Samstag, 13. Juni 2009

Die Macht der Former

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Buchbesprechung Weinstein, Howard: Die Macht der Former. Heyne 1991/1994.

Story: Um den drei Sternenflottenakademiekandidaten des Raumschiffs USS Enterprise NCC-1701-D die Möglichkeit zu geben, sich unter Beweis zu stellen, werden sie mit einer kleinen Außenmission betraut. Unter den wachsamen Augen Counselor Trois und Lieutenant Commander Datas nehmen die drei Aspiranten Wesley Crusher, Ken Kolker und Gina Pace Gesteinsproben und untersuchen den unbewohnten Planeten Domarus IV.
Doch gerade als das Shuttle startet, wird es auch schon von einem fremden Schiff aufgehalten. Ein viel zu stark eingestellter Traktorstrahl droht das Shuttle zu zerquetschen und über die Motive der kaum bekannten Teniraner herrscht völlige Unklarheit.
Als die USS Enterprise eintrifft, führen die eilig eingeleiteten ersten Gespräche zu keinem Ergebnis. Die Teniraner beanspruchen den Planeten für sich und wollen die Shuttleinsassen als Faustpfand für ihren Anspruch nutzen. Doch als das Shuttle mitsamt seinen Passagieren plötzlich in einer merkwürdigen Anomalie verschwindet, spitzt sich die Lage dramatisch zu. Beide Fraktionen beschuldigen sich gegenseitig und als die Auseinandersetzung bedrohlich zu werden beginnt, erscheint die gleiche Anomalie wieder, und transportiert beide Raumschiffkommandanten auf die Planetenoberfläche.
Hier lernen sich Picard und Captain Arit näher kennen, und als sie wieder an Bord ihrer Schiffe gelangen, beschließen sie, dass gegenseitiges Vertrauen und Hilfe angebrachter sind als sinnloser Streit. Schließlich wurden sie Zeuge eines besonders ungewöhnlichen Phänomens: In unmittelbarer Nähe ihres Aufenthaltsortes entstand über Nacht ein neues Gebirge genau dort, wo zuvor eine weitläufige Ebene zu finden war.
Währenddessen finden sich Data, Troi und die drei Akademieanwärter in einer Höhle innerhalb des Planeten wieder. Bei der Suche nach einem Ausgang stoßen sie schließlich auf jene körperlosen Wesen, die den Planeten bewohnen und für die Umformungen seiner Oberfläche verantwortlich sind. Doch Kommunikation scheint unmöglich und daher geht Data das Risiko ein, sich mit einem der Geschöpfe in direkten Kontakt zu begeben…

Lobenswerte Aspekte: Die einzelnen Charaktere sind durch die Bank gut getroffen und auch die Kommandantin des teniranischen Schiffes und ihre Tochter erscheinen glaubhaft.
Zudem werden im Buch keine bahnbrechenden Ereignisse der Föderationsgeschichte geschildert, so dass sich das Buch problemlos in den offiziellen Kanon eingliedern ließe.

Kritikwürdige Aspekte: Ich sollte es gleich an den Beginn dieses Rezensionsteils stellen: Es kann zu einer wahren Qual werden, sich durch diese 260 völlig spannungsfreien Seiten zu kämpfen. Das gesamte Buch ist aufwandsarm nach ‚Schema F’ gestrickt und so vorhersehbar wie der Tag- und Nachtwechsel auf unserem Planeten.
Auf der einen Seite haben wir den idealistischen, aufgeschlossenen Sternenflottencaptain; auf der anderen hingegen die unbekannte Kommandantin, die Fremden gegenüber argwöhnisch ist. Ob die beiden wohl zusammenfinden werden?
Hier ist eine Restpopulation ohne Heimat, dort ein leerer Planet mit körperlosen Einheimischen, die tausend Jahre schlafen. Wo werden die armen Flüchtlinge wohl eine neue Heimat finden?
Und was wird wohl der verliebte Teenager tun, der weiß, dass seine Angebetete ihm erst dann Beachtung entgegenbringen würde, wenn er einen Ausgang aus dem Höhlensystem findet? Wird er still sitzen bleiben und warten?
Natürlich kann man viele Sachen in einem Buch vorhersagen und es war auch sicherlich nicht Weinsteins Aufgabe, das Rad neu zu erfinden, doch in diesem konkreten Fall ist die Handlung viel zu durchsichtig gestaltet. Das geht soweit, dass selbst die große Moralkeule, gesellschaftliche Schranken zu überwinden, so ungeniert offensichtlich daherkommt, dass man sich sogar als mittelmäßig gebildeter Leser schnell unterfordert vorkommt.
Doch wer weiß – vielleicht ist dieses Buch ja gar nicht für erwachsene Augen bestimmt? Ist es vielleicht, wie die einzelnen Teile der Starfleet-Kadetten-Reihe, eher ein Kinderroman, respektive Frühteenagerbuch?
Die kleingeistigen Problemchen der Sternenflottenzöglinge Gina Pace (was für ein beschissener Name!), Ken Kolker und natürlich Wes Crusher sprechen dafür – die vielen dabei verwendeten Fremdwörter jedoch eindeutig dagegen. Doch ist diese außergewöhnliche Konzentration von Fremdwörtern ihrerseits nur ein unbeabsichtigtes Nebenprodukt der deutschen Übersetzung?
Diese kommt in einem vertrauten Bild daher: Einerseits unnötige Anglizismen wie „Starbase“ (S. 8) oder „Starfleet“ (S. 8), andererseits unnötige Übersetzungen wie „Galaxis-Klasse“ (S. 148 statt „Galaxy-Klasse“) oder „Synthetisierer“ (S. 247 statt „Replikator“). Dass dann auch noch wieder einmal die niemals in Star Trek ebenso auftretenden Bezeichnungen „Insignienkommunikator“ (S. 66, statt „Kommunikator“) „Gesellschaftsraum des zehnten Vorderdecks“ (S. 85, statt „Zehn Vorne“) oder „Diskussegment“ (S. 210, statt „Untertassensektion“) zu lesen sind, ist wirklich belastend. In diesem Zusammenhang sei auch noch einmal erwähnt, dass die Föderation eben kein „interstellarer Völkerbund“ (S. 51) ist, denn durch einen Vergleich mit dieser Organisation, die zwischen den Weltkriegen als eine Art UNO-Vorgänger existierte, wird im Allgemeinen auf Kompetenzarmut und Machtlosigkeit angespielt. Ihn auf die Föderation anzuwenden, ist daher für jeden Trekkie beleidigend.
Schließlich sollen auch zwei weitere Fehler nicht unerwähnt bleiben: Zum einen findet man auf der Seite 174 den Tippfehler „[…] auf einer Weilt […]“ (gut, darüber kann man hinwegsehen) und zum anderen spricht Riker auf der Seite 38 von „Glacéhandschuhen“ (darüber nicht!).
Für die Redewendung „to use velvet gloves“ gibt es nämlich tatsächlich eine gute deutsche Übersetzung: Sie lautet „mit Samthandschuhen anfassen“. Vielleicht lehne ich mich mit meiner antiquierten Sicht weit aus dem Fenster, doch ich bin Meinung, dass Übersetzer so etwas beherrschen sollten, denn es kann nicht die Aufgabe des geneigten Käufers sein, sich entsprechende Fehltritte selbst erklären zu müssen.
Merkwürdig ist schließlich auch, warum die fünftausend überlebenden Teniraner mal polytheistisch (S. 139) und mal monotheistisch (S. 199) sind. Oder warum Riker auf der Enterprise bereits von den „Formern“ weiß, obwohl Picard sie gerade erst auf der Planetenoberfläche kennen lernt (S. 238).
Im Großen und Ganzen präsentiert sich „Die Macht der Former“ im Prinzip als klassische TOS-Handlung im TNG-Gewand, denn die Former sind in Gestalt und Beschreibung nicht wenigen Wesen aus der Ur-Star-Trek-Serie entlehnt: Redjac, der Vampirwolke, dem Companion oder der sich aus Hass ernährenden Wolke aus „Das Gleichgewicht der Kräfte“. Verbunden mit der Folge „Die Letzte Mission“ und den Teniranern, einer Spezies, die mich zu oft an eine Kreuzung aus Talaxianern und Kazon erinnerte, ergibt dies eine völlig belanglose Geschichte in einem Buch, dass sich bestenfalls zum Tischbeinersatz eignet und kann als ein gutes Beispiel dafür herhalten, warum Star-Trek-Bücher oft einen schlechten Ruf haben.

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Gefangen in einer Wolke aus längst vergessenen TOS-Geschöpfen

Anachronismen: Es wurde bereits oft in Star Trek und auf diesem Blog festgehalten, dass es in der Zukunft keinen Platz mehr für die Finanzwirtschaft gibt. Geld ist als Grundübel menschlichen Daseins längst abgeschafft und der Mensch strebt nach Selbstverwirklichung und nicht nach Anhäufung vo Reichtümern. Das weiß spätestens seit dem Finale der ersten Staffel („Die Neutrale Zone“) jeder TNG-Fan.
Um so schlimmer, dass Weinstein sich nicht entblödet, den Ausführungen dieser Folge zu widersprechen: Geordi verwettet einen Wochenlohn (S. 65) und der arme juvenile Picard muss für sein Baguette bezahlen (S. 187).
Gut Picard ist schon alt, aber so alt auch wieder nicht. Die Geldwirtschaft wurde nämlich laut Aussage des Erdengschichtsexperten Tom Paris im späten 22. Jahrhundert aufgegeben („Das ungewisse Dunkel, Teil 1“), und Picard ist 2305 geboren, also immerhin mehr als 100 Jahre nach Abschaffung monetärer Ökonomie.

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Geld abschaffen! Mit Star Trek in eine sozialistische Zukunft

Fazit: Der Roman „Die Macht der Former“ ist eine belanglose Mischung aus TOS- und TNG-Elementen, die auf Spannung oder einzigartige Ideen verzichtet. Man braucht nur die ersten paar Seiten zu lesen, um einen Eindruck davon zu erhalten, wie der Roman enden wird.
Einige Logikfehler im Romanaufbau, die Fehler der deutschen Übersetzung und der Verweis auf geldbasierte Ökonomie vervollständigen dieses Bild nur, so dass man eine Rezeption dieses Werkes zu Recht als ‚völlig unnötig’ bezeichnen kann.

Denkwürdige Zitate:

Flieg, Jean-Luc! Flieg!“ Dr. Crusher, S. 32

Auch das Schnarchen gehört zum Leben, aber deshalb vergeude ich keine Zeit damit, ständig darüber nachzudenken.“ Gina Pace, S. 108

Aber… die Berge bewegen sich. Richtige Berge haben gefälligst reglos zu sein.“ Riker, S. 237

Manchmal ja, manchmal nein. Man unterschätze nie die Macht einer guten Tasse Tee.“ Picard, S. 246

Bewertung: Langweilig, höhepunktsarm, dröge.

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1 Kommentar:

  1. Ein Beweis, dass ich doch nicht jeden Trek-Roman besitzen muss :-) Im Sommer werde ich zwei Wochen Zeit haben, einiges an Trek-Literatur aufzuarbeiten. Freue mich jetzt schon tierisch darauf. :-)

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