 08: Das Schoßtierchen
Starfleet Kadetten 09: Erobert die Flagge
Starfleet Kadetten 10: Die Atlantis Station
Starfleet Kadetten 11: Die verschwundene Besatzung
Starfleet Kadetten 12: Das Echsenvolk
Starfleet Kadetten 13: Arcade
Starfleet Kadetten 14: Ein Trip durch das Wurmloch
Starfleet Kadetten 15: Kadett Jean-Luc Picard
Starfleet Kadetten 16: Picards erstes Kommando
Starfleet Kadetten 17: Zigeunerwelt
Starfleet Kadetten 18: Loyalitäten

2 Kommentare:

  1. Super Sache, dieses Blog! Wie wärs mit einer Bestenliste?

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  2. Hallo anonyme Person!

    Vielen Dank für diesen konstruktiven Hinweis - ich habe gerade eine Liste mit den Wertungen an den linken unteren Rand gebastelt, die denjenigen Lesern Orientierung bietet, die auf der Suche nach den besten oder vielleicht schlechtesten Roman sind.

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