Sonntag, 15. März 2009

Kontamination

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Buchbes
prechung Vornholt, John: Kontamination; Heyne 1991.

Story: An Bord der Enterprise NCC-1701-D wurde ein Mord an einer verdienten Wissenschaftlerin verübt. Captain Picard beauftragt seinen Sicherheitschef Worf, zusammen mit dem Schiffscounselor Deanna Troi die Untersuchungen an diesem Fall zu leiten. Doch beide kommen nur sehr schleppend voran und die diplomatische Mission zu den Kreel erschwert die kriminalistischen Bemühungen zusätzlich. Erst als ein zweiter Mord geschieht und Worf als Ankläger gegen den Hauptverdächtigen antritt, kommt langsam Licht in die dunklen Machenschaften, die unbemerkt von der Brückencrew an Bord des Schiffes ablaufen…

Lobenswerte Aspekte: Man bemerkt gleich auf den ersten Seiten, dass der Übersetzer sich Mühe gegeben hat: Er unterscheidet nämlich Duzen und Siezen! Auch die Nebenhandlung mit den Kreel ist zuweilen recht unterhaltsam und niedlich beschrieben. Höhepunkt ist aber zweifelsohne der eigentliche Konflikt, denn er enthüllt, dass es in der ach so heilen Star-Trek-Welt eben doch zu Ausbrüchen von Gier, Habsucht, Eifersucht und anderen menschlichen Schwächen kommen kann, die letztendlich sogar zu zwei Toten führen. Die Suche nach dem wahren Mörder nimmt dabei sogar so viele Wendungen, dass ich tatsächlich auf einen völlig anderen Mörder getippt hatte. Unglaublich perfekt und überraschend nah am Original ist der Charakter Wesley Crushers getroffen. Es gelingt dem Autoren, ihn genauso nervig, vorlaut und unsympathisch wie in der Serie darzustellen.

Kritikwürdige Aspekte: Auch wenn der Übersetzer sich eindeutig Mühe gegeben hat, scheint sich seine Motivation im Laufe des Bandes abzunehmen. Neben Formulierungen wie „...fragte er die Counselor...“ (S. 59) und Übersetzungen wie „Insignienkommunikator“ (S. 64) oder „Strahler“ (S. 256) sind es die kleinen Übersetzungsfehler, die beweisen, dass er sich kaum mit der Star-Trek-Materie auszukennen scheint. So nennt er etwa Menschen "Terraner" (S. 65), obwohl dies eher eine Erscheinung des Spiegeluniversums ist.
Auch das Bordleben auf der Enterprise finde ich nicht unbedingt glaubwürdig dargestellt. Wozu hat die Enterprise ein solch platzfressendes Labor? Die Schilderungen der wissenschaftlichen Abteilung wirkt wie die Beschreibung eines Staates im Staat und gegen das Büro des leitenden Wissenschaftsoffiziers scheint der Louvre ein bescheiden eingerichtetes Vorzimmer zu sein.
Daneben gibt es die vielen kleinen Fehler, die beim Lesen viele entnervte Seufzer verursachen. Als etwa Picard dem Computer eine Frage stellt, antwortet Data, obwohl er sich völlig woanders befindet (S. 37). Hat sich der Androide etwa neue Telepathiesubroutinen einprogrammieren lassen? Warum ignoriert Vornholt, dass Vulkanier sich nur im Pon Farr paaren? Oder ist Saduk doch ein Romulaner, wie ich das ganze Buch über vermutete? Warum studiert Picard vor der Gerichtsverhandlung in „Wem gehört Data?“ (TNG) so ausgiebig die Gesetzestexte der Föderation, wenn das Rechtssystem so radikal vereinfacht wurde? Und überhaupt, eine Gerichtsverhandlung mit dieser Beweislage würde es nicht einmal im komplizierten Rechtssystem der USA im 20. Jahrhundert geben, ja nicht einmal in China oder Singapur!
Am schlimmsten ist jedoch, dass die Figuren bis auf Wesley überhaupt nicht getroffen wurden. Worf, der für meinen Geschmack viel zu oft Mitleid empfindet, verpflichtet den Unsicherheitsfaktor Wesley für eine heimliche Überwachung des Hauptverdächtigen. Eine heimliche Überwachung?! Ist der Mann Klingone oder Romulaner? Troi hingegen scheint mit jeden Mann an Bord gleich in die Kiste springen zu wollen – nur einen mag sie nicht: Worf.
Der erschreckend unorganisierte Picard hingegen verteidigt Data vor den Kreel in einem Satz noch als empfindungsfähiges Wesen; im Satz darauf nennt er ihn nur noch „den Androiden“ (S. 190). Auch Geordis Kenntnis über Beatniks hat mich zumindest verwundert.
Am auffälligsten ist dieses Manko, wenn die einzelnen Personen in Dialogen miteinander agieren. Dies wirkt dann zumeist hölzern, lieblos und als ob niemand an Bord seinen Gesprächspartnern überhaupt zuhört. Aneinander Vorbeireden gehört scheinbar zu den Höflichkeitsformen des 24. Jahrhunderts und es scheint besonders freundlich zu sein, viele unangekündigte Gedankensprünge und unerklärte Anspielungen in einem Gespräch unterzubringen.
Ganz besonders tragisch fand ich ein Detail, das nur mein Buchexemplar betrifft. Bei Ebay ersteigert und daher gebraucht, war es mit einer Signierung versehen. Diese stammte von einer Nicole. Nicole! Nicole war jene meiner Exfreundinnen, die mir das Herz brach, und mir an meinem 19. Geburtstag einen Riesenteddy schenkte, nur um mich noch am selben Tag zu verlassen…

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Die traurigen Nachwirkungen der Lektüre eines schwachen TNG-Romans: Alte Wunden neu aufgerissen

Anachronismen: Fast schon wieder niedlich ist die Darstellung der "Antarier [sic!]" (S. 71). Diese Rasse, die erst knapp zehn Jahre nach Erscheinung dieses Buches das erste Mal in der Star-Trek-Serie Enterprise zu sehen war, weicht natürlich stark von diesem Kanonauftritt ab.
Desweiteren sind kleinere Details auffällig: Vornholt beschreibt, dass die Klingonen den Selbstmord in ihrem Kulturkreis als letzten Ausweg bei Feigheit oder einer demütigenden Niederlage betrachten. Doch Folgen wie „Die Operation“ (TNG) oder „Die Söhne von Mogh“(DS9) beschreiben den Selbstmord als tiefverwurzeltes Element der klingonischen Kultur, der in verschiedenen Fällen zum Einsatz kommt; jedoch nie etwas mit Feigheit oder demütigenden Niederlagen zu tun hat.
Überhaupt scheint Worf als Klingone geradezu ein Magnet für Anachronismen zu sein. Der bereits angesprochene Zwist zwischen ihm und Troi widerspricht den Ereignissen der siebenten TNG-Staffel, in der sich beide Offiziere sehr sehr nahe kommen.
Auch seine Tätigkeit als Staatsanwalt bzw. Ankläger beißt sich etwas mit seiner passiven Rolle in „Das Gefecht“ (DS9), in der er sich von Sisko vertreten lässt, anstatt wie in diesem Buch geschildert, selbst in Aktion zu treten.

Fazit: „Kontamination“ ist ein Werk mit äußerst interessanter Grundidee und netter Nebenhandlung, die an der Schwäche des Autors scheitert, etablierte Charaktere nachvollziehbar zu schildern. Die vielen Anschlussfehler und die fast schon zur Gewohnheit werdenden Übersetzungsschwächen tun ihr Übriges, um das Lesevergnügen nachhaltig zu schmälern.

Denkwürdige Zitate:

Sie glaubt uns Befehle erteilen zu können. Nur weil sie schön ist.“ Adm. Ulree, S. 185

An den Transportern gibt es nichts auszusetzen, doch die Shuttles der Föderation finde ich grässlich.“ Adm. Ulree, S. 191

Bewertung: Schwacher Roman trotz schöner Idee.

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1 Kommentar:

  1. Es ist ewig her, dass ich das Buch gelesen habe. Sollte ich vielleicht bei Gelegenheit mal wieder tun.

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